Unser vermeintlich objektives Geschichtsbild steht – aller Ideologie entkleidet – am Ende für eine nackte Erkenntnis: daß letztlich auch wir nur eine „gedeutete“ Geschichte besitzen. Darin unterscheidet sich die jüngste Vergangenheit kaum von jenen Prozessen historischer Einbildungskraft im 19. Jahrhundert, die der amerikanische Historiker Hayden White in seiner „Metahistory“, einem Standardwerk der Postmoderne, einst rekapituliert hatte. Gleichwohl können wir uns der realen Geschichte nähern, indem wir uns einzelnen, persönlichen Geschichten widmen. Dies gilt gerade für die fünfteilige Dokumentation „Als der Ostblock Geschichte wurde“: Darin treten jene Protagonisten vor die Kamera, die in maßgeblicher Weise am Gang der Geschichte beteiligt waren, aber bis heute im europäischen Gedächtnis des Jahres 1989 keinen wirklichen Platz haben.
In der ersten Doppelfolge am 6. Mai sehen wir in dem Beitrag „UdSSR – Der Fotograf der Perestroika“ bisher unveröffentlichtes Archivmaterial des Gorbatschow-Fotografen Alexander Tschumitschow. Zudem äußert sich der einstige Kolchos-Vorsitzende Wassili Gorin, der auf dem 27. Parteitag der KPdSU 1986 das Sowjetsystem öffentlich kritisiert hatten, sich aber bis heute mit dem Verlust der Sowjetunion nicht abfinden können. Der nachfolgende Beitrag (21.55 Uhr) schildert die Verfolgung von „Solidarnosc“-Aktivisten wie der Straßenbahnfahrerin Henryka Krzywonos. Ferner berichten Walburga von Habsburg Douglas (Foto) von der Paneuropa-Union sowie der ehemalige Grenzoffizier Árpád Bella über den Fall des Eisernen Vorhangs in Ungarn (13. Mai, 21 Uhr). Die Folge am 20. Mai (21.50 Uhr) beleuchtet schließlich die blutige Nacht zum 13. Januar 1991 in Vilnius, als die Sowjetunion mit Militär gegen die friedliche litauische Unabhängigkeitsbewegung vorging und die 23jährige Loreta Asanaviciuté von den Ketten eines Sowjet-Panzers zermalmt wurde.