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Der Fall Anna Dobler, Max Otte und Jörg Meuthen: Kaisers royaler Wochenrückblick

Der Fall Anna Dobler, Max Otte und Jörg Meuthen: Kaisers royaler Wochenrückblick

Der Fall Anna Dobler, Max Otte und Jörg Meuthen: Kaisers royaler Wochenrückblick

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: : picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: : picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: : picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Der Fall Anna Dobler, Max Otte und Jörg Meuthen
 

Kaisers royaler Wochenrückblick

Rauswürfe, Rücktritte, Antritte: Während der österreichische „eXXpress“ die Journalistin Anna Dobler feuert, kandidiert Max Otte für das Amt des Bundespräsidenten – und zwar für die AfD. Die wiederum hat nun einen Ex-Vorsitzenden mehr. Boris T. Kaiser blickt zurück.
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Die deutschsprachige Medienlandschaft ist mal wieder um einen Fall von Cancel Culture reicher. Daß dies nichts Ungewöhnliches ist, wissen nicht nur die regelmäßigen Leser dieses Wochenrückblicks. Das aktuelle Beispiel unterscheidet sich jedoch deutlich von den meisten anderen, die an dieser Stelle in der Vergangenheit besprochen wurden. Das liegt vor allem daran, daß das Medium, das sich dem Shitstorm aus der Blase der politisch Überkorrekten fügte, kein grundsätzlich linkes – oder eines aus dem Mainstream – ist, sondern eines, das die meisten bisher eher der liberal-konservativen Gegenöffentlichkeit zugerechnet haben.

Der österreichische eXXpress hat die Journalistin Anna Dobler rausgeschmissen. Grund dafür war ein Tweet, den die Redakteurin am Montag absetzte. Während im ZDF und ORF ein Film zur Wannseekonferenz ausgestrahlt wurde, twitterte Dobler über die Verantwortlichen des Holocausts: „Das waren nicht nur Mörder, sondern durch und durch Sozialisten.“

Das sorgte für große Empörung bei den Twitter-Sozialisten. Was wenig überraschend ist, lebt die moralische Überlegenheit der politischen Linken doch seit jeher von der Lüge, daß alle weltgeschichtlichen Gräueltaten von Rechten, Konservativen und Reaktionären begangen wurden. Im Sozialismus konnte es solche Verbrechen per Definition gar nicht geben; weshalb auch alle sozialistischen Diktatoren in Wahrheit gar keine Sozialisten waren, selbst wenn sie sich selbst als solche bezeichneten. Das gilt natürlich umso mehr für die Nationalsozialisten als das ultimative Synonym für das Böse.

Umso ungewöhnlicher war die Reaktion von Seiten des eXXpress. Dessen Chefredakteur Richard Schmitt und Herausgeberin, die mit dem Multimillionär und ÖVP-Spender Alexander Schütz verheiratete Mehrheitseigentümerin, Eva Schütz, veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie nicht nur sämtliche Interpretationen der gekränkten Linken übernahmen, sondern auch gleich noch öffentlich Doblers Entlassung verkündeten.

Kurswechsel

Diese massive Überreaktion ist in vielerlei Hinsicht interessant. Schließlich bezeichnet sich das Medium selbst als: „eXXpress – für Selbstdenkende“. Zudem war es gerade Doblers meinungsstarkes Auftreten bei Twitter, das ihr den Job bei dem österreichischen Boulevard-Magazin überhaupt erst einbrachte.

Im Zuge eines unter anderem auf Twitter ausgetragenen Streits der Journalistin mit der linken Autorin und Aktivistin Jasmina Kuhnke nutzte die Chefredaktion damals die Gunst der Stunde, um sich mit der Verpflichtung Doblers als so eine Art journalistisches Sturmgeschütz gegen die Cancel Culture zu präsentieren. Nun versuchte Schmitt, mit der Entlassung Doblers ausgerechnet auch bei der Intimfeindin seiner eigenen Mitarbeiterin auf schön Wetter zu machen. Übrigens durchaus mit Erfolg.

Wie viele andere linke bis linksextreme Nutzer fand die Quattromilf vermutlich das erste Mal überhaupt lobende Worte für das „liberal-konservative“ Medium. Bei vielen seiner Leser und allen Freunden echter Meinungsfreiheit dürfte der eXXpress nach dieser Aktion allerdings unten durch sein. Aber vielleicht kann man ja die neuen linken Fans als zukünftige Leser rekrutieren. Hierzu wären natürlich weiter Schritte auf die sozialistische Bubble notwendig. Wie wäre es zum Beispiel für den Anfang mit einer Umbenennung des eXXpress in Neues Österreich?

Otte und die AfD

Die AfD hat Werteunions-Chef Max Otte als Kandidaten für die nächste Wahl des Bundespräsidenten nominiert. Das CDU-Mitglied hat, nach kurzem intensivem Überlegen, angenommen. Naja, sagen wir: halb angenommen. Denn, nachdem die Union, wie es nicht anders zu erwarten war, Ottes Parteiausschluß beschlossen hat, erklärte der halb-CDU-halb AfD-Mann, er werde auf seine Kandidatur für die Alternative für Deutschland verzichten, wenn die Union einen eigenen Kandidaten für das Amt des Staatsoberhaupts aufstellt.

