Bahnt sich unter der schwarz-gelben Koalition eine Richtungsänderung bei der Förderung von Projekten gegen politischen Extremismus an? Können künftig auch Einrichtungen, die sich gegen Linksextremismus engagieren, auf eine finanzielle Unterstützung hoffen statt wie bislang lediglich Vereine und Gruppen, die sich im weitesten Sinne dem „Kampf gegen Rechts“ widmen? Diese Fragen werden zur Zeit von den bislang geförderten Institutionen intensiv diskutiert. Dahinter steht die Angst, künftig mit weniger Geld auskommen zu müssen oder sogar leer auszugehen.
Im Oktober 2000 hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nach einem Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge, der zunächst fälschlicherweise Rechtsextremisten zugeschrieben worden war, zum „Aufstand der Anständigen“ aufgerufen – verbunden mit großzügigen finanziellen Zuwendungen für private Initiativen. Allein zwischen 2001 und Ende 2006 wurden auf diese Weise 192 Millionen Euro für die drei Programme „Civitas“, „Entimon“ und „Xenos“ ausgegeben.
Rund 5.000 Projekte wurden gefördert. Auf Kritik stieß, daß nicht wenige sogenannte „antifaschistische“ Organisationen und andere Verbände Unterstützungen erhielten, die eine Nähe zum Linksextremismus aufwiesen. Generell mangelte es an Kontrollen über die fachliche Kompetenz der geförderten Institutionen. Zudem kritisierte der Bundesrechnungshof bereits 2003, daß viele Projekte gegen Rechtsextremismus schlichtweg ineffektiv seien.
Mehr Geld von der Großen Koalition
Kosten und Nutzen stünden in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander, des weiteren seien die genauen Kriterien, nach denen die Vergabe der Gelder an einzelne Träger erfolgte, wenig transparent gewesen. Nach der Bildung der Großen Koalition im Herbst 2005 bangten daher viele der staatlich alimentierten Organisationen um ihre Fördermittel, da die Unionsparteien eine genauere Prüfung der Vergabepraxis angekündigt hatten. Zudem konnte die CDU im Koalitionsprogramm durchsetzen, daß künftig neben Projekten gegen Rechtsextremismus auch Initiativen gegen Linksextremismus und politischen Islamismus gefördert werden sollten.
Doch dies wurde nicht in die Praxis umgesetzt. Statt dessen setzte die SPD durch, daß für das neue Programm „Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ die bisherige Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus durch das Familienministerium von 19 auf 24 Millionen Euro pro Jahr sogar noch erhöht wurde. Dabei war ursprünglich die Förderung durch den Bund nur für fünf Jahre geplant.
Doch trotz dieser umfangreichen Zugeständnisse erntete die Union Kritik. Denn für viele Fördermittelempfänger war es lästig, daß sie ihre Projekte nicht mehr wie zuvor direkt beantragen konnten, sondern nunmehr die Zustimmung der jeweiligen Kommune benötigten. Viele Kommunen seien selbst „Teil des Problems“, schrieb damals Anetta Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung, da diese häufig rechtsextreme Übergriffe vor Ort leugneten beziehungsweise verharmlosten und zudem nur über „wenig eigenes Problembewußtsein“ in dieser Frage verfügten.
SPD wünscht sich eine Stiftung
Nun stellt sich dem neuen Bundestag die Frage nach den künftigen Richtlinien zur Förderung derartiger Projekte, da das jetzige Programm im kommenden Jahr auslaufen wird. Aus diesem Grund wurde bereits vor der Wahl von seiten der SPD, der Grünen sowie der Linkspartei nicht nur für eine Fortsetzung, sondern auch für einen weiteren Ausbau der bisherigen staatlichen Förderpraxis gegen Rechts geworben. So machte erst vor wenigen Wochen der scheidende Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) den Vorschlag, eine Bundesstiftung „gegen Rechts“ einzurichten. Zudem forderte Tiefensee, die Mittel von bislang 24 auf 30 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen. Tatsächlich erscheint eine solche Regelung nicht ausgeschlossen, da auch ein Teil der Christdemokraten solchen Vorschlägen keineswegs abgeneigt ist.
Dennoch formiert sich bei den Betroffenen Widerstand gegen eine mögliche Ausdehnung der Förderung auf Projekte gegen den Linksextremismus. So warnt etwa Kahane im aktuellen Infobrief der Amadeu-Antonio-Stiftung eindringlich davor, etwas an der bisherigen Praxis zu verändern. „Nur weil einst Rot-Grün Programme gegen Rechtsextremismus entwickelt hat, jetzt das Gegenteil tun und dem blöden Rechts-Links-Reflex folgend deshalb Programme gegen Linksextremismus auflegen? Obwohl das gewiß nicht besonders schlau wäre, ist es dennoch denkbar, denn in beiden der nun regierenden Parteien gibt es entsprechende Strömungen“, sagte Kahane.