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Frauen in der Macho-Religion

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Der Kreis rundet sich: Nach „Von Gott zu Allah“ und „Von Allah zum Terror“ hat der Orientalist, Volkswirt und Systemtheoretiker Hans-Peter Raddatz mit dem vorliegenden dritten Band eine Art Trilogie abgeschlossen, die den Islam von seinen geschichtlichen und weltanschaulichen Grundlagen aus weiterverfolgt bis zu den realpolitisch-aktuellen Konsequenzen jener Weichenstellungen, die vor anderthalbtausend Jahren der Glaubensstifter Mohammed und seine Gründungshelfer vor allem mit dem „Großen Gesang“ des Koran vornahmen. So ist es auch angemessen, daß der Autor Kultur nicht allein als organisches Wachsen und Wuchern begreift, sondern sie rückbindet an das Politische: „Kulturen sind daher Machtsysteme, die von Deutungseliten – Gottkönigen, Priesterkasten, Königen, Politikern, Ideologen – über als Realität vermittelte Weltbilder und Handlungsanweisungen gesteuert werden.“ Mohammed hatte sich entschieden, statt einer Religion des Friedens für alle Menschen eine Religion nur für die Gemeinschaft der Gläubigen (die Umma) und für ihren Krieg gegen die Ungläubigen auf den Weg zu bringen, indem er die Herrschaft des einen Teils der Menschheit (der muslimischen Männer) über den anderen Teil, sprich die große Mehrheit in Form der muslimischen Frauen und aller Nicht-Muslime, rabulistisch rechtfertigte. „Der Islam herrscht und wird nicht beherrscht“, so wird eine zentrale Aussage Mohammeds überliefert, und Herrschaft ist hier im Wortsinn Herrschaft als Mannesmacht und Tyrannei der puren Männlichkeit. Als Kern der islamischen Frauenproblematik sieht Raddatz „die islamische Abwertung der Frau als Mensch“, das gegenwärtige Vordringen des Islams in Europa erscheint ihm als „Installation“ einer „frauenfeindlichen Gemeinschaft“. Allerdings versäumt er nicht, auch die Unterdrückung der Frau im Namen des so oft christusfernen Christentums anzuprangern, bei der durch eine bestimmte Darstellung die Schuld der Frau am Sündenfall im allgemeinen Bewußtsein verankert wurde, um darüber die Dominanz des angeblich unschuldigen und verführten Mannes zu verstärken. Dasselbe Ziel erreicht der Islam auf einem anderen Weg, indem er den Frauen mit dem Schleier Schamgefühle und die Beschränkung auf eine dem Mann und der Fortpflanzung dienende Rolle aufoktroyiert und „als Teil eines kollektiven Fortpflanzungsgewebes (…) den Koitus zum Gottesdienst macht“. Symbol der islamischen Machtverhältnisse ist der Schleier, der hidjab, „der Vorhang zwischen männlicher Macht und weiblichem Gehorsam“, zugleich aber auch zwischen der Herrscherclique und der Gesellschaft, der all das gnädig verhüllt, was nach der reinen Lehre nicht sein soll, aber doch existiert. Daher konnten Frauen in der islamischen Geschichte nur dort zeitweise an der Spitze von Staaten stehen, wo statt der arabischen Traditionen die anderer Kulturen, zum Beispiel der mongolischen, wirksam wurden. Ein besonderes Verdienst des Autors liegt darin, daß er die Tendenz zur „reinigenden Erlösung“ durch Töten tatsächlicher oder vermeintlicher Feinde des Islam als ein von Anfang an gegebenes Charakteristikum herausarbeitet und herausstellt, „daß Islam und Islamismus nur zwei Seiten derselben totalitären Medaille sind“. Trotz dieser klaren Grenzziehung macht der Autor deutlich, daß er einen „eher privaten, ‚ethischen‘ Islam, innerhalb dessen sich die personalen Grundrechte der Frau zur Geltung bringen und einen Ausgleich mit der Demokratie bewirken können“ für möglich hält, wie