Die gesamte Woche war geprägt von der politischen Katerstimmung nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Die Kommentare zum starken Abschneiden der AfD schwankten zwischen totaler Dämonisierung und einem trotzigen Kleinreden der Partei, die in Brandenburg über 23 und in Sachsen sogar über 27 Prozent der Wählerstimmen geholt hat.
Die Alternative für Deutschland habe den Zenit ihres Erfolges erreicht, hörte man in diesen Tagen immer wieder. Viele die das sagen, hätten oder haben das vermutlich auch schon gesagt, als die AfD bei Wahlen und in Umfragen, bei 15, 17 oder 20 Prozent lag. Aber die Hoffnung stirbt eben auch bei den etablierten Parteien zuletzt. Auch wenn es, sowohl in Brandenburg wie auch in Sachsen nicht einmal mehr für eine große Koalition reicht.
Bei den meisten Journalisten dürfte ohnehin die Freude darüber überwiegen, daß die Angst vor der rechten Alternative ihre Lieblingspartei, die Grünen, als Koalitionspartner jetzt und in naher Zukunft quasi alternativlos werden läßt.
Regierungsbeteiligung der Grünen ist überflüssig
Dabei bräuchte es eine Regierungsbeteiligung der Grünen als Partei, heute eigentlich gar nicht mehr, um sicher zu stellen, daß eine Regierung grüne Politik macht. Das zeigen unter anderem die aktuellen Pläne des Kabinetts Merkel. Bereits im nächsten Jahr sollen nach dem Willen der großen Koalition in Berlin, wo der Strom offenbar auch im Kanzleramt einfach aus der Steckdose kommt, die ersten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden.
Bis 2022 sollen dann nur noch Steinkohlekraftwerke im Umfang von 15 Gigawatt am Netz sein. Das wären etwa 30 großen Anlagen. Gezählt werden dabei natürlich nur die Kraftwerke in Deutschland. Kraftwerke im Ausland bleiben, wie immer, von den deutschen Entscheidungen unberührt beziehungsweise brauchbare Reserven zur Sicherung der Energieversorgung und der Vernunft.
Auch Plastiktüten sollen schon ab 2020 verboten werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat das Bundesumweltministerium in dieser Woche auf den Weg gebracht. Viele Experten bezeichnen ein solches Verbot selbst auf EU-Ebene als weitgehend sinnlos, mitunter sogar kontraproduktiv für den Umweltschutz.
Der Großteil des Plastikmülls in den Weltmeeren kommt aus Asien und die Alternativen zur Plastiktüte sind oft schon in der Herstellung belastender für die Natur als es eine anständige deutsche Plastiktüte jemals werden könnte. Die Virtuosen der Symbolpolitik, die gerade beim Thema Umweltpolitik stets besonders tonangebend sind, halten das Plastiktütenverbot aber dennoch für die beste Idee seit der Verbannung der Glühbirne zugunsten des leuchtenden Giftes, das sie Energiesparlampe nennen.
Vier Jahre nach der Grenzöffnung
Am 4. September jährte sich diese Woche zum vierten Mal der Tag der Grenzöffnung, mit der die Bundeskanzlerin 2015 die Flüchtlingskrise erst so richtig ins Rollen gebracht hatte. Sprachfüchse wie Ruprecht Polenz weisen zwar unermüdlich daraufhin, daß es, dem Wortsinn nach, gar keine Grenzöffnung gegeben habe, das liegt aber oft einfach daran, daß ihre Medikamente sie seit Jahren nicht mehr müde werden lassen.
Erschreckend, wie erbittert Bild an der Lüge festhält, 2015 seien die Grenzen „geöffnet“ worden. Jeder, der die deutsch-österreichische Grenze kennt, weiß, dass es im Schengen-Raum nur offene Grenzen gibt – außer Ralf Schuler @drumheadberlin https://t.co/4AJioy6xOg
— Ruprecht Polenz (@polenz_r) September 5, 2019
Für die meisten Deutschen dürfte das „Jubiläum“, dieses für Europa und besonders Deutschland so schicksalshaften Tages, wahrlich kein Grund zum Jubeln oder zu besonderer Freude gewesen sein. Ganz anders sahen das dagegen viele Journalisten, die Angela Merkel für ihre „Entscheidung für die Menschlichkeit“ beziehungsweise für die Lebensentwürfe einwanderungswilliger Menschen aus der ganzen Welt noch einmal so richtig abfeierten.
Das ZDF schenkte Mutti zu ihrem Ehrentag gar einen ganzen Dokumentarfilm. Dieser dokumentierte allerdings vor allem eines: Die stramm Regierungstreue der öffentlich-rechtlichen Journalistendarsteller. Die Macher des Films portraitierten Merkel und ihre „Stunden der Entscheidung“ in einer Art Helden-Epos, das es so unverblümt propagandistisch seit „Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse“ im deutschen Film nicht mehr gegeben hat.
Deutsche Journalisten kritisieren Mächtige – im Ausland
Nun ist es aber natürlich keinesfalls so, daß der deutsche Journalismus das Kritisieren der Mächtigen verlernt hätte. Es dürfen halt nur nicht die eigenen Mächtigen sein. So verging auch in dieser Woche kaum ein Tag, an dem unsere Mainstream-Medien nicht gegen Boris Johnson geschossen hätten.
Darin haben sie mittlerweile Routine und es ist dank der Probleme, die der britische Premierminister bei der Umsetzung des vom Volk gewollten Brexits hat, auch so wunderbar einfach, daß man die außenpolitischen Analysen auch mal den Redaktionspraktikanten schreiben lassen und etwas früher in den Feierabend starten kann. In diesem Sinne: Ein erholsames Wochenende.