Noch bleiben über zwei Wochen bis zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten, noch darf geraten werden. Faites vos jeux! Machen Sie Ihr Spiel! Während die Linksliberalen zu beiden Seiten des Atlantiks Antidepressiva schlucken, sei dem Optimisten gegönnt, auch unorthodoxe Zukunftsvarianten durchzuspielen.
Was etwa wäre, wenn sich überhaupt nicht viel änderte in der amerikanischen Politik? Wohlgemerkt: in ihrer Substanz. Ihr Stil hat sich schon jetzt unwiderruflich gewandelt. Dem Bedeutungsverlust der etablierten Medien, seit Beginn des digitalen Zeitalters an der Auflagenstatistik ablesbar, setzt der Groß-Tweeter Trump die Krone auf. Seine Botschaft: Die Leute wollen euch nicht lesen, also nervt mich nicht.
Grobe Klötze, grobe Keile
Pressekonferenzen mit vorhersagbaren Fragen zu vorhersagbaren Antworten sind ihm ein Greuel. Zeitverschwendung. Und wer säße überhaupt im Publikum? Die gleichen Ostküsten/Westküsten-Edelfedern, die bis zur Wahl am 8. November keine Gelegenheit ausließen, ihn runterzumachen, abzustempeln als Rassist, Sexist, Chauvinist, Fremdenfeind, Friedensfeind, LSBTTIQ-Feind und was nicht noch.
Nein, da hat Mr. President-elect Besseres zu tun. Er twittert; seine Wähler lesen sowieso keine New York Times. In Manhattan hat er gerade mal 10 Prozent der Stimmen eingeheimst. Außerdem weiß er: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Und die linksliberale US-Presse ist ein grober Klotz, eisern dem demokratischen Obama-Clinton-Fortschrittsideal verpflichtet.
Betroffenheit-Matadore kommen aus der Mode
Dieses Fortschrittsideal, an ihm scheiden sich die Geister, im übrigen auch östlich des Atlantiks. Vielen erscheint es immer noch ganz naheliegend: nur das Gute wollen, nur das Gute denken, nur das Gute sagen. So einfach. Und da kommt dieser Mann mit der unmöglichen Frisur und haut mit der flachen Hand in die Suppe. Anders kann man seine Wahl nicht bezeichnen.
Ganze Karrieren, die nur auf das Gutmenschen-Pathos bauten, geraten jetzt in Gefahr. Auch bei ARD und ZDF, perspektivisch jedenfalls. All die Matadore der Betroffenheit, die professionellen Tränendrüsen mit und ohne Kanzel, werden aus der Mode kommen. Amerika unter Trump tritt endgültig ins 21. Jahrhundert ein, und das heißt: Überlebenskampf des Westens.
Historischer Paradigmenwechsel
Wir durchlaufen einen historischen Paradigmenwechsel, einen Wechsel unseres Selbstverständnisses und unseres Weltbilds. 500 Jahre lang hat Europa die Welt beherrscht, sie unterworfen, ihr die Zivilisation gebracht, das Christentum, später die Aufklärung. Jetzt fordert die nicht-europäische Welt ihr Recht. Ist die Scharia weniger wert als die europäische Rechtsordnung?
Wie auch immer die Antwort lautet – wir wollen die Scharia nicht. Nicht bei uns. Dafür werden wir kämpfen müssen, aber nicht mit Waffen wie Toleranz und Willkommenskultur. Die USA sind in einer durchaus ähnlichen Lage, auch wenn ihnen weniger die Scharia droht als lateinamerikanische Überfremdung.
USA besinnen sich auf Markenkern
Die Energie, mit der die amerikanische Demokratie einen Donald Trump an die Spitze spült, zeugt von der Jugendkraft des Landes. Unter Trump besinnen die USA sich auf ihren Markenkern. Dazu gehört, daß er ganz sicher keine Ambitionen auf den Friedensnobelpreis hegt. Gesäusel à la Barack Obama ist nicht sein Ding. Auch die Tabus der Political Correctness scheren ihn einen feuchten Kehricht – was überall dort begrüßt wird, wo man PC sowieso nur als Brutstätte der Scheinheiligkeit wahrnimmt.
Im Reich der realen Politik braucht Trump gar keine großen Kurskorrekturen vorzunehmen. Obama hat es geschafft, acht Jahre lang die Medien einzulullen und ihnen die schöne neue Welt vorzugaukeln. Daß derweil die gleiche auf politische, wirtschaftliche und kulturelle Hegemonie abzielende US-Politik betrieben wurde wie eh und je, fiel weitestgehend unter den Tisch.
Trump, der Businessman
In der Praxis werden die Korrekturen sich im Rahmen halten. Guantanamo? Hat auch Obama nicht aufgegeben, aller Versprechen zum Trotz. Obamacare? Wollen die meisten Republikaner nicht abschaffen, nur reformieren. Waterboarding? Wenn es denn der Wahrheitsfindung dient. Wenn Trump die bisherige (offiziell) prinzipienbasierte US-Außenpolitik durch eine deal-basierte ersetzt, gehorcht er nicht nur seinem Charakter als Businessman.
Prinzipien gelten in einer Welt einheitlicher Regeln, garantiert durch eine allgemein respektierte unipolare Macht oder durch ein bindendes internationales System. In der heutigen Realität ist, trotz USA und UN, weder das eine noch das andere der Fall.