WARSCHAU. In Polen bleibt das Schächten weiterhin verboten. Das Parlament hat einen Gesetzesentwurf der Regierung abgelehnt, der eine Ausnahmeregelung für religiöse Schlachtvorschriften vorgesehen hätte. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums nannte das Verbot „völlig inakzeptabel“ und forderte das Parlament auf, die Entscheidung zu überdenken. Der polnische Oberrabbiner Michael Schudrich äußerte sich gegenüber der taz entsetzt: „Ich kann nicht Oberrabbiner sein in einem Land, das die Juden verachtet.“
Eine gesetzliche Regelung war nötig geworden, als das polnische Verfassungsgericht im November 2012 der Beschwerde von Tierschützern stattgab. Das Schlachten ohne Betäubung kann demnach nicht durch das Landwirtschaftsministerium auf einfachem Verordnungsweg erlaubt werden. Das polnische Tierschutzgesetz von 2002 steht über dieser Verordnung und könne daher nur durch Gesetz abgeändert werden, entschieden Polens oberste Richter damals.
Reaktionen „hysterisch und dumm“
Der Präsident des jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, äußerte sich in einer ersten Stellungnahme „ungeheuer enttäuscht“: „Diese Entscheidung ist ein Schlag in das Gesicht von Juden und Muslimen gleichermaßen.“ Schudrich gab sich überzeugt, die Abstimmungsniederlage des Regierungsentwurfes werde „in die Geschichte Polens eingehen, als der schlimmste Tag für die polnisch-jüdische Diaspora in den letzten 30 Jahren“. Falls man die Religionsfreiheit für die polnischen Juden und Moslems nicht wieder herstellen wird, droht der Oberrabbiner nun mit Rücktritt.
Der Vorsitzende der nationalkonservativen Partei „Recht und Freiheit“, Jaroslaw Kaczynski, zeigte sich dagegen über das Ergebnis der Abstimmung erfreut: „Gesiegt haben die anständigen Menschen.“ Der Abgeordnete der demokratischen Linken, Wlodzimierz Czarzasty, fertigte die jüdischen Proteste als „hysterisch und dumm“ ab. Der Gesetzesentwurf wurde von den Abgeordneten mit 222 zu 178 Stimmen abgelehnt. Damit ist Polen neben den Niederlanden eines der wenigen Länder in Europa, welches Schlachten und Ausbluten ohne Betäubung verbietet. (FA)