Die Notlage, in die Deutschland und Europa durch den Massenansturm aus der Dritten Welt geraten sind, hat die Kanzlerin auf ihr dürftiges Format reduziert. „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, daß wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land“, beschied sie ihre Kritiker.
Mehr als grammatikalischen Nonsens, gefühliges Geschwurbel und den narzißtischen Willen zur Macht hat Angela Merkel nicht zu bieten. Die politische Quintessenz, die sich aus der Aussage ziehen läßt, aber lautet: Es ist schön, daß Deutschland keine Grenzen mehr hat.
Die Kontrolle über die Grenze und den Zugang ins Land bildet die Basis der Souveränität und Staatlichkeit. Wer sie aufgibt, macht sich nach außen wehrlos und hebt im Innern Recht und Gesetz auf. In diesem Sinne hat Merkel einen Putsch gegen die staatliche Ordnung verübt. Der betrifft auch andere Länder, die ungefragt als Transit- oder Zielland herhalten müssen, sowie die Europäische Union als Ganzes.
Schadensbilanz seit 1949 ohne Beispiel
Der ehemalige tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus warf der Kanzlerin vor, mit ihren spontanen Entscheidungen die europäische Zivilisation aufs Spiel zu setzen. Die Osteuropäer sind nach qualvollen Jahrzehnten unter der Sowjetknute besonders sensibel für alle Anzeichen neuer Fremdbestimmung.
Die Schadensbilanz aus Merkels Kanzlerschaft ist ohne Beispiel seit 1949. Die Flutung Deutschlands mit erwartungsfrohen, leicht enttäuschbaren, gewaltaffinen jungen Männern überwiegend muslimischen Glaubens ist nur der Höhepunkt in einer Abfolge politischen Elends.
Die Mär von den qualifizierten Zuwanderern, welche die Sozialsysteme entlasten, ist längst verstummt. Die Arbeitslosigkeit werde steigen, auch wegen des unter Migranten verbreiteten Analphabetismus, gibt Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kleinlaut zu.
Merkel hat die Kontrolle verloren
Die naiven Gutwilligen und engagierten Fremdenfreunde sind inzwischen mit ihrer Kraft am Ende. Ihnen schwant ebenfalls, daß ein Unheil heraufzieht und die Führung die Kontrolle verloren hat. Und sogar unter den publizistischen Schleppenträgern, die in ihren indifferenten Politikstil einen naturwissenschaftlichen Ansatz hineininterpretierten und ihren Weg des geringsten Widerstands zum Ausdruck konzeptioneller Überlegenheit hochstilisierten, dämmert die Erkenntnis, daß Merkel sich auf Blindflug befindet und wohl schon immer befunden hat.
Als auf Protestkundgebungen in Griechenland Plakate hochgehalten wurden, die Merkel mit Hitlerbärtchen zeigten, reagierte das übrige Europa durchweg indigniert. Mit ihrer Kombination aus moralischem Größenwahn und politischer Erpressung bestätigt Merkel jetzt das Bild vom teutonischen Polterhans und disqualifiziert Deutschland als europäische Führungsmacht.
Besitz Merkel eine Handlungslogik?
Da die Annahme absurd ist, daß die Bundeskanzlerin, die nach wie vor von einer überwältigenden Mehrheit frei gewählter Abgeordneter getragen wird, das Land vorsätzlich zerstört, also Landesverrat begeht, und wissentlich die Lunte an den Kontinent legt, muß man nach der Handlungslogik fragen, in der sie gefangen ist.
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der zu ihren informellen Beratern gerechnet wird, interpretierte ihre folgenreichen Äußerungen als den Versuch, die Medienbilder von brennenden Asylbewerberheimen durch eine große Geste auszulöschen und so die Freiheit zu gewinnen, abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben und die Kontrolle über die Entwicklungen zurückzuerlangen. Die Bilder waren jedoch nur in der Zusammenstellung einer hysterischen Journaille und in der Phantasie überforderter Politiker dominant.
Einen Schwelbrand mit Benzin löschen
Allerdings entspricht es dem merkeltypischen Opportunismus, sich am Sekundären abzuarbeiten. Auf jeden Fall handelte es sich um eine grandiose Fehlkalkulation und den Versuch, einen Schwelbrand mit Benzin zu löschen, den sie nun mit der Forderung, den Asylbewerbern Zugang zum deutschen Gesundheitssystem zu verschaffen, weiter anfacht. Denn umkehren kann sie nicht mehr, der Weg würde geradewegs zum Rücktritt führen.
Zur Entschuldigung Merkels läßt sich anführen, daß sie keine Strategin und nicht einmal eine Handelnde ist. Sie ist lediglich das Medium, in dem die subkutane staatspolitische Logik der Bundesrepublik sich offenbart und vollendet.
Ohne politische Linie, historisch und geistesgeschichtlich unbeschlagen, dafür autoritär und zwangsfixiert, legt sie die Schwäche des Landes, seinen Mangel an innerer und äußerer Souveränität, gnadenlos offen. Ihre verhuschte Erscheinung ist der symbolische Körper eines Staates, der die politische Terminologie verlernt hat und der politisch-existentiellen Herausforderung der neuzeitlichen Völkerwanderung nur mit dem Begriff „Willkommenskultur“, der von der Werbeabteilung der Wellness-Industrie erdacht sein könnte, zu begegnen weiß.
Medium der Katastrophe, nicht Ursache
Es ist die Dialektik der praktizierten Hypermoral, deren ehernem Zwang die Kanzlerin gehorcht. Die Hypermoral war der Versuch, eigene Interessen durch Selbstverleugnung unsichtbar zu machen, indem man sie in einem Menschheitsethos auflöst, und auf diese Weise von den anderen geschont zu werden. Die Rechnung ging lange Zeit auf: Die Deutschen zahlten, geißelten sich und wurden im Gegenzug – auf eine herablassende Weise zwar – allgemein geschätzt.
Bei der Dritten Welt verfängt diese raffinierte Kalkulation aber nicht. Das überforderte Deutschland, statt sich endlich aus dem Strudel seiner Neurosen zu befreien, versucht durch Merkel weitere Länder mit hineinzureißen. Das macht es unbeliebt und zum Zentrum der europäischen Selbstzerstörung.
Natürlich ist Merkels Rücktritt überfällig. Doch was dann? Sie ist nur das Medium der Katastrophe, nicht die Ursache.
JF 40/15