Die Bundeszentrale für politische Bildung definiert Hate Speech als „Oberbegriff für das Phänomen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit oder Volksverhetzung im Internet und Social-Media-Räumen“. So gesehen hat die französische Autorin Pauline Harmange mit ihrer zwischen zwei Buchdeckel gepreßten Hetze „Ich hasse Männer“ zumindest die richtige Form gefunden, um in Deutschland nicht offiziell als Verbreiterin von Haßrede eingestuft zu werden.
In Frankreich, wo ihr Buch für einen mittleren Skandal gesorgt hatte, drohte dagegen ein Berater des Ministeriums für Gleichstellung, juristisch gegen den Verlag vorzugehen. Das machte die kleine Männerhaß-Fibel der Kampf-Feministin natürlich nur noch erfolgreicher. Der Thilo-Sarrazin-Effekt funktioniert für von der Obrigkeit als „nicht hilfreich“ angesehene Bücher eben in alle Richtungen. Natürlich nur, wenn man die Gelegenheit bekommt, sie auch zu drucken und zu veröffentlichen.
Ein Pamphlet mit dem Titel „Ich hasse Frauen“ würde höchstwahrscheinlich nicht so leicht einen Verlag finden. Zum einen, weil sonst wohl Bücherverbrennungen und selbst brennende Verlagshallen in Deutschland wieder als politisch korrekt gelten würden. Zum anderen, weil ein solches Buch vermutlich nicht auf das nötige Käuferinteresse stoßen würde. So viele frustrierte, misogyne Incels gibt es da draußen dann wohl doch nicht. Auch wenn einem der regelmäßige Aufenthalt auf Twitter gelegentlich einen anderen Eindruck vermitteln mag.
Feminismus müsse weniger sanft formuliert werden
Zu ihrem Glück handelt es sich bei der Verfasserin des Essays aber um eine Frau. Deshalb konnte ihr radikal-feministisches Werk auch nicht nur im traditionell linkssozialistisch geprägten Frankreich zum Verkaufsschlager werden, sondern jetzt auch übersetzt in der politisch überkorrekten Bundesrepublik erscheinen. Es fand auch hierzulande gleich wohlwollendes Gehör.
Bei n-tv zeigte sich Anna Meinecke regelrecht begeistert von ihrer französischen Autorenkollegin, die „den Männerhaß salonfähig“ oder „wenigstens zum Gegenstand der Debatte um Gleichberechtigung“ machen wolle. „Männerhaß nach Harmange bedeutet Widerstand“, schwärmte die Literatur-Kritikerin von n-tv.
„Männer hassen klingt vielleicht erst einmal radikal und in ihrer Polemik lassen sich Harmanges Thesen sicherlich auch dekonstruieren. Aber sie hat einen Punkt: Vielleicht muß feministische Argumentation stellenweise weniger sanft formuliert sein“, findet Meinecke. „Harmange beobachtet ganz richtig eine Tendenz innerhalb des feministischen Diskurses, sich mit Männern sicherheitshalber zu verkumpeln und sie unter Betonung des eigenen Humors sowie der eigenen Nettigkeit als Verbündete zu umwerben. Diese Taktik führt de facto oft in eine Sackgasse“, analysierte sie.
Meinecke entspricht nicht dem Feministinnen-Klischee
Die glühende Verehrung, mit der Meinecke Harmanges Thesen folgt, zeigt die ganze Tragik, die im modernen, linken Feminismus liegt und einen als Mann an den Rand der Verzweiflung treiben kann. Vor allem, wenn man sich selbst nicht angesprochen fühlt von dem Pauschalurteil über die Männer. Die sind laut Harmange (fast) alle gewalttätig, egoistisch, faul und feige.
Während Harmange wirklich jedes, aber auch jedes Klischee, von der Kampf-Emanze, bei der man auf den ersten Blick gleich sieht, woher der Wind weht und der Männerhaß eigentlich kommt, erfüllt, ist Meinecke eine junge Frau, die nicht dem Feministinnen-Klischee entspricht, die sich selbst ganz gezielt optisch ihrer Weiblichkeit beraubt. Ihre negativen Erfahrungen mit Männern oder beruflicher Benachteiligung durch solche, dürfte sich also in Grenzen gehalten haben.
Aber vermutlich ist genau dieses „typisch männliche Denken“ das, was ihre Sympathien für den Männerhaß der Französin beflügeln – in der sie aus irgendeinem Grund offenbar eine Schwester im Geiste sieht. Dennoch, wenn Meinecke schreibt: „Männerhaß kann im Sinne Harmanges auch einfach heißen, Männer nicht von vornherein in die eigenen Überlegungen einzubeziehen“ und dann aus „Ich hasse Männer“ zitiert: „Misandrie macht den Männern Angst, weil sie ihnen signalisiert, daß sie sich unsere Aufmerksamkeit erst verdienen müssen“, fragt man sich zwangsläufig, ob das den Männern in ihrem Umfeld nicht sowieso schon klar ist.
Der Titel ist zutreffend gewählt
Die Gendersternchen, die durch Meineckes Text funkeln, dürften hier aber ein eindeutiger Hinweis sein. Statt ihre Weiblichkeit einfach in vollen Zügen zu genießen, ist sie, wie so viele Frauen ihrer Generation, zum Opfer der Harmanges und Hengamehs geworden.
Diese von den eigenen narzißtischen Kränkungen und Identitätsproblemen getriebenen Pseudofeministinnen lauern Mädchen und jungen Frauen an den Universitäten und Schulen auf. Sie trichtern ihnen möglichst früh ein, daß sie durch ihr weibliches Geschlecht automatisch Opfer irgendwelcher herbeifantasierten patriarchaler Verhältnisse in den modernen westlichen Gesellschaften seien. Außerdem seien die Männer da draußen, so nett und freundlich sie auch tun mögen, böse, toxisch maskuline und im Grunde wertlose Würmer, die in ihrem Haß nur darauf warten würden, die Frauen physisch und psychisch zu schänden und in jeder Hinsicht zu unterdrücken.
Das ist Haß und gesellschaftliche Spaltung, wie aus dem Lehrbuch. In diesem Fall hat Harmanges Machwerk zumindest schon mal den passenden Titel.