Der Fall Wolfgang Thierse: Auf Ausgrenzung nicht verzichten
Der Fall Wolfgang Thierse: Auf Ausgrenzung nicht verzichten
Der Fall Wolfgang Thierse: Auf Ausgrenzung nicht verzichten
Wolfgang Thierse (SPD) bei der Einweihung seines Porträts in der Galerie der Bundestagspräsidenten 2018 Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka
Mit seiner Kritik an der Identitätspolitik diverser Minderheiten hat SPD-Emeritus Wolfgang Thierse heftige Reaktionen ausgelöst. Der frühere Bundestagspräsident geht mit seinem Beitrag in die richtige Richtung, doch auf halbem Wege verlassen ihn der Mut, der freie Blick und die Kraft zur Erkenntnis. Eine Replik von Thorsten Hinz.
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Dann stehen sie da, die kleinen Zauberlehrlinge und flehen: In die Ecke Besen, Besen — Nichts da, jetzt wird durchgetränkt, Herr Schirmherr der Antonio-Amadeus-Stiftung. Die Geister, die gerufen worden, fressen am Ende auch die Rufer. Ist in jedem Horrorfilm so. Die Suppe an der er mitkochte, dürfen wenigstens auch seine Enkel auslöffeln. Oder ist es am Ende nur der Versuch, ein paar alte SPD-Wähler bei der Fahne zu halten – seht mal, wir lassen ja auch noch ganz vorsichtige Kritik zu, selbst oder gerade auch von denen, die damals begeistert für HartzIV trommelten. Und als es ihm in seinem PrenzlBerg zu viele Schwaben wurden, beklagte er sich bei Spiegel und Morgenpost um den Umbruch seines geliebten Kiezes . Aber immer her mit den Migranten! Da verlässt ihn nicht auf halbem Weg der Mut, da wird nur deutlich, wie verloren man im Nebel der Auflösung vom allem ist. Selbst wenn man ihn heraufbeschworen hat.
Wolfgang Thierse ist doch nur Einer aus der Masse jener tragischen Randfiguren im Spiel der Mächte, die im Sinne Lenins als „nützliche Idioten“ zur schleichend vorangetriebenen Stabilisierung autoritärer Machtstrukturen gern benutzt werden.
Der von ihm formulierte Widerspruch bzgl. linker und rechter Identitätspolitik scheint ihm bis heute gar nicht aufzufallen, oder er will das bewußt verdrängen, wenn er äußert: „Die Reinigung und Liquidation von Geschichte war bisher Sache von Diktatoren, autoritären Regimen, religiös-weltanschaulichen Fanatikern.“ Genau jene Kräfte hat er doch über viele Jahre mit seinen manchmal nur schwer zu verstehenden bzw. zu ertragenden Statements zu Migration, Identität und Nation vorsätzlich oder fahrlässig gefördert. Aber das einzugestehen erfordert Größe, die er nicht hat, wie sich in dem Interview offenbart.
Natürlich darf er wie jeder Mensch idealistische Träume hegen; als Politiker, noch dazu in ehemals gehobener Position, sollte er jedoch stets zwischen Ideal und Realität unterscheiden können, wie es Bismarck teils unter bitteren Tränen zu unterscheiden verstand.
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Wolfgang Thierse (SPD) bei der Einweihung seines Porträts in der Galerie der Bundestagspräsidenten 2018 Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka