Was ist das eigentlich für ein merkwürdiges Land? In Kürze steht eine Wahl an, und niemand nimmt das Wort Steuersenkungen in den Mund. Noch nicht mal heute, am Steuerzahlertag. Kein Politiker weit und breit fordert eine umfassende Entlastung der Bürger. Warum?
Die Politiker aller Schattierungen trauen den Bürgern zu wenig zu. Sie vermuten, daß die meinungsbildenden Medien sie als Träumer, Spinner oder Lügner brandmarken, wenn sie eine Steuerreform befürworten, die diesen Namen verdient. Sie fürchten sich davor, Transferleistungen zu streichen, weil sie annehmen, daß die Bürger sie dafür abstrafen werden.
Die Politiker liegen falsch. Erst in der vergangenen Woche kam durch eine Studie heraus, daß Millionen von Deutschen keine Hartz-IV-Leistungen beantragen, obwohl sie könnten. Sie tun es nicht, weil sie nicht in die Mühlen des Wohlfahrtsstaates gelangen wollen. Sie ahnen, daß einmal Stütze, immer Stütze bedeutet – und liegen damit goldrichtig. Der Widerstand gegen den ausbeutenden Sozialstaat zieht sich durch alle Schichten unseres Volkes.
Die Politiker könnten es besser wissen. 2005 hat Paul Kirchhoff mit seinem Modell der Steuererklärung auf einem Bierdeckel viele Wähler elektrisiert. Vier Jahre später zog die FDP mit dem Schlachtruf „Wir wollen ein einfacheres, niedrigeres und gerechteres Steuersystem“ in die Bundestagswahl und erzielte ein Traumergebnis, übrigens auch unter Arbeitslosen.
Im Wahljahr 2013 ist Flaute an der Steuersenkungsfront. Die schwarz-gelbe Koalition hat kaum etwas in dieser Hinsicht vorzuweisen. (Bund der Steuerzahler: „Beim Thema Steuern hat die Koalition viel versprochen, aber wenig realisieren können.“) Und die rot-grünen Konkurrenten? Sie ergehen sich sogar in Steuererhöhungsphantasien.
Das Feld der Steuerpolitik wartet also darauf beackert zu werden: Millionen Deutsche haben es satt, Einkommenssteuer, Kapitalertragssteuer, Umsatzsteuer, Mineralölsteuer, EEG-Umlage, Sektsteuer, Tabaksteuer, Einfuhr-Umsatzsteuer, Versicherungssteuer, Grundsteuer, Grunderwerbsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, City-Tax, Erbschaftsteuer, KfZ-Steuer, Flugticket-Steuer sowie Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung, die in der Summe immer weiter steigen, zu bezahlen. Sie wollen Entlastung. Jetzt. Sie wollen, daß der Staat sich aus dem Leben der Bürger zurückzieht, statt immer neue Sozialleistungen zu erfinden.
Damit können Wahlen gewonnen werden. Das hat sich in der Vergangenheit gezeigt. Wann werden das die Politiker endlich begreifen?
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