Haltlose Übertreibung ist der bevorzugte Modus deutscher Politik. Osteuropäische Staaten nehmen wie selbstverständlich ihre ukrainischen Nachbarn auf, geben Frauen, Kindern und Alten, die vor den Kriegswirren flüchten, ohne große Umstände Unterkunft, Verpflegung und ein warmes Willkommen – aber die deutsche Innenministerin Nancy Faeser protzt mit Moral-Maximalismus: Alle werden aufgenommen, die als Flüchtlinge aus der Ukraine kommen, unabhängig von der Nationalität, eine Obergrenze darf und soll es nicht geben. Allenfalls wird penibel darauf geachtet, daß der „3G“-Nachweis auch stimmt.
Die Rhetorik gleicht der des Merkelschen Willkommens-Putsches von 2015. Und wie damals hat offensichtlich niemand durchgerechnet, auf wie viele Menschen sich dieser Blankoscheck erstrecken könnte und wer sich davon noch alles eingeladen fühlen mag. Fünf Millionen Menschen könnten sich auf den Weg machen, meint der Außenbeauftragte der EU-Kommission Josep Borrell. Und niemand weiß, wer sich noch alles in diesen Strom mengt.
Die Bundesregierung will es offensichtlich auch gar nicht wissen. Das Kriegselend für die Zivilbevölkerung in der Ukraine ist fraglos groß, und echten Flüchtlingen Zuflucht und Schutz zu gewähren, ist ein Gebot der Menschlichkeit, zumal wenn es sich um Verfolgte aus dem eigenen Kulturkreis handelt. Dennoch gilt es genau hinzuschauen, damit die Hilfsbereitschaft nicht ausgenutzt und überstrapaziert wird.
Schleuser hören die Einladung
Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), warnt vor einem „Kontrollverzicht“, der Vorstufe des Kontrollverlusts, und fordert reguläre Kontrollen an den deutschen Grenzen zu Polen und Tschechien: „Es besteht die Gefahr, daß wieder viele Menschen nach Deutschland kommen, ohne daß wir wissen, wer sie sind.“
Vernünftige Worte, die wohl abermals in den Wind gesprochen sind. Und das nicht nur angesichts der naheliegenden Gefahr, daß auch Agenten oder Kriegsverbrecher auf diesem Wege unerkannt ins Land gelangen könnten. Für die Schlepper und Schleuser des internationalen Migrationsgeschäfts müssen Faesers Worte wie die Einladung zur Eröffnung eines neuen Geschäftsmodells klingen: Wenn es über die Weißrußland-Route nicht gelingt, als Iraker, Afghane oder Nordafrikaner an die Fleischtöpfe der EU und des deutschen Sozialstaats zu gelangen, dann eben über die Ukraine.
Deutschland hat nichts gelernt
An der polnischen Grenze nehmen indische und afrikanische Diplomaten die in der Ukraine gestrandeten Studenten aus ihren Ländern unter ihre Fittiche und kümmern sich um ihre Rückreise in die Heimat. Aber Deutschland schaut ja nicht auf die Pässe. Notorische humanitäre Schleuserorganisationen verkünden schon, ihre Klientel direkt an den ukrainischen Grenzen einsammeln zu wollen.
Während unsere osteuropäischen Nachbarn praktische Solidarität üben und dabei mit ihren Kräften haushalten, steuert Deutschland sehenden Auges ins nächste Migrations-Chaos. Wieder nichts gelernt aus dem Mißmanagement früherer Asylanstürme. Vielleicht, weil die deutsche Politik gar nichts lernen will: Weil Migration für sie ein Selbstzweck ist, um damit eine ganz andere Agenda zu verfolgen als die der wie eine Monstranz hochgehaltenen Humanität.