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Neues von der Rassismusfront: Viel Lärm um wenig

Neues von der Rassismusfront: Viel Lärm um wenig

Neues von der Rassismusfront: Viel Lärm um wenig

Mahn
Mahn
Mirrianne Mahn bei der Friedenspreis-Verleihung in Franfurt Foto: picture alliance/dpa/epd-Pool | Thomas Lohnes
Neues von der Rassismusfront
 

Viel Lärm um wenig

Es gibt mal wieder einen vermeintlichen Rassismus-Skandal. Aufgeführt wird das zeitgenössische Drama in der Mainmetropole Frankfurt. Inszeniert von der ortsansässigen Grande Dame des postmodernen Theaters, der Stadtverordneten Mirrianne Mahn von den Grünen.
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Es gibt mal wieder einen vermeintlichen Rassismus-Skandal. Aufgeführt wird das zeitgenössische Drama in der Mainmetropole Frankfurt. Inszeniert von der ortsansässigen Grande Dame des postmodernen Theaters, der Stadtverordneten Mirrianne Mahn von den Grünen. Ihr Medium der Wahl ist die vor allem bei Jugendlichen noch immer sehr beliebte Foto- und Videoplattform Instagram.

Dort beginnt der erste Akt eines Stückes, das in seiner theatralischen Kitschigkeit so manche Hollywood-Schmonzette in den Schatten stellen könnte. „Ich fasse es nicht, daß sich gerade im Internet weine“, schluchzt die schwarze Politikerin auf einem Krankenhausbett liegend in bester Gil-Ofarim-Manier in die Kamera ihres Smartphones. Nur mit einem OP-Hemd bekleidet, berichtet sie mit Tränen in den Augen von den Schmerzen der Operation, die sie gerade hinter sich habe.

Noch größer als der körperliche Schmerz, so gibt uns ihre Inszenierung zu verstehen, sei aber das Leid, das ihr ein vorausgegangener Dialog mit ihrem behandelten Arzt bereitet habe. Dieser hatte es nicht nur gewagt, die aufstrebende Jungpolitikerin nicht zu kennen, sondern auch noch ihr gegenüber die Vorteile des deutschen Gesundheitswesens zu preisen. Mahn solle froh sein, in Deutschland behandelt zu werden. „In Ihrem Geburtsland wären sie jetzt tot“, soll der Mediziner gesagt haben.

Frage nach „der Afrikanerin“

Zudem hat der Arzt die Weinerlichkeit der politischen PoC-Aktivistin offenbar gründlich unterschätzt. Sonst wäre ihm wohl ein Satz wie „Schmerzen sind nie normal, aber ihre Landsleute halten ja mehr aus als andere“ nicht über seine strukturell rassistischen Lippen gekommen. Schon zu Beginn seiner Schicht, so berichtet es die Frankfurter Lokalberühmtheit, habe sie gehört, wie er sich beim Klinikpersonal erkundigt habe, was denn jetzt „mit der Afrikanerin“ sei. Beim Namen habe der Mediziner sie nicht genannt. Wenn sie Fragen gestellt habe, habe er extra langsam und in gebrochenem Deutsch mit ihr gesprochen, was ein weiteres Indiz dafür sein dürfte, daß er das noch recht neue Politsternchen seiner Stadt gar nicht kannte.

Dabei hatte es Mahn kürzlich mit ihrem Auftritt bei der Frankfurter Buchmesse sogar in die überregionalen Schlagzeilen geschafft. Dort hatte sie die Verleihung des Friedenspreises an die Schriftstellerin Tsitsi Dangarembga unterbrochen, die als erste Schwarze mit der Auszeichnung des Deutschen Buchhandels geehrt wurde, um auf ein persönliches Anliegen und vor allem auf sich persönlich aufmerksam zu machen. „Ungeplant“, wie es später hieß, betrat die Stadtverordnete nach der Eröffnung der Zeremonie durch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) die Bühne in der Frankfurter Paulskirche, um eine links-aktivistische Rede zu schwingen.

„Rechtsradikale Ideologien, menschenverachtende Ideologien sind keine Meinungsfreiheit“, ließ sie das Publikum damals wissen, und weiter: „Das Paradox ist, daß wir hier in der Paulskirche – der Wiege der Demokratie – einer schwarzen Frau den Friedenspreis verleihen, aber schwarze Frauen auf genau dieser Buchmesse nicht willkommen waren, weil nicht dafür gesorgt wurde, daß sie sich sicher fühlen.“ Die schwarze Grüne nahm damit Bezug auf die Twitter-Autorin Jasmina Kuhnke, die zuvor ihre Teilnahme an der Buchmesse absagt hatte, weil sie sich angeblich durch die Ausstellung eines rechten Verlages bedroht fühlte.

„Hoffnung“ Dank „Allies“

Ihr Gespür für effektvolle Auftritte hat die in Deutschland aufgewachsene Überdramatikerin offensichtlich nicht verloren. Mahn, die in ihrem viral gegangenen Instagram-Video weder das Krankenhaus noch den Arzt namentlich nannte, erklärte ihre Motivation für die Veröffentlichung der Aufnahme wie folgt: Es gehe ihr nicht darum, eine Person oder gar die Klinik, in der sie sonst vorbildlich behandelt worden sei, an den Pranger zu stellen. Sie wolle aber ihre Bekanntheit und ihre Ressourcen nutzen, um auf Probleme der Benachteiligung und auf Vorurteile im Gesundheitswesen aufmerksam zu machen.

Ihren Bekanntheitsgrad dürfte die selbstlose Amateur-Filmemacherin mit dem Krankenhaus-Clip sicherlich noch einmal gesteigert haben. Vor allem auch die eigene Popularität in der linksgrünen Internet-Bubble, wo in jüngster Vergangenheit ja nicht alle in einer Klinik aufgenommenen Handy-Videos so gut ankamen wie ihre tränenreiche Brandrede für die richtige Sache.

Die Publikumsreaktionen sprechen jedenfalls für sich. Zumindest wenn es nach der regieführenden Akteurin selbst geht. In einem erneuten Instagram-Post berichtet sie über die erschreckend große Zahl der Zuschriften, in denen ihr dunkelhäutige Patienten ähnliche und schlimmere Erfahrungen geschildert hätten. Das Ausmaß des Rassismus im Gesundheitswesen sei ihr bislang so nicht bewußt gewesen, schreibt die stets bühnenreife Politikerin dazu. Neben Erschrockenheit und Empörtheit zeigt Mahn in ihrem „Update“ aber auch eine weitere emotionale Facette: „Hoffnung“.

Die vielen unterstützenden Reaktionen hätten ihr gezeigt: „Wir haben Allies, die mit uns stehen.“ Mirrianne Mahn dürfte nach dem jüngsten Theater in der Frankfurter Ärzteschaft zumindest bekannt sein wie ein bunter Hund. Über schlechte Behandlungen bei etwaigen künftigen Krankenhausaufenthalten braucht sie sich damit eher keine Sorgen mehr zu machen. Auch wenn der Sprachgebrauch der PoC-Politikerin so manchen „Allie“ weiterhin dazu einladen könnte, auch in Zukunft nur in sehr langsamem Deutsch mit ihr zu sprechen.

Mirrianne Mahn bei der Friedenspreis-Verleihung in Franfurt Foto: picture alliance/dpa/epd-Pool | Thomas Lohnes
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