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Meinung: Staatsakt für Opfer der Zwickauer Zelle: Rituale der Republik

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Meinung
 

Staatsakt für Opfer der Zwickauer Zelle: Rituale der Republik

Man wird sehen, wie das verordnete Angedenken anläßlich der viel zu spät aufgedeckten Morde der Zwickauer Zelle ins Bewußtsein der zusehends fragmentierten, postnationalen Gesellschaft dringt. Einige Bedenken gegenüber dem angeordneten Trauerakt sind durchaus angebracht. Ein Kommentar von Herbert Ammon
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Wallasch, Medien, Gesicht

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Kerzenschein und John Lennons „Imagine“: Trauerrituale einer multikulturellen Gesellschaft Foto: Wikimedia/Peter Becker mit CC-Lizenz https://bit.ly/1I2o

Man wird sehen, wie das verordnete Angedenken anläßlich der viel zu spät aufgedeckten Morde der Zwickauer Zelle ins Bewußtsein der zusehends fragmentierten, postnationalen Gesellschaft dringt. Der Berliner Staatsakt zum Gedenken der Mordopfer der Neonazi-Zelle soll hier als solcher nicht in Zweifel gezogen werden. Wie bereits Dieter Stein festhielt: Bewegend war die Rede des Mannes aus Kassel, der seiner Trauer um den ermordeten Sohn mit beeindruckender Würde Ausdruck verlieh.

Dessen ungeachtet sind nachträgliche Bedenken gegenüber dem angeordneten Trauerakt vorzutragen. Sie gelten zum einen dem Ritual, in welchem religiöse Symbolik in einem  säkularen Kontext zu politischem Zweck zur Geltung gebracht wurde. Da erhellten zwölf (!) Kerzen – Fremdkörper in religiösen Zeremonien der muslimischen Hauptrichtungen – den abgedunkelten Raum des Konzerthauses am Gendarmenmarkt. Und ach, dann erklang John Lennons Sentimental-Hymne „Imagine“. Daß es sich um den Seelenerguß – genau: Kitsch „vom Feinsten“ – einer längst ergrauten Jugendgeneration handelt, worin der peinlich naive, das Paradies auf Erden beschwörende Lennon-Text explizit eine Absage an alle Religionen proklamiert, mithin auch an den Islam, nicht nur an den militanten, ist im nachhinein anscheinend allein dem FAZ-Redakteur Daniel Deckers aufgegangen.

Rituale verhüllen multiethnisch-multikulturelle Zukunft Europas 

Der FAZ-Leser mag darin einen nuancierenden Nachtrag zu dem am Tag zuvor auf Seite 1 die globalisierte, multiethnisch-multikulturelle Zukunft Europas propagierenden Leitartikel des als „konservativ“ geltenden Georg Paul Hefty sehen. Wer bei dem Staatsakt schärfer hinschaut, erkennt in Ästhetik und Lennon-Text die Absicht der Regie: Die Frage, wie auf Dauer die postchristliche Kultur Europas, die agnostische Grundströmung, nicht zuletzt die deutsche NS-fixierte Zivilreligion mit islamischem Fundamentalismen, diversen Nationalismen oder sonstigen Gruppenidentitäten- und -egoismen zu vereinbaren ist, wird durch derlei Rituale verhüllt, mystifiziert.

Schließlich: Mit der Festsetzung des Traueraktes, mit den salbungsvollen Worten beim Abtritt, ging es Christian Wulff darum, seinem unfreiwilligen Rückzug aus Schloß Bellevue  historische Bedeutsamkeit zu verleihen. Was immer die Justiz an Wulffs kleinbürgerlich glamourösen Umgang mit der Macht befinden mag – wir notieren, daß Wulff mittlerweile die Schwiegermutter zur Entlastung aufbietet. Wir hören mit degoutiertem Interesse, daß ein neuer Staatsakt bevorsteht: die Verabschiedung Wulffs mit „Großem Zapfenstreich“. Darin immer noch zentral die preußisch-christliche Hymne: „Ich bete an die Macht der Liebe.“ Das ganze unter Nazi-verdächtigem Fackelschein – was, wenn dagegen die „Antifa“ mobil macht? „Imagine ….“

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