BERLIN. Die Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Lukrezia „Luc“ Jochimsen wird am 30. Juni für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren. Dies gab ihre Partei am Dienstag in Berlin bekannt.
Die ehemalige Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks sitzt seit 2005 für die PDS beziehungsweise Linkspartei im Bundestag und ist kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
Die beiden Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst hatten zunächst für einen parteiübergreifenden, unabhängigen Kandidaten plädiert, der Weisheit mitbringe und in der Lage sei, „auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen“.
„Kind der amerikanischen Reeducation“
Die Nominierung einer Person aus der aktiven Politik heraus sei „tendenziell nicht geeignet“, diese Anforderung zu erfüllen, äußerten Lötzsch und Ernst noch vergangene Woche.
Bei ihrer Vorstellung sagte Jochimsen, sie stehe als Kandidatin für drei Dinge: Als „Friedensstifterin“, die sich für eine friedlichere Gesellschaft, nach innen und nach außen, engagiere; als „Vereinigerin“ von Ost und West, die sich darum bemühe, daß die Vereinigung auch im Bewußtsein der Menschen stattfinde und dadurch etwas Besseres entstehe; und als „Schrimherrin“ für die Schwachen und Benachteiligten. Denn diese bedürften gerade angesichts des Sparvorhabens der Bundesregierung Schutz.
„Ich bin ein Kind der amerikanischen Reeducation“, meinte Jochimsen bezüglich ihrer Biographie. Den Frieden bezeichnete die 74jährige als ihr „Lebensthema“. Weil sie auch den Nationalsozialismus noch erlebt habe, der „so unvergleichlich“ sei, werde es mit ihr kein Gespräch über „eine erste und eine zweite Diktatur geben“, betonte die Kandidatin.
„Anwalt des Volkes“
Parteichef Ernst kritisierte SPD und Grüne dafür, daß sie die Nominierung ihres gemeinsamen Kandidaten nicht mit seiner Partei abgestimmt hätten. Joachim Gauck „mag früher sicher seine Verdienste gehabt“ haben, er sei jedoch in seinen Äußerungen eher rückwärtsgewandt.
Ernst vermißte beispielsweise Aussagen Gaucks zu den Hartz-Gesetzen. Die Linkspartei habe daher eine eigene Kandidatin nominiert, weil ein „Anwalt des Volkes“ als Alternative zum „Neoliberalen“ Wulff nötig sei, so Ernst.
Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) nannte die Nominierung von Jochimsen einen „Griff in die Mottenkiste der West-Linken“. Die Kandidatin lasse jedes Geschichtsbewußtsein vermissen.
„Fehlende Eignung für das höchste Staatsamt“
„Wer wie Frau Jochimsen die Regelüberprüfung im öffentlichen Dienst abschaffen will und die Stasi-Spitzel im Brandenburger Landtag verteidigt, beweist seine fehlende Eignung für das höchste Staatsamt“, kritisierte der stellvertretende VOS-Vorsitzende Hugo Diederich.
Sie stehe daher nicht für jene Überparteilichkeit, die für das Amt unverzichtbar sei. Vielmehr versuche „die einst respektierte Fernsehjournalistin, mit der üppigen ARD-Pension in der Tasche die SED-Nachfolgepartei salonfähig zu machen“, so Diederich.
In der kommenden Bundesversammlung stellt die Linkspartei 124 oder 125 von insgesamt 1244 Wahlleuten. (vo/krk)