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Interview: „Alternative für die Unzufriedenen“

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Interview
 

„Alternative für die Unzufriedenen“

Am Sonntag tritt in Bremen die Formation „Bürger in Wut“ (BIW) an. Umfragen sehen die Wählerverinigung zwischen drei und fünf Prozent. Sollte der Einzug in die Bremer Bürgerschaft in Fraktionsstärke gelingen, plant BIW-Chef Jan Timke den bundesweiten Ausbau der „Wutbürger“.
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Jan Timke: Der Chef der „Bürger in Wut“ hofft am Sonntag in Fraktionsstärke in die Bremer Bürgerschaft einzuziehen Foto: BIW

Herr Timke, 5,5 Prozent für „Bürger in Wut“ (BIW). Ist das wirklich drin?

Timke: Ja, das ist tatsächlich möglich. Landesweit die Fünf-Prozent-Hürde überspringen und in Fraktionsstärke in die Bremische Bürgerschaft einziehen, das ist das Ziel von „Bürger in Wut“.

Die Zahl stammt aus einer Umfrage im Auftrag der „Bild“-Zeitung vom Dezember. Andere Erhebungen bestätigen diesen Trend allerdings nicht. 

Timke: Die letzte Umfrage von Infratest-Dimap sieht BIW bei drei Prozent. Vor vier Jahren haben wir landesweit nur 0,8 Prozent erreicht. Aber Infratest-Dimap hat auch ermittelt, daß sich acht Prozent der Bremer und achtzehn Prozent der Bremerhavener sehr gut vorstellen können, am Sonntag für „Bürger in Wut“ zu stimmen. In den anderen Umfragen sind BIW nicht gesondert abgefragt worden.

Dennoch: 2003 lag die Schill-Partei – Ihre Vorgänger-Formation – in den Umfragen auch recht gut, verfehlte am Wahlabend aber dann die fünf Prozent doch deutlich.  

Timke: Das Rennen ist offen, denn etwa die Hälfte der Wähler zeigt sich laut Umfragen noch unentschlossen. Wir haben unsere Wahlwerbung im Endspurt noch einmal verstärkt, und nach den jüngsten Auseinandersetzungen rivalisierender Rockerbanden in Bremen erleben wir ein stark gestiegenes Interesse der Bürger an BIW. Unser Wahlkampf-Slogan „Konsequent gegen Verbrechen“ trifft genau die aktuelle Stimmung.

„Bei uns gibt es keine Querelen und Affären“ 

Allerdings werden Sie vermutlich so oder so in der Bürgerschaft vertreten sein, dank einer Sonderregelung für Bremerhaven.

Timke: Davon ist auszugehen – das Land Bremen besteht ja aus den beiden Wahlbereichen Bremen und Bremerhaven. Für jeden dieser Wahlbereiche gilt eine eigene Fünf-Prozent-Sperrklausel. Ich rechne vor allem in Bremerhaven mit einem deutlichen Stimmenzuwachs, denn wir haben in der Seestadt gute Arbeit in der Stadtverordnetenversammlung geleistet, die auch von den Bürgern anerkannt wird. Und wir sind personell sehr viel besser aufgestellt als bei der letzten Wahl 2007. So treten wir diesmal allein in Bremerhaven mit 13 Kandidaten an, beim letztenmal waren es nur vier.

Egal aber ob Sie Ihr Wahlziel erreichen, auf jeden Fall wird BIW wohl der konservative „Stimmkönig“ des Superwahljahres 2011 werden. Was machen Sie besser als andere rechtsdemokratische Formationen?

Timke: Ich denke, hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle: „Bürger in Wut“ verfügt im Gegensatz zu vielen anderen Kleinparteien über glaubwürdiges, seriöses Personal und ein kompetentes Programm. Unsere Arbeit in den Parlamenten findet bei den Bürgern spürbar Anerkennung. Außerdem gibt es bei uns keine Querelen oder Affären.

