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Beate Klarsfeld: Gruß aus der Gruft

Beate Klarsfeld: Gruß aus der Gruft

Beate Klarsfeld: Gruß aus der Gruft

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Beate Klarsfeld
 

Gruß aus der Gruft

Die linke Bundespräsidentschaftskandidatin Beate Klarsfeld profitiert erneut von ihren Freunden aus der DDR. Ihre Beziehung in Frage zu stellen fällt der Ewiggestrigen nicht ein. Ein Kommentar von Karlheinz Weissmann.
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Beate Klarsfeld auf der Pressekonferenz zu ihrer Kandidatur: Eine Ewiggestrige ohne Einsicht Foto: Youtube/Linkspartei

Im Grunde ist alles gesagt, seitdem Henryk M. Broder aus dem Nähkästchen geplaudert hat: über seine Erstbegegnung mit Beate Klarsfeld, deren Egozentrik, die Bereitschaft, sich zu inszenieren und andere dazu zu nutzen, das Gespür für Public Relations und die Gier der Medien, verbunden mit einem moralischen Sendungsbewußtsein, das seinesgleichen sucht.

Tatsächlich ist „die Klarsfeld“ als Figur des öffentlichen Interesses nur aus der hysterischen Atmosphäre am Ende der sechziger Jahre zu erklären, als die ältere Generation noch resignierend versuchte zu erklären und die jungen schrecklichen Vereinfacher darangingen, die Geschichte als Waffe zu verwenden. Die berüchtigte Ohrfeige von Beate Klarsfeld für Kanzler Kiesinger auf dem CDU-Parteitag am 7. November 1968 paßte in die neuen Formen symbolischer Politik wie Sit-in oder Go-in, öffentliche Entblößung oder andere Varianten des „gezielten Regelverstoßes“.

Fünfzig rote Rosen für eine Ohrfeige

Wie jede symbolische Politik war auch diese nur wirkungsvoll, weil die Inszenierung auf Rezeptionsbereitschaft traf. Die populären Medien liebten den Skandal, die progressiven die Entlarvung, das breite Publikum wollte gekitzelt sein, die Intelligenz ihr Überlegenheitsgefühl bestätigt sehen. Heinrich Böll schickte Beate Klarsfeld am Tag nach der Ohrfeige fünfzig rote Rosen und steuerte ein Vorwort zu ihrem Büchlein „Die Geschichte des PG 2.633.930 Kiesinger“ bei, in dem die faktische Bedeutungslosigkeit Kiesingers als stellvertretender Leiter der Rundfunkpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes während der NS-Zeit umgedeutet wurde in die Aktivität eines ruchlosen Schreibtischtäters: ein „feiner Mann“, so Böll, der „alles mit Glacéhandschuhen“ anfaßte; „und so hinterließ er sehr wenig Fingerabdrücke“.

Angesichts dieser Mischung aus Verdacht und Suggestion waren alle Erklärungen von Kiesinger selbst (nach den Worten des Historikers Klaus Hildebrand ein Mann, der nur versucht hatte, „mit Anstand zu überleben“) oder seiner bürgerlichen Anhänger vergeblich, für die Siebenundsechziger und Achtundsechziger und die ganze Alterskohorte, die folgte, war und blieb er seit Klarsfeld „der Nazi“.

Klarsfeld und die DDR-Staatssicherheit

Natürlich gab es immer die Vermutung, daß hinter der gegen ihn gerichteten Kampagne – wie schon im Fall des Ministers Oberländer oder des Bundespräsidenten Lübke – „Pankow“ stecke, eine Annahme, die den Annehmer bei den tonangebenden Kreisen unbedingt in den Ruch kaltkriegerischer und reaktionärer, wenn nicht faschistischer Gesinnung brachte, oder einfach als lächerlich betrachtet wurde. Daß in der Vermutung mehr als ein Korn Wahrheit steckte, ließ sich erst nach dem Zusammenbruch der DDR eindeutig klären.

Schon Anfang der neunziger Jahre sagten ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit aus, daß Beate Klarsfeld ihr Material als „Kontaktfrau einer legalisierten Außenstelle des MfS“ bekommen habe. 2004 veröffentlichte Philipp Gassert eine Kiesinger-Biographie, in der diese Behauptung mit dem Hinweis auf Archivfunde untermauert wurde, aus denen hervorging, daß es seit dem Frühjahr 1968 Kontakte zwischen Beate Klarsfeld und dem „Büro Albert Norden“ gegeben hatte.

Norden war Mitglied des ZK sowie des Politbüros der SED und insbesondere für die agitatorische „Westarbeit“ zuständig, in deren Rahmen er gezielt Material zusammenstellen und notfalls fälschen ließ, um den „braunen“ Charakter der Bonner Republik nachzuweisen. Bei einem Treffen im Mai des Jahres übergab man Klarsfeld auch die Dokumente, die sie dann verwendete, um Kiesinger als „Kriegsverbrecher“ erscheinen zu lassen. Schließlich hat Hubertus Knabe, der beste Kenner der Materie, darauf hingewiesen, daß der Vorstoß von Klarsfeld eingeordnet werden müsse in den Rahmen einer Strategieänderung der DDR-Führung Mitte der sechziger Jahre.

Bis dahin hatte man eine Diffamierungskampagne gegen die SPD geplant, jetzt steuerte man um, mit dem Ziel, die Große Koalition zu beenden und einem ersten sozialdemokratischen Kanzler den Weg zur Macht zu bahnen. Ursache dafür war die Bereitschaft Willy Brandts, nach der Regierungsübernahme durch die Sozialdemokraten eine „Entspannungspolitik“ einzuleiten. Daher konzentrierten sich die Anstrengungen der Staatssicherheit nun auf den Sturz Kiesingers. Als Beate Klarsfeld den Kanzler ohrfeigte, hatte das MfS längst über schwedische und niederländische Zeitungen die Diffamierungskampagne gegen Kiesinger eingeleitet.

Eine Ewiggestrige zeigt keine Einsicht

Es ist bekannt, daß die Enthüllung dieser Vorgänge keinerlei Einsicht bei Beate Klarsfeld zur Folge hatte. In ermüdender Weise wiederholt sie ihre Anschuldigungen und hat auch keine Notwendigkeit gesehen, ihre Stasi-Kontakte in Frage zu stellen. Ob da das notorisch gute Gewissen der „Nazijägerin“ stärker ist oder die Solidarität aller Antifaschisten oder die Dummheit der „nützlichen Idiotin“, kann man schwer entscheiden.

Es ist angesichts dieser Verstocktheit jedenfalls unerheblich, ob sie „Kontaktperson“ des DDR-Geheimdienstes gewesen ist, so unerheblich wie der Protest des sächsischen Beauftragten für die Stasi-Unterlagen, Lutz Rathenow, unwirksam. Was hier geschieht, paßt ins Bild, hat mit der unbewältigten Vergangenheit der Linken Ost wie West zu tun und mit dem erwartbaren Schulterschluß zwischen einer Ewiggestrigen mit Ewiggestrigen.

JF 11/12

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