Die Streiks, zu denen die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) und die Pilotengewerkschaft Cockpit in schöner Regelmäßigkeit aufrufen, wirken flächendeckend und massenhaft. Der Ärger darüber ist groß: Bei den Politikern, der Bahn, der Lufthansa, am meisten bei den betroffenen Fahrgästen.
Nun wird gezetert: Über den Größenwahn des GdL-Vorsitzenden. Über den Egoismus und die brachiale Art und Weise, wie kleine Berufssparten für ihre Gruppeninteressen kämpfen. Über die Ignoranz des Gemeinwohls. Über die Rücksichtslosigkeit gegenüber denen, die nicht weniger schwer arbeiten, aber an keinem strategischen Hebel sitzen. Über die Schäden für die Wirtschaft. Ja, es stimmt: Das Verhalten von GdL und Cockpit ist rücksichtslos, unsolidarisch und asozial – einerseits.
Unsolidarisch, aber verständlich
Andererseits ist es nachvollziehbar und verständlich. Es ist der Reflex auf die Asozialität des Staates bzw. der Funktionseliten, die ihn sich zur Beute gemacht haben. Diese haben die Solidarität und Loyalität gegenüber dem Volk, dem Demos oder wie auch immer aufgekündigt. Für alles mögliche wird Geld ausgegeben: Für das Euro- und Bankendesaster, für den Rußland-Boykott, für das Ukraine-Abenteuer samt Gasrechnung, für die Unterbringung von Asylanten, für rabattierte U-Boot-Lieferungen und und und.
Doch für die Absenkung der Steuern und Abgaben, für die Anhebung der Steuerfreibeträge, für die Beseitigung der kalten Progression – für alles, was den arbeitenden, steuerzahlenden, pflicht- und verantwortungsbewußten Bürgern zugute kommen könnte, ist dagegen kein Geld da. Weshalb und wofür soll man da noch solidarisch sein? Wenn Politiker und Kommentatoren an den Gemeinsinn, an das Solidar- und Verantwortungsgefühl appellieren, geht es bloß um zusätzliche Pakete, die sie dem deutschen Lastesel aufbürden wollen und die er klaglos tragen soll.
Der Egoismus wird freigesetzt
Daran wird sich, realistisch betrachtet, nichts ändern. Die etablierten Parteien sind sich mehr oder weniger einig, und ob die AfD sich als Gegenstimme etablieren kann, ist noch offen. Die großen Gewerkschaften sind ein Totalausfall, denn sie sitzen mit im Boot. Soziale Massenproteste wie in Frankreich wird es nicht geben, dazu ist das Volk aus Gewohnheit und Neigung zu brav, zu träge, zu autoritär.
Wer die Möglichkeit und genug Chuzpe hat, reagiert darauf nach dem Motto: Jeder ist sich selbst der Nächste! Der asoziale Staat setzt den natürlichen Egoismus des Individuums frei. Jetzt treten die Einzelkämpfer auf den Plan und nehmen das Recht des Stärkeren in die Hand. Um die Verluste, die der Staat ihnen zumutet, zu minimieren. Ohne Rücksicht darauf, daß sie denen, die noch schwächer sind, zusätzliche Verluste zufügen. Die Lokführer und Piloten sind erst der Anfang. Schuld an der Entwicklung sind sie nicht!