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Landesparteitag mit „kritischer Männlichkeit“: Unter Grünen

Landesparteitag mit „kritischer Männlichkeit“: Unter Grünen

Landesparteitag mit „kritischer Männlichkeit“: Unter Grünen

Die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch (l.) hätte ihren Kindheitswunsch, Indianerhäuptling zu werden, besser für sich behalten (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl
Die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch (l.) hätte ihren Kindheitswunsch, Indianerhäuptling zu werden, besser für sich behalten (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl
Die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch (l.) hätte ihren Kindheitswunsch, Indianerhäuptling zu werden, besser für sich behalten (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl
Landesparteitag mit „kritischer Männlichkeit“
 

Unter Grünen

Wer wissen will, warum Kinderwünsche Jahrzehnte später hochproblematisch sein können, warum ein Gastarbeiter-Großvater zu wenig „Migrationsbackground“ ist und was das mit „kritischer Männlichkeit“ zu tun hat, der wende sich an die Berliner Grünen. Die lieferten unlängst einen Crash-Kurs in linker Identitätspolitik ab. Ein Kommentar.
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Generationen von Männern sind mit dem väterlichen Satz aufgewachsen: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ Was so viel heißen sollte wie: „Sei keine Heulsuse, Junge!“ In den vergangenen Jahren haben sich die Zeiten drastisch geändert. Jungs dürfen heute weinen, so viel sie wollen. Dafür darf niemand mehr Indianer sein. Nicht mal mehr werden wollen. Denn Indianer ist erstens ein rassistisches Wort und zweitens „kulturelle Aneignung“. Das neue Tabu im Kinderzimmer ist aber immerhin geschlechtergerecht.

Dies alles wissen wir spätestens seit die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch einen Shitstorm aus den eigenen Reihen erntete, weil sie beim Landesparteitag in Berlin erzählte, daß sie als Kind gern „Indianerhäuptling“ werden wollte. Die Spitzenkandidatin für die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September entschuldigte sich später für die Verwendung des Begriffs und ihre „unreflektierten Kindheitserinnerungen“.

Nun sind sich erinnernde Kinder oder sich an ihre Kindheit erinnernde Erwachsene bei den Grünen ja generell ein äußerst sensibles Thema. Daß aber mittlerweile selbst die positivsten Kindheitserinnerungen erst durch die „selbstreflektierende“ Gedankenkontrolle von „Woko Haram“ gehen müssen, bevor man sie mit der eigenen Gemeinschaft teilt, ist so traurig, daß es selbst dem stärksten Indianerhäuptling die Tränen in die Augen treibt.

Peter Pan hat uns vor dieser Erwachsenenwelt gewarnt

Das sich immer weiter ausweitende linksgrüne Reservat der politischen Ultrakorrektheit, in dem Kinderbücher dem neuen Zeitgeist entsprechend umgeschrieben, viele Kinderlieder nicht mehr gesungen werden und selbst die unschuldigsten Zeichentrickfilme mit Warnhinweisen versehen werden, ist dann wohl die graue, trübe und spaßbefreite Erwachsenenwelt, vor der uns Peter Pan immer gewarnt hat.

Dabei gehört Bettina Jarasch in ihrer Partei noch zu den Glücklicheren. Zwar hätte sie nie Indianerhäuptling werden wollen dürfen, als Frau erfüllt die Tochter eines Augsburger Papiergroßhändlers aber immerhin eines der wichtigsten Kriterien, daß die grüne Basis sich von ihren Amtsträgern wünscht: Sie ist weiblich. Noch besser wäre es allerdings, wenn der Kindheitstraum der einstigen Philosophie-Studentin ein Stück weit wahr gewesen wäre und sie eine „Angehörige indigener Stämme“ wäre, wie die Indianer wohl gerade politisch korrekt genannt werden sollen.

Dann könnte sie nämlich zur Lösung eines der größten Probleme beitragen, daß die deutschen Grünen für sich gerade ausgerechnet in einer Zeit ausgemacht haben, in der das Land gerade durch seine wohl größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg geht: zu wenige Kandidatinnen mit Migrationshintergrund auf den Listen für die kommende Bundestagswahl. Zwar wurde dafür bei den Grünen so ziemlich jede Frau aufgestellt, die beim Ortsverbandstreffen nicht rechtzeitig „nein“ sagen konnte. Die sind in den meisten Fällen aber eben so weiß, wie man es von den Plakaten der Feel-Good-Partei der Besserverdiener seit jeher gewohnt ist. Vor allem in Berlin wird dieser Umstand nun heiß diskutiert und von vielen angeprangert.

