„Alle lernen Deutsch!“ frohlockte Klaus-Dieter Lehmann allen Ernstes. In welchem Paralleluniversum lebt nur der Präsident des Goethe-Instituts, daß er sich zu einer solch hanebüchenen Aussage versteigt? Seiner Jubel-Mitteilung vom 13. Dezember folgten postwendend – nur einen Tag später! – die Zahlen des Statistischen Bundesamts, die schonungslos das Auseinanderklaffen von Wunsch und Wirklichkeit offenlegten.
Das Phantasiegebäude es Goethe-Präsidenten krachte unter der Wucht der nackten Zahlen in sich zusammen. Doch Lehmann ficht dieser eindeutige Beweis seines Scheiterns nicht an.
„German Bildung“ als „genuin deutscher Beitrag“
„Alle lernen Deutsch?“ Lehmanns Aussage bezog sich vor allem auf Südeuropa. Laut Statistischem Bundesamt ist dort allerdings die Zahl der Schüler, die Deutsch als Fremdsprache in allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II lernen, zwischen 2005 und 2010 etwa gleich geblieben, und zwar auf sehr niedrigem Niveau: In Italien liegt der Anteil bei sieben Prozent, in Griechenland bei drei Prozent, in Portugal bei zwei Prozent, und in Spanien lernen sage und schreibe ein Prozent der Schüler Deutsch.
Wenn Lehmann also davon schwärmt, daß die Nachfrage nach Deutschkursen in Spanien um rund 60 Prozent gestiegen sei, dann hört sich das zunächst nach viel an. Bei näherer Betrachtung ist erweist sich jedoch diese Steigerungsrate aufgrund der geringen Ausgangszahl als Potemkinsches Dorf. Vielleicht meint Lehmann diese statistische Augenwischerei, wenn er und sein Institut immer wieder das denglische Schlagwort von der „German Bildung“ im Munde führen?
„Alle lernen Deutsch“ – warum spricht das Goethe-Institut dann Denglisch? In einer Broschüre des Instituts heißt es erläuternd: „German Bildung ist ein genuin deutscher Beitrag zum interkulturellen Dialog.“ – Sollte es da nicht treffender „German Verar…ung“ oder „German Verblödung“ heißen?
Niedergang in den Niederlanden
„Alle lernen Deutsch?“ Für einige europäische Staaten gilt sogar, daß immer weniger Deutsch lernen. Besonders dramatisch ist die Entwicklung in den Niederlanden. Dort halbierte sich zwischen 2005 und 2010 der Anteil der Deutschschüler von 86 auf 44 Prozent. Auch in Dänemark brachen die Zahlen stark ein. Lernte 2005 noch jeder zweite Schüler Deutsch, ist es heute nur noch jeder Dritte. – Dies alles geschah in nur fünf Jahren, das muß man sich erst einmal vergegenwärtigen. Was hat das Goethe-Institut dagegen unternommen? Nichts! Statt dessen feiert es sich selbst und freut sich über zusätzliche acht Millionen Euro Steuergelder, die es in eine „Bildungsoffensive Deutsch“ steckte, die offenbar irgendwo in den Ardennen stehengeblieben sein muß.
Selbst in den baltischen und den ostmitteleuropäischen Staaten verlor die deutsche Sprache weiter an Boden. In Litauen sank der Anteil von 28 auf 17 Prozent, in Ungarn von 51 auf 45 Prozent, in Polen von 73 auf 52 Prozent, in der Tschechei von 72 auf 61 Prozent. All diese Zahlen sind kein Grund zum Jubeln. Doch Lehmann kratzt das nicht. Er jauchzt. Was für eine katastrophale Fehlbesetzung ist er doch!
Frauenrechte statt Deutschlernen
Dieser Niedergang des Deutschen als Fremdsprache in Europa liegt weniger daran, daß in den Ländern etwa keine Nachfrage mehr bestände. Vielmehr dürfte ein Grund auch in der verfehlten sprachpolitischen Ausrichtung der Bundesregierung im allgemeinen und des Goethe-Instituts im besonderen zu suchen sein. Statt überall genügend Sprachkurse und Deutschlehrer bereitzustellen, setzt das Institut auf die besserwisserische Belehrung anderer Völker, die es mit westlichen Vorstellungen traktieren will. Gutmenschenthemen wie „Frauenrechte und Umweltverschmutzung“ und „Hilfe beim Aufbau von zivilgesellschaftlichen Strukturen in Nahost“ stehen im Vordergrund. Das Institut bezeichnet sich selbst großspurig als „Global Player in einer vernetzten Welt“. Deutschkurse bleiben in einer solchen Ideologie zweitrangig.
„Alle lernen Deutsch?“ Wenigstens auf ein Land trifft Lehmanns Behauptung zu: Dort ist die Zahl der Deutschlerner tatsächlich auf sage und schreibe 100 Prozent gestiegen. Dieses Land heißt – Luxemburg.