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Krieg in der Ukraine: Aufwachen in der Realität

Krieg in der Ukraine: Aufwachen in der Realität

Krieg in der Ukraine: Aufwachen in der Realität

Baerbock
Baerbock
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber
Krieg in der Ukraine
 

Aufwachen in der Realität

Der russische Einmarsch in die Ukraine ist ein eindringlicher Warnschuß auch an die deutsche Politik, zur Realpolitik zurückzukehren. Deutschland hätte in dieser heiklen Lage die Aufgabe des ehrlichen Maklers wahrnehmen können. Doch ein Land, das sich mit ideologischen Kapriolen lächerlich macht, kann keine ernstzunehmende Rolle spielen.
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Sie sei heute morgen in einer „anderen Welt“ aufgewacht, erklärte Annalena Baerbock, die Bundesaußenministerin, am Tag des russischen Einmarschs in der Ukraine. Es ist ein Aufwachen in der Realität – in einer Welt, in der das Wünschen nicht hilft, in der Dinge nicht schon dadurch Wirklichkeit werden, daß man sie ausspricht, und in der Worte und Ankündigungen bedeutungslos sind, wenn nicht die entsprechenden Machtmittel dahinterstehen, um auch Taten folgen zu lassen.

Rußland hat mit seiner zweifachen Grenzüberschreitung nicht nur dem Nachkriegs-Ordnungssystem und dem Völkerrechtsprinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen einen herben Schlag versetzt, sondern auch der Illusion einer „feministischen Außenpolitik“, die Quotengedöns und Haltungsbekundungen mit Politik verwechselt.

Verlierer ist jetzt schon die Ukraine, ein heterogenes Land zwischen Ost und West. Jeder Versuch, dieses Land in eines der beiden Lager zu ziehen, mußte es über kurz oder lang zerreißen. Man hat der vom Westen abhängigen ukrainischen Führung falsche Hoffnungen gemacht.

Moralische Entrüstung ist kein scharfes Schwert

Einen Krieg wird die Nato mit Rußland um der Ukraine willen nicht führen. Moralische Entrüstung und verbale Drohungen werden die Kampfhandlungen ebenso wenig beenden wie „massive Sanktionen“; dieser „hohe Preis“ ist ein stumpfes Schwert und in die russische Entscheidung zum Militärschlag längst einkalkuliert.

Daß Rußland ein Hinüberziehen der Ukraine in Nato- und EU-Strukturen nicht akzeptieren würde, ist seit anderthalb Jahrzehnten allgemein bekannt. Unzählige Gelegenheiten wurden versäumt, um für die Ukraine auf friedlichem Wege einen Status zu finden, der ihrer besonderen geopolitischen und ethnischen Lage gerecht würde – beispielsweise durch eine international garantierte Blockfreiheit.

Deutschland hätte in dieser seit langem bestehenden heiklen Lage die Aufgabe des ehrlichen Maklers wahrnehmen können. Doch ein Land, das sich mit ideologischen Kapriolen lächerlich macht, sich mit einer grotesken Energiepolitik ohne Not in multiple Abhängigkeiten stürzt und seine Armee so weit herunterkommen läßt, daß sie – in den Worten ihres eigenen Heereskommandeurs – „mehr oder weniger blank“ dasteht, kann keine konstruktive und ernstzunehmende Rolle spielen.

Eindringlicher Warnschuß

Die Fähigkeit zur Landesverteidigung ist kein Relikt aus fernen Zeiten, sondern Grundlage von Souveränität und Handlungsfreiheit. Der russische Einmarsch in die Ukraine ist ein eindringlicher Warnschuß auch an die deutsche Politik, zur Realpolitik zurückzukehren und aus der eigenen Lage die richtigen Konsequenzen zu ziehen, um wieder handlungsfähig zu werden.

Denn auf jeden Krieg folgt die Notwendigkeit zum Friedensschluß. Die Herausforderung, eine europäische Sicherheitsarchitektur unter Einbeziehung Rußlands zu schaffen, ist durch die Eskalation des Ukraine-Konflikts nicht obsolet geworden – aber sie ist unendlich schwerer und mühsamer geworden.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber
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