Herr Yildiz, hat Deutschland mit dem „Bündnis für Frieden und Fairneß“ (BFF) seine erste Moslempartei?
Yildiz: Nein, richtig ist, es ist die erste Wählergemeinschaft Deutschlands, die von Muslimen gegründet wurde, denn „Moslempartei“ würde nahelegen, es handle sich um eine islamische Partei.
Oder wollen Sie nur nicht so erscheinen?
Yildiz: Erneut nein, islamische Partei würde bedeuten, wir machen Politik nur für Muslime, aber wir bieten Politik für alle an.
Wenn Sie keine Moslempartei sind und keine islamische Politik machen wollen, wozu dann überhaupt eine von Moslems gegründete Partei?
Yildiz: Weil auch Muslime am Meinungsbildungsprozeß partizipieren wollen, und eine Wählergemeinschaft hierzu das probate Mittel ist. Was uns zusätzlich von den anderen unterscheidet, ist das Thema Integration und Dialog. Da sind die übrigen Parteien, trotz vieler Worte über Integration, tatsächlich sehr schwach. Schon deshalb, weil sie nicht wirklich interkulturelle Kompetenzen haben. Wir dagegen sind überwiegend Menschen, die in zwei Kulturen aufgewachsen sind; das ermöglicht uns, eine ganz andere Politik zu machen. Und zwar weil wir die Belange mehrerer Seiten berücksichtigen können.
„Muslime müssen auch Verantwortung übernehmen“
Dann sind Sie aber doch eine „Moslempartei“, da Integration das Problem von Migranten, nicht das der Deutschen ist.
Yildiz: Moment, nicht nur Muslime sind Migranten. Aber genau das ist das Mißverständnis: Wenn man über „Integration“ spricht, denken alle, es ginge nur um die Migranten. Das stimmt nicht. Integration bedeutet ein Aufeinanderzubewegen von allen Seiten – auch die Mehrheitsgesellschaft muß sich auf die Minderheit zubewegen. Und mit Minderheit meine ich nicht unbedingt Muslime, sondern alle, die nicht in dieser Gesellschaft angekommen sind.
Nein, Sie artikulieren doch das Interesse einer Minderheit – das Sie nur so formulieren, als sei es das Bedürfnis der Gesamtgesellschaft.
Yildiz: Nein, dem widerspreche nun ich! Für konkrete Interessen der Muslime haben wir hier in Bonn den Rat der Muslime. Warum die Wählervereinigung BFF von Mitgliedern dieses Rats initiiert wurde, hängt damit zusammen, daß wir sagen, auch Muslime sind ein Teil dieser Gesellschaft und müssen auch Verantwortung für die Gesamtheit der Bürger übernehmen. Daher wollen wir ein Angebot für alle Bürger in dieser gesamtgesellschaftlichen Frage machen. Denn wir sind eine Schicksalsgemeinschaft. >>
<---newpage--->Islamische Verbände wie Milli Görüs haben Ihre Gründung kritisiert.
Yildiz: Mit einem haben diese recht, eine Moslempartei wäre kontraproduktiv für die Integration – zumal wir ja keine sind. Aber der Grund für die Kritik einiger islamischer Verbände ist ein anderer: Die Verbände, die uns kritisieren sehen ihre Felle davonschwimmen, denn sie haben es nie vermocht, eine gute Basisarbeit für alle Muslime in einer Kommune zu machen, sondern immer nur für ihre eigenen Mitglieder. Sie haben diesen Anspruch, die Muslime zu vertreten – aber in wie viele kommunale Strukturen von muslimischen Vereinigungen sind sie wirklich integriert? Diese Verbände vertreten sich nur selbst, der Rat der Muslime dagegen möchte alle unter ein Dach bringen. Das ist aber nicht die Sache des BFF.
Platz auch für „Rechtskonservative“
Wo würden Sie das BFF politisch positionieren?
Yildiz: Wir positionieren uns nicht ideologisch, also links, rechts oder Mitte, sondern bilden eine Schnittmenge.
Also darf es bei Ihnen auch Rechte geben?
Yildiz: Wenn Sie damit Rechtskonservative wie die CDU meinen, dann ja.
Sie werben auf einem Wahlplakat mit „Gib Rechts keine Chance!“
Yildiz: Wir meinen Rechtsextreme. Wenn sich nicht einmal die CDU daran stört, die den Kontext bei uns in Bonn kennt, ist doch klar, was gemeint ist.
Die Mehrheit der Deutschen ist gegen Einwanderung, Moscheebau und Kopftücher. Sind die damit gemeint?
Yildiz: Ob es die Mehrheit ist, wissen wir nicht. Aber das sind letztlich landes- und bundespolitische Fragen. Wie sollen wir als kommunale Wählervereinigung darüber entscheiden? Das sind Fragen, die gesamtgesellschaftlich diskutiert werden müssen.
Wenn Sie den Dialog suchen, müßten Sie dann nicht auf die Rechten zugehen, statt ihnen „keine Chance“ zu geben?
Yildiz: Ja, aber Voraussetzung ist, daß man sich nicht gegenseitig diffamiert, wie etwa durch Plakate mit durchgestrichenen Moscheen.
„Wir wollen nicht nur Vorzeigemuslime sein“
Oder mit Anti-Rechts-Motiven.
Yildiz: Nein, es geht um Rechtsextremismus – oder wollen Sie als Demokrat dem eine Chance geben?
Will das BFF auch zu Landes- und Bundestagswahlen antreten?
Yildiz: Daran denken wir noch nicht.
Könnten Sie es sich vorstellen?
Yildiz: Wichtig ist, erstmal in Bonn Erfolg zu haben.
Wenn Sie für Bonn die Notwendigkeit eines BFF sehen, dann für den Bund, wo die politischen Entscheidungen in puncto Integration fallen, doch allemal?
Yildiz: Was wir brauchen sind Parteien, die offen sind für alle, die nicht nur Vorzeigetürken oder Vorzeigemuslime etc. haben wollen. Vielleicht kann das BFF dazu beitragen, daß sich die Parteien in Berlin einmal Gedanken machen, uns in Zukunft dort abzuholen, wo wir sind. Dann hätten wir als BFF schon viel bewirkt.
Haluk Yildiz, 43, ist Unternehmensberater, Gründer und Vorsitzender der vom Rat der Muslime in Bonn gegründeten Wählervereinigung „Bündnis für Frieden und Fairness“ (BFF).