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Reiner Aktionismus

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Der künftige Umgang mit der NPD war das Hauptthema der zweitägigen Innenministerkonferenz in Berlin. Die SPD hatte vor einigen Monaten eine Debatte über einen neuen Verbotsantrag gestartet, der von der Union abgelehnt wird. Offensichtlich wollten sich die Innenminister aller Parteien im Kampf gegen Rechts keine Tatenlosigkeit vorwerfen lassen, so daß es zu Beschlüssen kam, die zwar die Schlagzeilen beherrschten, aber wohl kaum praktische Bedeutung erlangen werden. Die Innenminister von Bund und Ländern wollen zukünftig den NPD-nahen Stiftungen und Vereinen den Geldhahn zudrehen, hieß es von der Innenministerkonferenz aus Berlin. Vereine und Stiftungen mit verfassungsfeindlichen Zielen sollen zukünftig nicht öffentlich gefördert werden. So soll rechten Vereinen die Anerkennung der Gemeinnützigkeit verwehrt werden, damit Spenden an solche Vereine nicht steuerlich absetzbar sind. Rechte Stiftungen sollen nicht mehr über die Landeshaushalte finanziell gefördert werden. Da fragt man sich nur, warum dies nicht schon früher geschehen ist. Müssen sich da die Innenminister nicht vorwerfen lassen, diese Maßnahmen im Kampf gegen den Rechtsextremismus jahrelang versäumt zu haben? Nein, müssen sie nicht. Es gibt nämlich gar keine NPD-nahe Stiftung, die staatlich gefördert wird, und es stand auch nie zur Debatte, daß eine solche Stiftung gegründet werden und staatliche Mittel erhalten sollte. Die Etablierung einer parteinahen Stiftung mit staatlicher Förderung ist selbst den Republikanern nicht gelungen, obwohl diesen anders als der NPD nie der Vorwurf gemacht wurde, eindeutig verfassungsfeindlich zu sein. Da haben die Innenminister die freiheitlich-demokratische Grundordnung also vor einer Gefahr bewahrt, die es gar nicht gab. Und bei den angeblich staatlich geförderten rechtsextremen Vereinen sieht es ähnlich aus. Es gibt kaum betroffene rechtsextreme gemeinnützige Vereine, bei denen Spenden steuerlich absetzbar sind. Daher dürfte der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) recht haben mit seinen Zweifeln, „ob das Wirkung hat“. Also dürften die Beschlüsse der Innenministerkonferenz die NPD wohl nicht wirklich erschüttern. Denn Spenden an die verfemte Partei sind und bleiben weiterhin steuerlich absetzbar und bringen der NPD pro gespendeten Euro auch noch einmal 38 Cent vom Staat aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Und daran können die Innenminister wegen des durch das Grundgesetz geschützten Parteienprivilegs auch nichts ändern. So wird derjenige, der der NPD finanziell etwas Gutes tun will, auch zukünftig das Geld direkt spenden und nicht einem möglicherweise der NPD nahestehenden Verein. Und derjenige, der bisher einen rechtsextremen Verein unterstützt hat, so es diesen denn gab, wird dies wohl unter Verzicht auf die steuerliche Absetzbarkeit auch weiter tun. Finanziell betroffen ist dann nicht der Verein, sondern der private Geldbeutel. Es sei denn, diesem Spendern kommt es gerade auf die steuerliche Absetzbarkeit an. Dann wird ihm zukünftig wohl nichts anderes übrigbleiben, als sein Geld der NPD direkt zu spenden. Es dürfte dem Schatzmeister der NPD auch lieber sein, wenn Spendengelder nicht im Umfeld der NPD für ihn unerreichbar versickern. Es darf bezweifelt werden, ob die Innenminister in ihrem Kampf gegen den Rechtsextremismus erkannt haben, daß sie die Spendengelder jetzt in die Kasse der NPD kanalisiert haben. Allzu viele Gedanken werden sie sich deswegen aber nicht machen müssen, denn wie bereits erwähnt dürften die bisher an NPD-nahe Vereine geflossenen Mittel nicht sehr bedeutend gewesen sein. So ist der Beschluß der Innenministerkonferenz reiner Aktionismus, mit dem Einigkeit im Kampf gegen Rechts demonstriert werden sollte. Praktische Auswirkungen wird er kaum haben. Man hat eben gezeigt, daß man die NPD gemeinsam ablehnt. Die NPD kann sich dafür bedanken, daß sie zwei Tage lang die Schlagzeilen beherrschte. Der zweite medienwirksame Beschluß der Innenministerkonferenz, nämlich ein Verbot der Scientology-Sekte zu prüfen, hat ebensowenig praktische Auswirkungen. Einschränkend sagte der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gleich, daß es bei dem Beschluß nicht primär um ein Verbot der Organisation gehe. Ob ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren erforderlich ist, solle im Herbst 2008 entschieden werden. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zweifelt schon jetzt an einem Erfolg eines Verbots von Scientology. Auch die Verfassungsschützer sehen kaum eine Chance für ein rechtliches Vorgehen gegen die umstrittene Organisation. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg kam in diesem Jahr zu dem Ergebnis, es verstoße gegen die Menschenrechte, die Scientology-Kirche zu verbieten. Das Gericht wäre die letzte Instanz für ein Verbot in Deutschland. Mit etwa 6.000 Mitgliedern in Deutschland ist die Bedeutung von Scientology ohnehin sehr gering. Auch bei diesem Beschluß der Innenministerkonferenz ging es also nur darum, ein Zeichen zu setzen. Um die innere Sicherheit in unserem Land braucht man wohl keine Bedenken zu hegen, wenn unsere Innenminister keine anderen Sorgen haben.

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