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Der Noteingang zum Konformismus

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Der Noteingang zum Konformismus

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Menschen, denen es an Selbstbewußtsein mangelt, fühlen sich nur in der Gruppe wohl. Wer sich so kleidet, wer so redet und denkt wie sein Nachbar, der kann durch die Masse sein eigenes Minderwertigkeitsgefühl kompensieren. Dann ist er stark, klug und rechtschaffen, jedenfalls kann er sich in der Masse so fühlen. Gewiß ist, daß es solche Menschen schon immer in großer Zahl gab. Ebenso gewiß ist auch, daß diese für den Fortgang der Menschheitsentwicklung bedeutungslos sind.

Denn solche Menschen werden ganz einfach noch der dümmlichsten Mode hinterherlaufen, solange man damit nur der Masse folgt, ein Teil von ihr sein darf. Ein gutes Beispiel für dieses Verhalten stellt die Aktion Noteingang dar: kleine Aufkleber, die der rechtschaffene Bürger von heute an seinen Eingang pappt um zu zeigen, daß er dazugehört: „Wir bieten Schutz vor rassistischen Übergriffen!“ Das klingt gut, gegen Rassismus und Nazis und so. Interessant, wo diese Schilder schon überall kleben.

Immerhin, gegenüber dem rechtschaffenen Bürger von gestern mit dessen Schildern „Hier haben Juden keinen Zutritt“ – gegen Weltjudentum und Unterdrückung und so – schon ein gewisser Kulturfortschritt. Wobei natürlich nur ein Narr glauben würde, daß sich die Schildträger von heute und gestern irgendwie unterscheiden. Das Material, mit dem sie ihre Bedeutungslosigkeit kompensieren, ist nur weniger aggressiv geworden. In Sachen Dümmlichkeit stehen sie aber jenen in nichts nach.

Absurdes Szenario als Ausgangspunkt

Ich stelle mir das gerne bildhaft vor. Also da werde ich von ein, zwei Dutzend Neonazis gejagt. Verzweifelt renne ich die Straße entlang, rüttele vergeblich an verschlossenen Türen und Fensterläden. Doch da, am Ende der Straße, leuchtet mir der rettende Hinweis entgegen. Ich stürme hinein, schlage die Tür hinter mir zu, und zwei Dutzend Neonazis drücken sich die Nasen platt. Oder wie soll ich mir das vorstellen? Bemerkenswert dämlich, das alles.

Abgesehen davon, daß die letzten weißbeschnürsenkelten Springerstiefel, denen ich begegnete, mehr an einem Kasten Bier als an mir interessiert waren – den haben sie allerdings in der Tat fertiggemacht – aber nehmen wir an, solche Hetzjagden würden tatsächlich zahlreich und nicht hauptsächlich in der Phantasie der besonders rechtschaffenen Bürger stattfinden, was würde sich ändern? Natürlich nichts. Jeder ist mir sowieso zur Hilfestellung verpflichtet, solange er sich nicht selbst gefährdet.

Aber dieser kleine Aufkleber ist nicht bloß überflüssig, er ist ganz einfach im Sozialen ein nicht zu unterschätzender Schädling. In der Psychologie spricht man von einer Assoziation. Die Sätze „Denk positiv“ und „Denk nicht negativ“ besitzen zwar den gleichen Inhalt, wirken aber unterschiedlich auf das Gemüt. Denn „nicht“ ist ein abstrakter Junktor, wohingegen die Wörter „positiv“ oder „negativ“ entsprechende Gefühlsketten auslösen können. Das hat eine größere Bedeutung, als man denkt.

Sozial schädliche Assoziationsketten

Man stelle sich nur einen Spaziergang im Park vor und dann den gleichen Spaziergang noch einmal mit den Hinweisschildern: „Dieser Park ist absolut frei von Antipersonenminen.“ Obwohl die Aussage der Schilder wahr ist und die einzigen „Tretminen“, die einen gefährden könnten, herumliegender Hundekot ist, dürfte der Spaziergang jetzt weniger entspannend sein. Was heißt das? Wurden hier schon mal Minen gefunden? Gibt es hier noch andere gefährliche Dinge außer Antipersonenminen?

Manche Menschen laufen noch mit einem wachen Bewußtsein herum. So beispielsweise der Ordnungsdezernent im Jerichower Land, Lutz-Georg Berkling, der die albernen Aufkleber  untersagte. Immerhin hatten diese schon zu Warnungen amerikanischer Reiseveranstalter vor der gewalttätigen Bevölkerung geführt. Vor der hierzulande grassierenden Dämlichkeit wäre wohl angebrachter gewesen. Als Paradebeispiel kann der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), gelten, der als Reaktion seinen Amtssitz bekleben will.

Das Innenministerium! Eine Sicherheitszone! Wie viele „Hetzjagden“ mag es in dieser Gegend schon gegeben haben? Oder heißt das jetzt vielleicht, daß derjenige, der sich wieder einmal von der rassistischen deutschen Justiz verfolgt fühlt, mit ihren ganzen ungerechten Gesetzen, die einen darin behindern, so ein richtiger frommer Moslem zu sein, daß derjenige dann seinen Laster voller Sprengstoff bei Hövelmann parken darf? Dann habe ich der Aktion Noteingang allerdings unrecht getan.

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