Schönheit ist vergänglich. Besonders bei der ProSieben-Sendung „Germany’s Next Topmodel“. Das Casting-Format mit Heidi Klum steht in diesem Jahr ganz im Zeichen der Vielfalt – und leugnet damit nicht nur die Existenz optischer Ideale, sondern auch die eigenen Traditionen.
„Die Nachfrage nach Diversität ist größer denn je“, heißt es beim Staffelauftakt in Athen. In diesem Jahr kann wirklich jeder mitmachen. Auch wenn das Format dem Namen nach Deutschlands bestes Model sucht, spielte die Herkunft der Teilnehmerinnen für ProSieben bereits in der Vergangenheit keine Rolle. Nun hat der Sender auch das Prinzip der „Modelmaße“ restlos hinter sich gelassen. Die Kandidatinnen sind zwischen 1,54 Meter und 1,95 groß und zwischen 18 und 68 Jahren alt. Sie sind tätowiert, gepierct und tragen Kleidergrößen von 30 bis 54.
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Eine der auffälligsten Teilnehmerinnen ist die 21 Jahre alte Viola. Die Studentin mit dem Horst-Schlämmer-Charme würde auf der Straße wohl niemand als eines der schönsten Mädchen Deutschlands benennen. Doch ebenso wie ihre Mitstreiterin Lou-Anne, die mit ihrer 50jährigen Mutter Martina antritt, ist Viola eine Schachfigur für die neue, woke Botschaft: Schön sein kann jeder. Galten einst lange, gepflegte Haare als Kapital eines Models, bricht Viola dieses mit ihrem pinken Vokuhila ebenso wie Lou-Anne, deren Kopf rasiert ist.
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ProSieben verkauft Konformismus als Revolution
„Egal wie groß oder klein du bist, wen du liebst oder woher du kommst, wie alt du bist, für mich gibt es keine Grenzen“, betont Heidi. Die Darstellung dieses zeitgeistgeschwängerten Konformismus verkauft ProSieben als mutigen revolutionären Akt. Mit geradezu verblüffendem Heldenanspruch geriert sich die „Model-Mama“ dabei als Kämpferin für soziale Gerechtigkeit. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Noch vor wenigen Jahren propagierte sie selbst die Schranken, die sie nun kritisiert. Um auch nur die leiseste Chance in dem Wettbewerb zu haben, durften die Mädels eine Mindestgröße nicht unterschreiten, kein Kilo zu viel auf den Rippen haben und nicht älter als Anfang zwanzig sein. Wer sich im Randbereich der Anforderungen befand, mußte sich auf stichelnde Kommentare von Heidi und den Co-Juroren einstellen.
So äußert sich Modeschöpfer Thomas Rath 2011 geschockt über eine Kandidatin, die seit der Aufnahme ihres Bewerbungsvideos an Gewicht zugelegt hatte. „Sie hat sich schlichtweg verdoppelt“, kritisierte er damals. „Das ist natürlich nicht gut, daß du jetzt zugelegt hast.“ Die Kilos mehr bestrafte die Jury schließlich mit dem Rausschmiß.
Zuschauer kritisieren neues Konzept
Das nun völlig neue Konzept sorgt beim Publikum jedoch für Unmut. Bereits vorab äußerten viele langjährige Zuschauer Unverständnis über die Auswahl der Kandidatinnen. Das habe doch nichts mehr mit dem ursprünglichen Sinn der Sendung zu tun, lautete ein Kommentar. Das Modeln verkommt tatsächlich zu einem Nebenschauplatz. Stattdessen kreist das Format um das sogenannte Virtue Signalling, der Demonstration einer politisch-korrekten Position.
Das Konzept der Schönheit wird durch Phänomene wie „Body Positivity“ und Co. schon eine Weile in Abrede gestellt. „Germany’s Next Topmodel“ trägt den Rest zur Dekonstruktion des Begriffs bei. Doch ganz gleich wie eifrig von Gesellschaftskonstrukteuren an einer utopischen Gleichheit aller Menschen gearbeitet wird: Schönheit existiert. In Zeiten, in denen das Gewöhnliche sich zunehmend rechtfertigen muß, ist Schönheit nach den Worten des Philosophen Julius Evola eine Revolte gegen die moderne Welt.