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Syrien-Konflikt: Gewinner ist Putin, Verlierer sind Erdogan und Trump

Syrien-Konflikt: Gewinner ist Putin, Verlierer sind Erdogan und Trump

Syrien-Konflikt: Gewinner ist Putin, Verlierer sind Erdogan und Trump

Putin
Putin
Putin und Erdogan bei einem Treffen im September Foto: picture alliance/AP Photo
Syrien-Konflikt
 

Gewinner ist Putin, Verlierer sind Erdogan und Trump

Die Russen sind wieder da. Und der amerikanische Präsident könnte twittern: Ich habe es ihnen ermöglicht. Der Rückzug der amerikanischen Truppen aus Nordsyrien schafft eine neue geostrategische Lage in Nahost. Ein Kommentar von Jürgen Liminski.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Die Russen sind wieder da. Und der amerikanische Präsident könnte twittern: Ich habe es ihnen ermöglicht. Der Rückzug der amerikanischen Truppen aus Nordsyrien schafft eine neue geostrategische Lage in Nahost. Bisher konnten die Russen nur auf Assad setzen, jetzt sind sie Partner der Kurden, die sie als Retter sehen, nachdem die Amerikaner sie im Stich gelassen hatten, und sie kommen auch als Gesprächspartner oder gar Vermittler in anderen Konflikten infrage, zum Beispiel zwischen Syrern und Türken.

Panzer der Russen und der syrischen Armee graben sich bei Manbij ein, vor ihnen liegt der kleine Fluß Saschur, dahinter die Panzer der Türken. Die syrischen Einheiten wären für die Türken kein Problem, die russischen schon. Es dürfte für die türkische Armee zu riskant sein, die russisch-kurdisch-syrische Linie zu durchbrechen, zumal die neue Koalition Schutz aus der Luft erhält. Russische Kampfflugzeuge donnern über die Region hinweg – in gefährlicher Nähe türkischer Jets. Ankara muß vorsichtig sein. Dieser Feldzug kann zum Bumerang werden.

Was immer zählt in der Region ist militärische Stärke. Nach Meinung französischer Generäle ist der fluchtartige Abzug der Amerikaner eine „Katastrophe“. Und das in doppelter Hinsicht: Er lässt auch europäische Verbände schutzlos. Europa war eh schon militärisch machtlos in der Region, aber französische, britische und deutsche Elite-Soldaten haben Seite an Seite mit den Kurden und Amerikanern gegen die Terror-Milizen des Islamischen Staats gekämpft und den Anschein militärischer Mittelmächte erhalten.

Prestigeverlust des Westens

Eine offizielle Bestätigung für diese Präsenz bekommt man wie üblich nicht. Die Rede ist dann von „Beratern“. Auch wären diese Einheiten zahlenmäßig zu klein, um kriegsentscheidend zu sein. Ihre Präsenz aber zählte immer mehr als das Palaver der EU-Außenminister. Sie sollen nun mit den Amerikanern abgezogen sein. Auch die jetzigen Drohungen, Waffenlieferungen an den Nato-Partner Türkei zu stoppen, klingen hohl. All das wird von dem massiven Eingreifen der Russen nun überlagert.

Auffallend ist, daß seither der Beschuss von türkischer Seite da eingestellt worden ist, wo die russisch-syrischen Verbände stehen. Spekuliert wird über eine Absprache zwischen Ankara und Moskau, um das Kurdengebiet aufzuteilen. Das würde Erdogan helfen, intern das Gesicht zu wahren. Sollte die türkische Armee das Kurdengebiet nicht besetzen (können), werden die Russen als Retter vor dem Massaker gefeiert werden und auch bei anderen Stammesfürsten und Staatenlenkern einen erheblichen Prestigezuwachs verzeichnen können.

