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Die Angst vor der Flagge mit den Sternen

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Die Angst vor der Flagge mit den Sternen

 

Die Angst vor der Flagge mit den Sternen

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Ich hab Angst vor dem Vertrag von Lissabon / vor der neuen EU und vor Bertelsmann / Ich fürchte mich vor der Flagge mit den Sternen / vor ’nem Europa übermächtiger Konzerne!“, lautstark dröhnt das Lied „Angst vor Lissabon“ durch die Straßen. Der Polit-Rapper „Die Bandbreite“ heizt Deutschlands zentraler Anti-Lissabon-Demonstration am vergangenen Samstag in Berlin – wenige Tage vor der Abstimmung über die Begleitgesetze – mächtig ein.

Als die Bässe verklingen, greift Sandra Müller zum Megaphon: „Wir fordern eine Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag!“ Die 27 Jahre alte Berliner Studentin und Organisatorin der Demo ist entschlossen: Sie will Lissabon in letzter Minute verhindern. Wie ist ihr allerdings auch nicht ganz klar, denn schon am Dienstag darauf beschließt der Bundestag die neuen Begleitgesetze. So wehrt sie die Frage nach weiteren juristischen Schritten ab. Statt dessen steigt die schlanke Frau mit dem ernsten, feingeschnittenen Gesicht wieder auf den Lautsprecherwagen, der den Demonstrationszug anführt, streicht sich die dunklen Strähnen aus der Stirn und hebt erneut das Megaphon: Am liebsten würde Müller einfach das Volk gegen Lissabon führen.

Das allerdings strömt nicht gerade zahlreich. Dennoch: „Tausend Teilnehmer“, verkündet sie stolz, „ein voller Erfolg!“ Am nächsten Tag wird die Polizei von 350 sprechen – die Wahrheit liegt, wie man an diesem Nachmittag selbst sehen kann, irgendwo dazwischen. Dennoch, in einem Land, in dem kaum eine Anti-Lissabon-Bewegung existiert, ist selbst diese Demonstration ein Erfolg.

Wochenlang hatten Müller und ihre „Bürgerinitiative für eine Volksabstimmung über den EU-Vertrag“ ( www.eu-vertrag-stoppen.de ) für die Demonstration getrommelt (JF 36/09). Prominentester Mitstreiter an Müllers Seite ist der linke Publizist Jürgen Elsässer mit seiner „Volksinitiative gegen das Finanzkapital“ ( www.volks-initiative.info ), die mit ihrem Ziel einer „Volksfront von Lafontaine bis Gauweiler“ bereits für Furore gesorgt hat. Entsprechende Überlegungen hat offenbar auch Müllers Bürgerinitiative angestellt, hatte man doch beschlossen, auch Deutschlandfahnen zur Veranstaltung zuzulassen.

Die will dann aber doch niemand mitbringen. Zwar sind etliche rechte beziehungsweise konservative Aktivisten zu sehen, die ziehen es aber vor, inkognito zu bleiben. Gegenüber der JF verbirgt Müller ihre Erleichterung darüber nicht: So bleiben ihr Disharmonien im Demonstrationszug erspart. Aber was denken die Teilnehmer? Viele äußern sich wie der 25 Jahre alte Student Felix: „Bis CDU/CSU wäre eine Beteiligung okay, weiter rechts ein Problem.“ Und Deutschlandfahnen? „Warum nicht?“ Immerhin.  

Die meisten interessiert die Rechts-Links-Frage allerdings wenig. Neben ödp, Tierschutzpartei und der unvermeidlichen „ Bürgerrechtsbewegung Solidarität“ sind die meisten Teilnehmer per Internet mobilisiert worden– vor allem über die Plattform www.schallundrauch.info (JF 29/09). Gerade das Thema Lissabon, das bei keiner Partei beheimatet ist – die Linkspartei glänzt durch Abwesenheit – zeigt erneut die wachsende Bedeutung der Internet-Opposition. Sandra Müller aber will den digitalen Protest analog machen: Im Netz wirbt ihre Initiative schon für den nächsten Termin: „Wir suchen noch Mitstreiter, ab 20. September sind wir in Irland, um die Anti-Lissabon-Kampagne dort zu unterstützen, denn am 2. Oktober tut das irische Volk, was wir Deutschen nicht dürfen: Abstimmen und selbst entscheiden!“

Foto: Anti-Lissabon-Demonstration: Volksabstimmung gefordert

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