„Der Begriff rechtspopulistisch ist negativ besetzt“

Dennoch ist es Ihnen nicht gelungen, eine stabile Basis für fünf Prozent in ganz Bremen aufzubauen. Warum nicht?

Timke: Das liegt vor allem an den begrenzten finanziellen Möglichkeiten. Wir erhalten keine Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung und sind deshalb allein auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen. Außerdem hatten wir  gegen viele Widerstände zu kämpfen.

So mußten Sie sich etwa nach der Wahl 2007 erst in die Bürgerschaft einklagen. 

Timke: Angeblich sollte uns am Wahlabend eine einzige Wählerstimme zum Einzug in den Bremer Landtag gefehlt haben – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Wir stellten dann aber erhebliche Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenauszählung fest und klagten deshalb gegen das Wahlergebnis. 2008 bekamen wir vor dem Staatsgerichtshof Bremen recht. Die Wahl mußte in einem Wahlbezirk wiederholt werden. Die umfangreiche Berichterstattung in der Presse erhöhte unsere Popularität beträchtlich, was sicherlich dazu beitrug, daß wir bei der Nachwahl mit einem Stimmenanteil von 28 Prozent nur knapp hinter der SPD auf dem zweiten Platz landeten! Schließlich wurde uns – 14 Monate nach Beginn der Legislaturperiode! – endlich unser Bürgerschaftsmandat zugestanden.

Sie wollen nicht als „rechtspopulistisch“ bezeichnet werden. Warum nicht? 

Timke: Weil die Bezeichnung „rechtspopulistisch“ in Deutschland eindeutig negativ konnotiert ist. Es handelt sich um einen linken Kampfbegriff, der von Antifa-Kreisen benutzt wird, um demokratisch-konservative Gruppierungen und Rechtsextremisten unter diesem Label in einen Topf werfen zu können. Wir werden uns deshalb gegen diese Einordnung auch in Zukunft zur Wehr setzen, was durchaus erfolgreich ist, wie unsere bisherigen Erfahrungen zeigen.

Wikipedia nennt Sie allerdings weiterhin so. 

Timke: Wir haben die Wikimedia Foundation dazu aufgefordert, den Eintrag zu „Bürger in Wut“, der nicht mit den Richtlinien und Grundsätzen des Portals zur Erarbeitung eines Lexikons konform geht, zu korrigieren. Wikimedia vertritt aber die Auffassung, für die Artikel bei Wikipedia keine inhaltliche Verantwortung zu tragen.

Klage gegen Wikimedia

Nun wollen Sie klagen.

Timke: Wir planen eine Klage gegen Wikimedia, weil diese Wikipedia regelmäßig als eine „Enzyklopädie“ bezeichnet, also als eine auf Fakten basierende Wissenssammlung. Tatsächlich handelt es sich, jedenfalls bei der deutschen Wikipedia, aber um ein Meinungsportal, was insbesondere bei Artikeln zu politischen und zeitgeschichtlichen Themen deutlich wird. Die sind zumeist unausgewogen und werden von linken Schreibern manipuliert. So auch der Eintrag zu „Bürger in Wut“, der von zahlreichen Administratoren und Stammautoren der Wikipedia regelrecht überwacht wird.

Jeder Versuch, den Eintrag den Regeln des Portals entsprechend zu ändern, wird sofort rückgängig gemacht. Administratoren sperren den Artikel mitunter wochenlang, um Nutzern eine Bearbeitung zu verwehren. Hier wird wirklich mit allen Tricks operiert. Natürlich ist das auch die Rache für unsere öffentliche Kritik an Wikipedia und die angedrohten rechtlichen Schritte gegen die Wikimedia als Portalbetreiberin.

Viele halten BIW für eine Bremer Regionalpartei, doch tatsächlich haben Sie, wie ein Blick auf Ihre Netzseite verrät, einen bundesweiten Anspruch, so ist etwa der Sitz der Partei Berlin. Ist dieser Anspruch in der Realität aber nicht schon längst illusorisch geworden?