Immerhin war der Großvater Gastarbeiter

Der langjährige Landes- und Bundesparlamentarier, Özcan Mutlu, der mit seiner Bewerbung für die Liste auf ein persönliches politisches Comeback gehofft hatte, hat zwar Migrationshintergrund und warb mit diesem auch ganz offen für sich, wurde aber trotzdem nicht gewählt. Über die Gründe kann man natürlich nur spekulieren. Ein entscheidender könnte aber zwischen seinen Beinen liegen. Die Ambitionen des türkischstämmigen Politikers, der bereits im vergangenen Sommer den Widerspruch zwischen dem grünen Vielfaltsanspruch und einer in seinen Augen rein weißen Bundestagsliste kritisiert hatte, scheiterten gleich an zwei Frauen.

Zunächst verlor er die Abstimmung um Platz sechs der Grünen-Kandidatenliste für die Bundestagswahl klar gegen das frühere Mitglied der Piratenpartei, Sophie Dornheim. Auch diese betrachtete es auf Nachfrage als „Problem“, daß bis zu dem von ihr besetzten Listenplatz nur Weiße kandierten. Sie betonte, daß sie immerhin Nachfahrin eines Großvaters sei, der als Gastarbeiter nach Deutschland kam und außerdem ein dunkelhäutiges Kind habe.

Gegen diese Leistungsbilanz läßt sich natürlich nichts sagen. Zumindest sollte man als Grüner besser nichts dagegen sagen, wenn man in der Partei irgendwann vielleicht doch nochmal was werden will.

Ohne „kritische Männlichkeit“ geht nichts

Auch die zweite Grünen-Kandidatin, gegen die Özcan Mutlu den Kürzeren zog, warb in den sozialen Medien mit ihrem Migrationshintergrund für sich. Die Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung, Juliana Wimmer, betonte dort ihren „brasilianischen Background“. Da man ihr den aber auf den ersten Blick jetzt nicht so richtig ansieht, kam das bei den Jüngern der Diversität nur so mittelgut an. Ein Twitter-Nutzer schrieb zum Beispiel völlig empört: „Sorry, hätte nicht gedacht, daß es den Grünen jetzt schon reicht, Menschen aufzustellen, die klassische deutsche Namen haben, weiß sind und irgendwie eine Migrationsgeschichte haben.“

Trotz der weiblichen Dominanz auf den aussichtsreichen Listenplätzen war diese einigen Kritikern offenbar immer noch zu männlich. Nicht nur im Netz. Auch auf der Berliner Wahlversammlung. Immer wieder wurden selbst Männer, die für hintere Listenplätze kandidierten, von Delegierten gefragt, inwiefern sie sich denn bisher mit „kritischer Männlichkeit“ auseinandergesetzt hätten. Das identitätspolitische Thema, das bei den meisten Normalbürgern wohl nur fragende Gesichter auslösen würde, ist den Grünen sehr wichtig. Besonders denen in Berlin.

Bluten für den gemeinsamen Schwachsinn

Der Berliner Kreisverband Lichtenberg hat gar eigens eine „AG kritische Männlichkeit“ eingerichtet. Da würde man nur zu gern einmal Mäuschen spielen. In erster Linie, um in Erfahrung zu bringen, ob die Arbeitsgemeinschaft die Vorstufe zur Kastration ist, oder ob man bereits komplett entmannt sein muß, um überhaupt daran teilnehmen zu dürfen.

Was der grüne Identitäre von heute unter einem perfekten Repräsentanten seiner Partei versteht, brachte eine Frage an den Bundestagskandidaten Philip Alexander Hiersemenzel auf den Punkt: „Warum glaubst du, bist du besser als eine junge Frau mit Migrationsgeschichte?“ Die Antwort lautete: „Bin ich nicht. Null. Nada. Das Einzige, was ich anbieten kann, ist meine Expertise und mein Herzblut.“

Damit traf er dann vermutlich bei vielen Delegierten doch den richtigen Nerv. Beweist es doch die neulinksgrüne These, daß auch Männer menstruieren können. Und sei es auch nur durch ein Herz, daß für den alles vereinenden gemeinsamen Schwachsinn blutet.

Die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch (l.) hätte ihren Kindheitswunsch, Indianerhäuptling zu werden, besser für sich behalten (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl
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