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Gescheiterter Afghanistan-Einsatz: Auf ganzer Linie versagt

Gescheiterter Afghanistan-Einsatz: Auf ganzer Linie versagt

Gescheiterter Afghanistan-Einsatz: Auf ganzer Linie versagt

Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Afghanistan
Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Afghanistan
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Die längste Zeit des Afghanisan-Einsatzes verantwortete sie als Regierungschefin Foto: apicture alliance / photothek | Felix Zahn
Gescheiterter Afghanistan-Einsatz
 

Auf ganzer Linie versagt

Das deutsche Afghanistan-Abenteuer ist gescheitert. Die westliche Welt und auch Deutschland haben einen Krieg verloren. Daß Deutschland nun aber besonders blamiert dasteht, ist durchaus auch auf das Versagen der Bundesregierung zurückzuführen. Ein Kommentar.
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Als der damalige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) vor rund 20 Jahren die verteidigungspolitischen Grundsätze der Bundesrepublik Deutschland dahingehend änderte, indem er verfügte, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt, war nur wenigen Sicherheitsexperten und Politikern bewußt, welche dramatische Folge dieser Satz schlußendlich haben würde. Inzwischen steht fest: Die westliche Welt und auch Deutschland haben einen Krieg verloren. Das Verteidigungskonzept von Struck hat sich als sinnlos erwiesen.

Das Abenteuer Afghanistan ist in zwei Abschnitte zu unterteilen. Zuerst ist der militärische Einsatz zu sehen, der die Bundeswehr bis in so entlegene Gegenden wie Faizabad führte. Wurde der Öffentlichkeit zunächst vorgegaukelt, die deutschen Soldaten würden dort Brunnen bohren, Mädchen unterrichten und Einheimische in der Landwirtschaft anleiten, so stellte sich später heraus, daß es immer mehr darum ging, die heftiger werdenden Angriffe der Taliban auf das vom Westen in Kabul installierte Marionetten-Regime, das nie zu einer eigenständigen Verteidigung in der Lage war, zu stoppen.

Der Westen und die Bundeswehr erlebten nach wenigen Jahren Krieg, was vor ihnen die Briten und die Sowjets auch schon feststellen mußten: In einem Land wie Afghanistan, dessen geographischen Gegebenheiten oft unüberwindbar sind und dessen Bewohner sich bis zur letzten Patrone gegen Invasoren wehren, ist kein Krieg zu gewinnen. Der damalige US-Präsident Donald Trump hatte im Gegensatz zu den anderen Regierungschefs der Nato genug Mut, dies zuzugeben und den Rückzug der US-Truppen in die Wege zu leiten.

Gigantische Kosten

Nachdem die Taliban inzwischen die Hauptstadt Kabul ohne nennenswerten Widerstand des Marionetten-Regimes, dessen Präsident mit einem Haufen Bargeld geflüchtet ist, eingenommen haben, gilt es, eine traurige Bilanz zu ziehen. Von Demokratie, Meinungsfreiheit und Frauenrechten ist in Afghanistan keine Rede mehr. Es regiert wieder der islamische Dogmatismus der Taliban. Das ursprüngliche Ziel, islamischen Terroristen ihr Rückzugs- und Ruheland Afghanistan zu nehmen, wurde allenfalls zeitweilig erreicht.

Für dieses sinnlose Abenteuer sind 3.596 westliche Soldaten gefallen. Die Kosten des Militäreinsatzes werden auf eine Billion Dollar veranschlagt. Allein die Kosten der Bundeswehr belaufen sich auf mehr als zwölf Milliarden Euro. Kanzlerin Angela Merkel hat ausnahmsweise einmal recht, wenn sie sagt, was sich in Afghanistan abspiele, sei „bitter, dramatisch und furchtbar“. Aber sie selbst trägt ein gehöriges Maß Mitverantwortung daran.

Um die Illusion eines demokratisch und menschenrechtlich liberalen Afghanistans zu erwecken und aufrechtzuerhalten, wurden der Westen und die Bundesrepublik Deutschland nicht müde, Milliarden an Entwicklungshilfegeldern in das Land zu pumpen. So zahlte die Bundesrepublik Deutschland Afghanistan seit 2012 im Schnitt rund 400 Millionen Euro pro Jahr. Selbst für die zweite Jahreshälfte 2021, als die Taliban bereits rund 80 Prozent des Landes wieder unter ihre Kontrolle gebracht hatten, wollte Berlin weitere 182 Millionen Euro Entwicklungshilfe zusagen.

Realitätsfremd und uneinsichtig

Offenbar hatte der zuständige Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) vom geplanten Rückzug der westlichen und deutschen Truppen nichts mitbekommen oder geglaubt, man könne auch nach einem Sieg der Taliban noch Mädchen in Schulen schicken. Den Gipfel entwicklungspolitischer Unfähigkeit markiert ein Projekt des Siemens-Konzerns, der allen Ernstes mitten zwischen den Taliban Windräder errichten wollte, damit Afghanistan einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten könne.

Den zweiten Abschnitt des Afghanistan-Abenteuers stellen die letzten Tage von Kabul dar, die an die Bilder des fluchtartigen Rückzugs der Amerikaner aus Saigon nach der Niederlage gegen den Vietcong erinnern. Deutsche Politiker erwiesen sich als besonders realitätsfremd und uneinsichtig. So berichtete Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) im Bundestag noch im Juni, „daß in wenigen Wochen die Taliban in Afghanistan das Zepter in der Hand haben, das ist nicht die Grundlage meiner Annahmen.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) formulierte noch am 9. August, als die Taliban die Zufahrtsstraßen nach Kabul abzuriegeln begannen, es möge doch noch gelingen, die Taliban zu stoppen. Politikern des linksgrünen Lagers schien es nur darum zu gehen, noch möglichst viele Einwohner Afghanistans nach Deutschland zu holen.

Die falsche Lageeinschätzung der Bundesregierung führte dazu, daß zu spät damit begonnen wurde, Angehörige der deutschen Botschaft, Vertreter von Hilfsorganisationen und zivile Unterstützungskräfte aus dem Land zu holen.

Das Risiko, der Taliban-Lynchjustiz in die Hände zu fallen, wächst. Jetzt müssen Bundeswehrsoldaten wieder den Kopf hinhalten, um am Flughafen Kabul Zivilisten zu evakuieren, die bei verantwortungsbewußtem Handeln der Berliner Politiker längst hätten in Sicherheit sein können. Es handelt sich übrigens um dieselben Politiker, die sich bei der Heimkehr der letzten deutschen Kämpfer aus Afghanistan nicht am Flughafen hatten blicken lassen.

Rücktritte von Maas und Kramp-Karrenbauer sind mehr als überfällig.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Die längste Zeit des Afghanisan-Einsatzes verantwortete sie als Regierungschefin Foto: apicture alliance / photothek | Felix Zahn
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