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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Jahr der Gedenktage

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Das neue Jahr beschert uns eine Reihe von Jubiläen. Da es sich inzwischen eingebürgert hat, daß auch schon 15 Jahre einen „historischen Hauch“ erhalten – das Erinnern an den 15. Jahretag des Mauerfalls am 9. November des abgelaufenen Jahres gab dafür ein Beispiel -, kommen wir wohl 2005 um Rückblicke auf die erste und einzige freie Wahl in der DDR am 18. März nicht herum, ebensowenig um den 1. Juli mit dem Beginn der (gesamt)-deutschen Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, die Wiedervereinigung am 3. Oktober und die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl am 2. Dezember 1990. Wahrscheinlich werden auch die Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen und der danach benannte Vertrag entsprechende Würdigungen erhalten. Es wird interessant sein, wie schnell Geschichte verklärt, verdreht, umgedeutet oder was auch immer wird, die wir alle miterlebt und daher noch in wacher Erinnerung haben. Daneben gibt es aber natürlich die tatsächlich schon historischen Jahrestage. Und da werden vor allem die Sechzigsten herausragen. Das beginnt schon Ende des Monats mit der Wiederkehr des Tags der Befreiung des berüchtigten Vernichtungslagers Auschwitz im Januar 1945. Der 27. Januar ist inzwischen nationaler Gedenktag an die Opfer von politischer Verfolgung. Größere Beachtung wird der 8. Mai erhalten, der Tag, an dem 1945 die Deutsche Wehrmacht bedingungslos kapituliert hatte. Das Datum ist zwiespältig. Denn eigentlich müßte es der 7. Mai sein. An diesem Tag war nämlich im französischen Reims die Kapitulationsurkunde unterschrieben und damit der Krieg schon beendet gewesen. Weil dieser Vorgang aber ohne die Anwesenheit der Russen erfolgt war, mußte er einen Tag später in Berlin-Karlshorst wiederholt werden: ein Zugeständnis an Stalin, mit dem schon der Grundstein für die sowjetische Deutung des 8. Mai als „Tag der Befreiung vom Faschismus“ gelegt wurde. Der deutsche Bundeskanzler Schröder wird diesen Tag entsprechend dieser Deutung mit seinem Freund Putin in Moskau – ja, was nun: begehen, feiern, würdigen? Wir werden es beobachten. Im Juli/August ist dann auch der 60. Jahrestag der Potsdamer Konferenz. Da sollte vor allem nicht vergessen werden, daß ihr Verhandlungsgegenstand das „Deutsche Reich in den Grenzen vom 31.12.1937“ gewesen war. Nach Potsdam hat es nie wieder eine alliierte Konferenz über Deutschland gegeben, die zu einvernehmlichen Regelungen über das hinaus gekommen war, was das „Potsdamer Protokoll“ (ein Vertrag war es nämlich nicht) festgehalten hatte. An seiner willkürlichen Auslegung, insbesondere durch die Sowjetunion Stalins, zerbrach schon 1946/47 die sogenannte Anti-Hitler-Koalition, der fast fünfundvierzigjährige Kalte Krieg begann. Im Herbst sollte auch an die sechzig Jahre des Beginns der großen Vertreibungen aus den deutschen Ostprovinzen und der Tschechoslowakei erinnert werden sowie an jene, die Polen und andere Osteuropäer betrafen, die Stalins neuer „Ordnungspolitik“ in Europa zum Opfer fielen. Zu dieser Zeit begann auch die sogenannte „Bodenreform“ in der damaligen Sowjetzone sowie die Enteignungen der wichtigsten Industrieunternehmen. Wer dies alles unvoreingenommen und ohne ideologische Scheuklappen Revue passieren läßt, wird das Jahr 1945 nicht generell als das einer „Befreiung“ würdigen können. Wir sollten auf einiges gefaßt sein.

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