„Lauter schlaue Leute; los geht’s mit Sophie Passmann“; so leitete Maybrit Illner ihre Gesprächsrunde am Donnerstagabend ein. Wenn man es nicht besser wüßte, hätte man hinter dieser Einleitung eine subtile und bitterböse ironische Spitze der Moderatorin gegen die Autorin des Buches „Alte weiße Männer“ vermuten können.
Wer Illners Show allerdings regelmäßig sieht, ahnte jedoch, daß es sich bei der Einleitung um eine völlig ernstgemeinte Einschätzung der ZDF-Frau handelte. Wobei es natürlich theoretisch durchaus möglich ist, daß Frau Passmann Frau Illner beim privaten Milchkaffeekränzchen in Berlin Mitte regelmäßig mit tiefsinnigen Erkenntnissen und bestechender Logik beeindruckt.
Schwärmen für Kevin Kühnert
In der gestrigen Sendung zum Thema „SPD kopflos, CDU planlos – GroKo grün vor Neid?“ argumentierte die Radiomoderatorin mit SPD-Parteibuch aber mal wieder nahezu ausschließlich aus dem Bauch heraus: Annegret Kramp-Karrenbauer habe „stramm reaktionäre Sachen gesagt“, das sei „verwerflich“. Die Gleichsetzung des Populismus der Grünen mit dem der AfD finde sie „schäbig“, und Kevin Kühnert könne ihrer Meinung nach so ziemlich alles. Auch die SPD wieder nach vorne bringen. Zumindest bei den jungen Leuten.
In einem waren sich an diesem Abend alle einig: Die großen Volksparteien sind immer noch total wichtig. Beim Versuch, dies zu beweisen, zeigten die Gäste allerdings vor allem, wie sehr CDU und SPD ein politisches Relikt der Vergangenheit sind. Beim Blick in Zukunft sehen die Freunde der „großen Volksparteien“ sehr viel Gestriges. Wolfram Weimer vom Cicero erinnert das, was um AKK passiert, an die frühen Tage von Angela Merkel als Parteivorsitzende und zur Rettung der SPD kann er sich ein Tandem bestehend aus Manuela Schwesig und Sigmar Gabriel vorstellen.
Es lebe der Öko-Zeitgeist
Die kommissarische Parteivorsitzende selbst ging dann noch weiter zurück: bis an die sozialistischen Wurzeln der Sozialdemokratie. Schwesig forderte unverblümt eine stärkere Steuerung des Marktes durch die Politik. Außerdem erinnerte sie nochmals daran, daß die SPD die älteste noch existierende Partei Deutschlands sei – und an den Widerstand der Sozialdemokraten gegen die Nazis.
Es zeigte sich dann allerdings – wie könnte es auch anders sein –, daß das einzige „zukunftsweisende“ Thema, mit dem die „Volksparteien“ punkten wollen, die Klimapolitik ist. Der CDU-Politiker Tobias Hans warnte zwar davor, den Grünen hinterherzulaufen, redete dann aber fortwährend dem Öko-Zeitgeist nach dem Mund. Der saarländische Ministerpräsident forderte eine CO2-Steuer, bezeichnete sie aber als „Abgabe“ oder „Bepreisung“. Auch bedauerte er, daß die Politik die „Fridays for Future“-Bewegung nicht ernst genug genommen habe. Das habe den Schülern sowie ihren Eltern und Großeltern sehr „wehgetan“.
Immerhin, einer wollte da nicht so ganz mitgehen bei der allgemeinen Begrünung der politischen Landschaft. Die „grüne Bewegung“ sei nahezu ein ausschließlich deutsches Phänomen, das es in den meisten anderen Ländern Europas nicht gebe, schüttete Wolfram Weimar etwas Wasser in den Wein. Der Rest der Runde ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken. Für Politiker und Moderatorinnen war auch an diesem Abend wieder einmal klar: Die Zukunft ist grün. Streit gibt es allenfalls noch über die Schattierung.