ihn beispielsweise Fatima Mernissi vertritt. Man stößt in Raddatz‘ Buch immer wieder darauf, wie aktuell viele der frühislamischen Verhaltensweisen sind – man denke nur daran, wie Mohammed die jeweils gültige Fassung der Ideologie entsprechend seinen politischen und privaten Interessen festlegt, dies gleichwohl aber als Offenbarung verkauft, oder wie er Frauen für sich politisch instrumentalisiert, um seinen Platz in der arabischen Stammesgesellschaft zu erobern. Raddatz‘ Beschreibung des frühen Islams läßt sich nahezu bruchlos auf die heutigen arabischen Länder übertragen: „Es entstand ein Übermaß an Proarabismus, Kriegspolitik, Ausbeutung, Autoritätssinn, Kollektivismus und Männerdominanz sowie ein ausgeprägter Mangel an Multikulturalismus, Verwaltung, Vermögensausgleich, Realitätssinn, Individualismus und Fraueneinbindung.“ Detailliert zeigt Raddatz auf, welche Übereinstimmungen und Unterschiede im Frauenbild und der gesellschaftlichen Rolle der Frau zwischen dem Islam, der Antike und dem christlichen Mittelalter bestehen. Und er vergißt auch nicht die obskure bis perverse Rolle jener Frauen, die als proislamische „Tempelhuren des islamischen Phallozentrismus“ das „männerzentrierte Islamsystem“ bewußt oder unbewußt stabilisieren. Es sind diese Frauen, die im Verein mit einer repressiven Macho-Staatsmacht immer wieder Menschen wie die ägyptische Frauenrechtlerin Doria Shafik, die 1976 Selbstmord beging, in die Resignation oder in den Tod getrieben haben. Zu Recht hält Raddatz fest, daß der angeblich „abrahamitische“ Islam als Religion von auf Raub und Eroberung ausgerichteten Nomaden von Anfang an die auf Landbau basierende Religion Abrahams ebenso bekämpft hat wie das auf geistige Erlösung gerichtete Christentum und daß sich dies fortsetzt im Kampf gegen all das, was aus dem Urchristentum und dem ursprünglichen Judentum in Europa entstanden ist: Aufklärung, Menschenrechte, Frauenemanzipation. Sehr wichtig ist auch der Hinweis darauf, daß „aller Glanz des Islam kein Eigengewächs, sondern geliehene Oberfläche durch abgepreßtes Fremdvermögen war“. Kein Licht ohne Schatten – auch in diesem Buch. Das beginnt mit kleinen, aber ärgerlichen Ungenauigkeiten wie den Fehlern bei Jahreszahlen. Es steigert sich in einer Philippika gegen Luther, der unhistorisch-hobbypsychologisch nur noch als manisch-depressiver Gewaltverherrlicher firmiert. Wenn der Autor hier, ohne die Zeit- und Situationsbedingtheit bestimmter Äußerungen Luthers historisch-kritisch zu würdigen, ein Zerrbild von dessen Lehren entwirft und dieses dann aus „negativen Erfahrungen in Elternhaus und Kloster“ ableiten will, so scheint es sich eher um eine Projektion zu handeln – um eine Widerspiegelung all dessen, was Raddatz selber auf seinem Weg vom Protestantismus zum Katholizismus widerfahren ist. Vollends überfordert zeigt sich Raddatz, wenn er sich auf das Feld der Literaturkritik begibt und den zu den bedeutendsten amerikanischen Dichtern des zwanzigsten Jahrhunderts zählenden Ezra Pound vorstellt als „der für seine Zeit einflußreiche Literat, der für Faschisten und Nazis Rundfunkpropaganda betrieb und später zwölf Jahre in der amerikanischen Psychiatrie verbrachte“. Dennoch: ein notwendiges, hilfreiches, lesenswertes Buch. Hans Peter Raddatz: Allahs Schleier. Die Frau im Kampf der Kulturen. Herbig Verlag, München 2004, 472 Seiten, gebunden, 24,90 Euro Foto: Frauen mit Burka in Afghanistan (2001): Das Vordringen des Islam in Europa bedeutet auch die Installation einer frauenfeindlichen Gesellschaft

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