Was eine sehr gute Gelegenheit hätte sein können, die Seifenoper um Ottes Ehe mit der CDU und Affäre mit der AfD zu einem dramaturgisch perfekten Ende zu bringen, geht auf diese Weise in eine etwas alberne – und für Beobachter so langsam aber sicher ein bißchen anstrengende – Verlängerung.

Für die AfD könnte sich die Nominierung Ottes dennoch als genialer Coup erweisen. Zum einen ist sie in der Tat ein überdeutlicher und für die CDU/CSU zutiefst peinlicher Fingerzeig darauf, daß die Union sogar in der Opposition ihre Unterwürfigkeit gegenüber dem linksliberalen politischen Mainstream noch immer so wenig abgelegt hat, daß sie nicht einmal Willens oder in der Lage ist, einen eigenen Bundespräsidentenkandidaten gegen den von der Ampel-Koalition wiedernominierten drögen Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier aufzustellen.

Zum anderen könnte dem bisherigen Kopf der Werteunion, so er nun tatsächlich endlich Nägel mit Köpfen macht und sich voll und ganz zu der Partei, die in Wahrheit schon lange seine neuen politischen Heimat ist, bekennt, etwas gelingen, das der langjährigen Bundessprecher der Alternative für Deutschland, Jörg Meuthen, bis zu seinem Parteiaustritt in dieser Woche nicht konnte oder wollte.

Schlechte Form des Abgangs

Der Wirtschaftsexperte mit der CDU-Vita und den guten Kontakten in die tiefsten Tiefen der AfD könnte durchaus das nötige Standing bei den Mitgliedern und Anhängern der Partei haben, um deren tiefzerstrittene Flügel zumindest zu einem dauerhaften „Waffenstillstand“ zu bewegen. Einfach wird das freilich auch für ihn nicht werden. Viele sind bereits daran gescheitert. Allen voran Jörg Meuthen. Der ist seit dieser Woche nicht nur Ex-Parteivorsitzender, sondern auch Exmitglied der AfD.

Meuthens Gründe für den drastischeren Schnitt werden sicherlich viele nachvollziehen können. Gutheißen kann man ihn in dieser Form allerdings kaum. Schon gar nicht zu diesem Zeitpunkt. Meuthen begründete seinen Austritt unter anderem damit, daß er ein Konservativer und kein Reaktionär sei, der eine „patriotische“ aber keine „nationalistische“ Politik wolle.

Aber: Gerade als konservativer Patriot darf man in der größten Krise der Nachkriegsgeschichte die politischen Brocken nicht einfach so hinschmeißen. Wie bereits einige Abgänge zuvor zeigt der Parteiaustritt Meuthens auch eines der Hauptprobleme, das politische Laien einer Partei bereiten können, wenn sie mit deren aktuellen Entwicklung unzufrieden sind.

Kindlicher Trotz

Denn während sogenannte Parteisoldaten es gewohnt sind, daß man interne inhaltliche und personelle Grabenkämpfe eben mal gewinnt und mal verliert, überwiegt bei Politikneulingen oft das eigene Ego. Oder etwas positiver Formuliert: die unbedingte Überzeugung von der alternativlosen Wichtigkeit der eigenen Positionen. Und zwar so sehr, daß sie Phasen, in denen die Partei einen anderen Weg einschlägt, als den, den sie selbst vorgeben wollen, kaum ertragen können.

Der Parteiaustritt wird dann gern mal in fast schon kindlichem Trotz zum Zeichen der ultimativen Unbeugsamkeit und Authentizität hochstilisiert. In Zeiten, in denen die eigene Partei in der Regierung ist und – wie es aktuell bei der FDP zu beobachten ist – Verrat am Wähler und den bisherigen Werten der Partei begeht, kann man so einen Schritt auch durchaus als ein solches Zeichen anerkennen.

Solange die eigene Partei aber in der Opposition ist, gehört es zur parteiinternen Demokratie dazu, daß man versucht, verlorene Mehrheitsverhältnisse, so sie denn überhaupt wirklich verloren sind, zurückzugewinnen. Die Grünen wären heute nicht da, wo sie heute sind, wenn jedes Mal nach einem entschiedenen Richtungsstreit zwischen Realo- und Fundi-Flügel sämtliche prominenten Vertreter der unterlegenen Seite die Partei verlassen hätten.

Der ein oder andere wird sich vielleicht noch daran erinnern, daß auch die Linkspartei/PDS immer wieder mit ideologischen Auseinandersetzungen zwischen den reformerischen Ostverbänden und den altlinken Westverbänden zu kämpfen hatte. Ein solches „Hin und Her“ gehört nun mal dazu und ist Teil des Parteilebens. Wer das nicht abkann, muß sich eben ein Hobby oder einen Job suchen, bei dem weniger andere Menschen involviert sind.

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: : picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
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