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„Lindenstraße“: Ende einer Staats-Seifenoper

„Lindenstraße“: Ende einer Staats-Seifenoper

„Lindenstraße“: Ende einer Staats-Seifenoper

„Lindenstraße“
„Lindenstraße“
„Lindenstraße“: Schauspieler und Produzenten Foto: dpa
„Lindenstraße“
 

Ende einer Staats-Seifenoper

Es ist das Ende einer TV-Ära. Die „Lindenstraße“ war so etwas wie die deutsche Staats-Seifenoper. Sie wollte nie einfach nur unterhalten. Sie wollte den Zuschauer zum Nachdenken anregen. Ihn zu einem besseren Menschen erziehen und den gesellschaftlichen Fortschritt vorantreiben. Erziehen lassen kann sich der Zuschauer aber mittlerweile überall. Ein Kommentar von Boris T. Kaiser.
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Es ist das Ende einer TV-Ära, wie es wohl in Deutschland nur noch mit dem von „Wetten, daß.. ?“ vergleichbar ist. Die „Lindenstraße“ war so etwas wie die deutsche Staats-Seifenoper. Zumindest hat sie sich als solche verstanden. Dies machten nun final noch einmal die Worte von Erfinder und Produzent Hans W. Geißendörfer und seiner Tochter und Nachfolgerin Hana deutlich:

„Lindenstraße steht für politisches und soziales Engagement, für Meinungsfreiheit, Demokratie, gleiche Rechte für alle und Integration, was in Zeiten von Rechtsruck und Ausländerfeindlichkeit wichtiger ist denn je.“

Die Lindenstraße wollte nie einfach nur unterhalten. Sie wollte den Zuschauer zum Nachdenken anregen. Ihn zu einem besseren Menschen erziehen und den gesellschaftlichen Fortschritt vorantreiben. 1987 gab es dort den ersten „schwulen Kuß“ zweier Männer in einer deutschen Vorabendserie.

Egal, ob es um Homosexualität, Leben mit Behinderung oder Ausländerfeindlichkeit ging, die Lindenstraße und ihre Macher waren stets auf der richtigen Seite der Fernsehgeschichte. Am Ende vielleicht zu sehr. Was in den 1980er Jahren und den frühen 90ern noch progressiv, ja mit unter vielleicht sogar mutig war, wirkte irgendwann nur noch gewöhnlich und angepaßt. Das Format wurde zum Opfer seines eigenen Erfolges. Aber zumindest hatte es Erfolg. Einen Erfolg den der Lindenstraße auch im Nachhinein keiner mehr so einfach nehmen kann.

Erziehen lassen kann sich der Zuschauer mittlerweile überall

Die Kehrseite dieses Erfolgs: Je mehr die in der Serie proklamierte „Progressivität“ gesellschaftliche Normalität wurde, desto altbackener wirkte die Serie. Das auf die Tränendrüse drückende Geißendörfer-Statement hat so gar nichts Mutiges und Progressives mehr. Es erscheint viel mehr, wie das verzweifelte Anstemmen eines die alte Ordnung erhalten wollenden Propagandisten gegen jegliche Veränderung.

Daß das (Fernseh-)Volk da keine Lust mehr drauf hat, muß einen nicht verwundern. Erziehen lassen kann sich der Zuschauer mittlerweile überall. Vom allabendlichen Fernsehkrimi bis zur simpel gestrickten Comedy-Show – überall bekommt er die vorgekaute politische Korrektheit in den Rachen gestopft, wie ein Küken die Würmer von der Vogelmamma. Quasi als ideologische Fernsehmahlzeit, produziert nach dem öffentlich-rechtlichen Reinheitsgebot. Übrigens auch im Privatfernsehen. Da aber immerhin zwangsgebührenfrei.

Wir leben nicht mehr in den 80ern. Der medienmündige Bürger ist heute nicht mehr auf das Fernsehen zur Meinungsbildung angewiesen. Seine Informationen und sicherlich auch seine tägliche Dosis Meinungsmache holt er sich, wo er will. Von Fernseh-Unterhaltern will der Fernsehzuschauer heute oft aber tatsächlich wieder einfach nur eins: Unterhalten werden.

„Lindenstraße“: Schauspieler und Produzenten Foto: dpa
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