BERLIN. Der Publizist Henryk M. Broder hat das Ergebnis der Volksabstimmung über ein Minarettverbot in der Schweiz als Votum gegen die „Appeaser“ in Politik und Medien bewertet.
Die Eidgenossen seien „die erste europäische Nation, die sich in einer freien Abstimmung gegen die Islamisierung ihres Landes entschieden hat“, so Broder in einem Kommentar für die Internetseite der Welt.
Nicht die Moslems, die niemand in der Schweiz daran hindere, ihre Religion zu praktizieren, seien die Verlierer des Plebiszits, „es sind die Gutmenschen, die eine andere Kultur immer verteidigenswerter finden als die eigene, die Trittbrettfahrer, die schon immer für totalitäre Versuchungen anfällig waren“, findet Broder.
Strache: Vorbild für Österreich
Als „hocherfreulich” hat der Vorsitzende der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Heinz Christian Strache, den Ausgang der Abstimmung bewertet. Dies sei umso bemerkenswerter, weil man im Vorfeld versucht hatte, der Initiative alle möglichen Hindernisse bis hin zu einem Plakat- und Inseratverbot in den Weg zu legen, heißt es in einer Pressemitteilung der FPÖ.
Die Schweizer hätten damit ein klares Zeichen gegen den radikalen Islamismus gesetzt, das nicht mehr weggeredet werden könne. „Unser christlich-abendländisches Erbe muß bewahrt und fortgeführt werden“, betonte Strache. Die FPÖ werde daher auch weiterhin gegen den Bau von Minaretten in Österreich eintreten.
Laschet: Zum Glück keine Volksentscheide in Deutschland
Das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmung hat auch unter Politikern in Deutschland unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Kritik übte etwa der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU). Zu einer Religion gehöre, daß sie Gotteshäuser baue, und über Religionen könne man nicht abstimmen lassen, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.
Laschet fügte hinzu, daß es in Deutschland glücklicherweise keine Volksabstimmungen gebe, da durch sie komplexe Probleme zu sehr vereinfacht würden.
Bosbach: Sorgen vor Islamisierung ernst nehmen
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), warnte davor, das Abstimmungsergebnis der Schweizer hochmütig zu kritisieren. „Das geht nach hinten los“, so Bosbach im Hamburger Abendblatt. Seiner Meinung nach gebe es schon seit vielen Jahren „eine deutliche Diskrepanz zwischen der veröffentlichten Meinung und der öffentlichen Meinung“.
Während in den allermeisten Kommentaren für Verständnis und Toleranz geworben werde, „haben viele Menschen die Sorge vor einer Islamisierung auch in unserem Land“, sagte der CDU-Abgeordnete. Mit Verweis auf die Debatten um die Moschee-Neubauten in Duisburg-Marxloh und Köln-Ehrenfeld plädierte er für eine offene Auseinandersetzung. Das deutsche Baurecht gebe genügend Möglichkeiten, um zu einem vernünftigen Interessenausgleich zu kommen.
Entscheidung in Deutschland „nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“
Bosbachs Vorgänger als Vorsitzender des Innenausschusses, der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy, bezeichnete die Entscheidung der Schweizer gegenüber der Berliner Zeitung dagegen als sehr problematisch. Wer Religionsfreiheit garantiere, müsse den Anhängern verschiedener Religionen auch die Möglichkeit geben, Gotteshäuser zu bauen. Seiner Ansicht nach wäre eine Entscheidung wie in der Schweiz in Deutschland nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, bezeichnete das Ergebnis des Referendums als „sehr bedauerlich“. Zu einer Moschee gehöre ein Minarett, so Kolat. Über ein Grundrecht wie die Religionsfreiheit solle zudem nicht abgestimmt werden dürfen.
57 Prozent für die Volksinitiative
Die Schweizer hatten sich am Sonntag für das Verbot des Neubaus von Minaretten in ihrem Land ausgesprochen. Laut dem Endergebnis stimmten mehr als 57 Prozent der Eidgenossen für die Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“.
Vor der Abstimmung hatten Umfragen noch auf eine Niederlage der Minarettgegner hingedeutet. Die Abstimmung war von der konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Eidgenössische Demokratische Union (EDU) initiiert worden. Vertreter der rund 400.000 Muslime in der Schweiz kritisierten das Ergebnis der Volksbefragung, an der sich 54 Prozent der Abstimmungsberechtigten beteiligt hatten.
Vor allem in der deutschsprachigen Schweiz haben die Bürger offenbar für das Bauverbot gestimmt. Im Kanton Appenzell-Innerrhoden befürworteten über 70 Prozent der Wähler ein Verbot von Minaretten. Die Gegner des Minarettverbots konnten dagegen im Kanton Genf mit rund 60 Prozent Nein-Stimmen einen klaren Erfolg verbuchen. (ms/vo)
> Interview mit dem Initiator der Minarettverbots-Initiative