Timke: Wir haben unsere politischen Aktivitäten in den letzten Jahren tatsächlich auf Bremen fokussiert, was nicht zuletzt unserer Arbeit im Landtag geschuldet ist. BIW ist, da haben Sie völlig recht, aber immer auch eine Vereinigung mit deutschlandweitem Anspruch gewesen, das zeigen unsere Verlautbarungen zu bundespolitischen Themen und unser umfangreiches Programm. Und an diesem Anspruch halten wir auch fest.

Aber ist das nicht inzwischen eine politische Lebenslüge? De facto sind Sie doch zu einer Bremer Regionalpartei geworden.

Timke: Das ist Teil unserer Strategie. Wir haben immer gesagt, daß wir erst einen Wahlerfolg in einem Stadtstaat brauchen, um das Medieninteresse auf uns zu ziehen. Danach soll dann der bundesweite Aufbau erfolgen.

In den Medien gilt Bremen als „Wahl ohne Musik“, da „keine Überraschungen“ zu erwarten seien. 

Timke: Das mag für die etablierten Parteien zutreffen: Die SPD sitzt in Bremen weiter fest im Sattel, während die sozialdemokratisierte CDU, die auf ein Bündnis mit den Grünen hinarbeitet, ihren Rückhalt in der Bevölkerung mehr und mehr verliert. Auch aus diesem Grund rechne ich mit einem sehr guten Ergebnis für „Bürger in Wut“, das am Wahlabend viele Beobachter überraschen wird. Die Wahl in Bremen könnte der Ausgangspunkt für die Entstehung einer neuen bürgerlich-konservativen Kraft in ganz Deutschland sein und ist schon deshalb von historischer Bedeutung.

Das ist doch noch völlig unrealistisch, BIW ist bisher eine reine Protestpartei.

Timke: Wir sind längst keine reine Protestgruppierung mehr, auch wenn unser Name das vermuten läßt. Wir haben etwa ein umfassendes und solides Konzept zur Zuwanderungs- und Integrationspolitik entwickelt und auch der Islamkritik widmet sich unser Programm, das überdies alle wichtigen Themenfelder abdeckt. Unser Slogan lautet folglich: „Protest mit Verstand!“

Für eine „neue bürgerlich-konservative Kraft in ganz Deutschland“, wie Sie sagen, brauchen Sie nicht nur über fünf Prozent der Stimmen, sondern über fünf Prozent Stammwählerschaft – das ist etwas ganz anderes.

Timke: Unser Potential liegt in Bremen bei immerhin fünf bis sechs Prozent. Durch umfangreiche Marketingmaßnahmen versuchen wir, diese Zielgruppe zu aktivieren. Das ist uns teilweise gelungen, wie zahlreiche Reaktionen auf unsere Wahlwerbung aus der Bremer Bevölkerung zeigen.

„Null-Toleranz“-Strategie in der Verbrechensbekämpfung

Was sind denn die Themen, mit denen Sie das erreichen möchten?

Timke: Unsere Schwerpunktthemen im Wahlkampf sind die Innere Sicherheit und die Bildungspolitik. Wir fordern eine „Null-Toleranz“-Strategie in der Verbrechensbekämpfung und sprechen uns gegen die Einheitsschule aus, mit der sich Bremen immer weiter ins bildungspolitische Abseits manövriert.

Die größte Resonanz erzielt BIW mit dem Kampf gegen kriminelle Familienclans.

Timke: In Bremen lebt ein Familienverband von 2.600 Mhallamiye-Kurden, von denen über 1.600 bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Einzelne Clan-Mitglieder haben über hundert Straftaten begangen und befinden sich dennoch auf freiem Fuß. Sie erwirtschaften allein mit Drogengeschäften geschätzte fünfzig Millionen Euro im Jahr. Gleichzeitig beziehen Angehörige dieser Großfamilien jährlich etwa zehn Millionen Euro staatlicher Transferleistungen.

