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Marc Jongen, ESN Fraktion

Lizenzgebühren bedrohen Bauern

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Cato, Palmer, Exklusiv

Die von internationalen Großkonzernen massiv forcierte „grüne“ Gentechnik in der Landwirtschaft findet auch in Deutschland und Österreich wachsende politische Unterstützung. Hier publizistisch gegenzuhalten, hat sich das von Manfred Grössler herausgegebene neue Buch „Gefahr Gentechnik“ zur Aufgabe gemacht. Das von dem österreichischen Ernährungsexperten und Gentechnik-Gegner ausgewählte internationale Autorenspektrum deckt alle relevanten Fachbereiche ab – allerdings kommen nur dezidierte Kritiker der Lebensmittelarchitekten zu Wort. Kennzeichnungslücke bei Gentechnologieprodukten So enttarnt Thilo Bode, Gründer der Verbraucherorganisation Foodwatch, die EU-Richtlinien zum Nachweis gentechnisch veränderter Lebensmittelinhaltsstoffe als Konsumententäuschung: „Die Verbraucher werden durch eine Kennzeichnungslücke zu Zwangsunterstützern der Gentechnologie gemacht.“ Vandana Shiva, promovierte Physikerin, Bürgerrechtlerin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, berichtet aus ihrer indischen Heimat. Die Aktivitäten des US-Genmultis Monsanto hätten verheerende Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und bäuerliche Saatgut-Hoheit gezeitigt. Die von Monsanto versprochenen Ertragssteigerungen, bei gleichzeitiger Reduktion von agrochemischen Spritz- und Düngemitteln, entpuppten sich als unhaltbare Werbelügen. Auch die Zusage der Gen-Lobby, die künftige Ernährung der Menschheit sicherzustellen, sei demnach realitätsferne Propaganda – wie das Beispiel der in Indien zum Einsatz gebrachten BT-Baumwolle (Bacillus thuringiensis) beweise. Gentechnologie in der Landwirtschaft führe zu einer Verarmung der genetischen Vielfalt und damit zwangsläufig zu Mangelerscheinungen und verschärfter Lebensmittelknappheit, resümiert Shiva. Ein Schluß, zu dem weltweit fast alle unabhängigen Wissenschaftler kommen. Wozu dann aber das riskante gentechnische Experiment? Auch hierzu gibt einhelliges Expertenurteil die schlüssige Antwort. Durch die vehemente Unterstützung der Genkonzerne seitens der US-Regierung wurde auch Europa zu einem Kompromiß genötigt. Selbiger erzeugt freilich eine etwas schiefe Optik. Ihm zufolge werden Aussaat und Verkauf gentechnisch veränderter Organismen (GVOs) in Europa zugelassen. Die „Gegenleistung“ der Erzeuger besteht darin, ihre Produkte als gentechnisch veränderten Ursprungs kennzeichnen zu lassen. Ein echter Kuhhandel, der an ein Wort des Kabarettisten Karl Farkas erinnert: „Die Ehe ist jener Zustand, in dem der Mann all die Probleme mit seiner Frau teilen kann, die er ohne sie nie gehabt hätte.“ Wesentlichster Unterschied: Das Unglück einer gescheiterten Ehe kann durch den Scheidungsrichter beendet werden. Sind GVOs einmal in der Umwelt freigesetzt, gibt es kein Zurück. Es kommt zu Einkreuzungen und Mutationen, die das natürliche Gleichgewicht einer durch Jahrzehntausende gewachsenen Lebensgemeinschaft empfindlich stören und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unwiderruflich zerstören. Warnung vor Mißernten und Saatgut-Wucher der Konzerne Ein ähnliches Schicksal ereilt die traditionellen, bäuerlichen Strukturen in all jenen Weltregionen, wo gentechnisch verändertes Saatgut großflächig zum Einsatz kam. In Indien wurden Tausende Bauern von Mißernten und dem Saatgut-Wucher der Konzerne in den Selbstmord getrieben. Zehntausende verloren Hab und Gut. In Argentinien wurden binnen weniger Jahre 150.000 Bauern zur Aufgabe ihrer Landwirtschaft gezwungen. Viehbauern in aller Welt, so auch der erste „Gentechnik-Bauer“ Deutschlands, verloren nach mehrjähriger Verfütterung von Genmais ihren gesamten Viehbestand. Erwachsene Tiere verendeten, Kälber, Ferkel und Küken kamen mißgebildet zur Welt. Davon unbeirrt wurde von der EU-Kommission unter anderem die als „Todesmais“ (ihre Verfütterung führte zu schwersten Organschädigungen der Versuchstiere) apostrophierte Genmaissorte MON863 für den europäischen Markt zugelassen. Es klingt deshalb einigermaßen makaber, wenn Hersteller und Lobbyisten von ihren Genkonstrukten als den „bestgetesteten Nahrungsmitteln der Welt“ fabulieren. Auch spricht dies der Realität Hohn. Wie der norwegische Risikoforscher Terje Traavik ausführt, gibt es weltweit keine einzige veröffentlichte wissenschaftliche Langzeitstudie über gesundheitliche Folgen gentechnisch veränderter Nahrungs- und Futtermittel auf Mensch und Tier. Ein weiteres, doch lange nicht das letzte Problem des drohenden Gen-Zeitalters sind die auf Pflanzen und Tiere angemeldeten Patente. Sie ermöglichen den „Besitzern“, überhöhte Lizenzgebühren zu kassieren und Landwirte in den Ruin zu treiben, tragen langfristig aber auch zur absoluten Kontrolle des Nahrungsmittelmarktes durch die Genkonzerne bei. Die von der „gentechnischen Revolution“ losgetretenen Bedrohungsszenarien sind vielfältig. „Gefahr Gentechnik“ erörtert sie einseitig – aber kompetent und umfassend. Was das Buch wohltuend vom Gros des Genres unterscheidet, ist sein Anspruch, nicht nur die Hybris einer unethischen Schöpfungsschändung anzuprangern, sondern auch praktikable Lösungsansätze vorzulegen: Der Ratgeber „Genfahrlos einkaufen!“ ist dem Buch beigefügt. Manfred Grössler: Gefahr Gentechnik – Irrweg und Ausweg. Concord-Verlag, Mariahof 2005, 368 Seiten, kartoniert, 24,90 Euro.

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