Entsprechend groß ist der Prestigeverlust der Amerikaner und des Westens. Selbst in Israel macht man sich Gedanken über Washingtons Loyalität. Die Besuche in Moskau werden häufiger werden. Moskau ist seit dieser Woche nicht nur zum Retter der Kurden avanciert, sondern auch zum unumgänglichen Gesprächspartner in der gesamten Region.

Putin hat das Vakuum, das Trump hinterlassen hat, geschickt gefüllt. Er wußte, anders als Trump, daß es in der Politik kein Vakuum gibt, erst recht nicht in der Geopolitik. Er brauchte nur abzuwarten. Es gäbe eine Möglichkeit für Washington, das verlorene Vertrauen teilweise wieder zu gewinnen. Man müßte eine Flugverbotszone in Nordsyrien einrichten. Aber auch dafür braucht man jetzt die Zustimmung Putins.

Putin ist der Gewinner des neuen Waffengangs, den Erdogan in seiner Überheblichkeit und aus innenpolitischem Kalkül angezettelt hat. Erdogan und Trump dagegen sind die geopolitischen Verlierer. Erdogan, der nach den verlorenen Kommunalwahlen in der eigenen Partei wieder an Boden gewinnen will, verliert Vertrauen und Einfluß gegenüber den Mächtigen am Golf ebenso wie in Kairo, Bagdad und Jerusalem. Nur bei den sunnitischen Terror-Organisationen wie Hamas und Islamischer Staat gewinnt er an Einfluß.

Der IS ist nach wie vor präsent

In Europa sorgt man sich vor allem wegen eines Wiederauflebens des Islamischen Staats. Aber die Terrormiliz hatte nur das Land verloren, im Internet ist sie nach wie vor präsent und in den Ländern der Region sowie in Europa selbst halten sich sogenannte Schläferzellen versteckt. Auch der Attentäter im Polizeipräsidium von Paris hatte Verbindungen zum IS. Diese Zellen könnten durch die entlaufenen IS-Häftlinge verstärkt werden. Sie werden es Erdogan, dem Muslimbruder, danken. In Europa, Rußland, China und den USA dagegen wird man sich nicht mehr auf sein Wort verlassen wollen. Das konnte man auch vorher nicht. Aber jetzt ist es offenkundig und das Verhältnis gerade der Europäer zu Erdogan wird zum Machtpoker.

Trump selbst steht nach dem unnötigen Abzug als Verräter da, was ihn vor allem bei Armee-Angehörigen Stimmen kosten kann. Aber auch in der amerikanischen Provinz und bei den Evangelikalen hat er mit dieser Volte Vertrauen verloren. Man mag in der amerikanischen Provinz nicht wissen, wo Syrien liegt und wer die Kurden sind. Aber ein Gespür für Loyalität und Kameradschaft, für Treue und vollen Einsatz sollte man den Farmern und kleinen Leuten nicht absprechen. Sie werden deshalb nicht gleich linke Demokraten wählen.

Aber sie könnten enttäuscht zuhause bleiben, was gerade in den Swing-States für Trump entscheidend wäre. So fällt die außenpolitische Bilanz seiner drei Amtsjahre eher mager aus: Pompöse aber ergebnislose Treffen mit dem nordkoreanischen Diktator, Patt mit China auf dem weltpolitischen Schachbrett, Entfremdung mit den Verbündeten in der Nato, Vertrauens- und Einflußverlust in Nahost, diplomatisch verbrannte Erde in der Ukraine, Erstarken der Taliban in Afghanistan. Der Verrat in Nordsyrien und der Aufstieg Rußlands in der Region stellen ihn als Maulheld bloß.

Für die Europäer kann diese Entwicklung nur eine Konsequenz haben: Mit Putin reden. Analog zum Wort, das de Gaulle über die Deutschen sagte, gilt für sie: Die Russen werden immer in Europa sein, die Amerikaner nur vielleicht.

Putin und Erdogan bei einem Treffen im September Foto: picture alliance/AP Photo
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