Der Bremer Senat versucht das Problem herunterzuspielen, und selbst die CDU als größte Oppositionspartei hat dazu jahrelang geschwiegen. Erst nachdem wir das Thema durch diverse parlamentarische Anfragen auf die Agenda gesetzt hatten, reagierte die etablierte Politik. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, daß in Bremen eine konservative Kraft in der Bürgerschaft vertreten ist.

Der Wahlsieger am Sonntag wird allerdings wohl in jedem Fall Rot-Grün sein. Was kann BIW also überhaupt bewirken?

Timke: Sehr viel, weil wir über unsere Tätigkeit in den Parlamenten unsere Inhalte in die Öffentlichkeit transportieren können. Durch Anfragen und Anträge können wir so Themen auf die politische Tagesordnung setzen, die von den etablierten Parteien lieber unter den Teppich gekehrt werden. Ein Beispiel dafür habe ich eben genannt, die kriminellen Aktivitäten kurdisch-arabischer Großfamilien und der ihnen nahestehenden Rockergang „Mongols“ in Bremen.

„Die CDU ist zur reinen Machtpartei verkommen“

Spannend wird zudem, ob die FDP nach ihrem Neustart in Rostock nun wieder über fünf Prozent kommt und ob es den Grünen auch in Bremen gelingen wird, die CDU zu überrunden. Wäre eine Deklassierung der Bürgerlichen in Ihrem Interesse?

Timke: Die FDP liegt in den Umfragen bei drei Prozent und ist in den letzten Monaten nur durch Personalquerelen aufgefallen. Unter anderem hat der Fraktionsvorsitzende die Partei verlassen, sein Mandat aber mitgenommen. Ich denke nicht, daß sie den Sprung in den Landtag schafft. Die CDU ist unter Angela Merkel zu einer reinen Machtpartei verkommen, die keine Werte oder Prinzipien mehr hat. Das einzige Ziel der Union ist die Mitwirkung an der jeweiligen Regierungsbildung.

Nachdem die FDP in den Umfragen abgestürzt ist, versucht die CDU, sich bei den Grünen anzubiedern, um schwarz-grüne Koalitionen für die Zukunft vorzubereiten. Das ist der eigentliche Grund für die 180-Grad-Wende von Frau Merkel in der Energiepolitik. Und der Bremer CDU-Vorsitzende Thomas Röwekamp ist ein typischer Exponent dieser Richtung. Eine Wahlschlappe der Union am Sonntag, wie er sich in den Umfragen abzeichnet, wäre ein klares Signal, daß bürgerlich-konservative Wähler diesen opportunistischen Kurs nicht goutieren. Mit „Bürger in Wut“ haben diese Unzufriedenen allerdings eine wählbare Alternative auf ihrem Stimmzettel!

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Jan Timke ist Vorsitzender und Spitzenkandidat der bundesweiten konservativen Wählervereinigung „Bürger in Wut“ (BIW). Der ehemalige Bundespolizist und Personenschützer beim Bundeskriminalamt gründete 2002 den Bremer Landesverband der Partei Rechtsstaatlicher Offensive des Richters Ronald Schill, dessen Spitzenkandidat er wurde. Bei der Bürgerschaftswahl 2003 verfehlte man allerdings mit 4,4 Prozent den Einzug, die Partei zerfiel und Timke gründete 2004 die BIW (Logo rechts).

Zwar erzielte Timke bei der Bürgerschaftswahl 2007 landesweit nur noch 0,8 Prozent, im Sonderwahlbezirk Bremerhaven jedoch 4,99 Prozent. Wegen eklatanter Unregelmäßigkeiten focht Timke die Wahl gerichtlich an, tatsächlich mußte sie wiederholt werden und BIW holte in Bremerhaven 5,29 Prozent. Damit ist Timke seit 2008 Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Geboren wurde er 1971 in Hoya bei Nienburg an der Weser.

JF 21/11

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