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Geburtenprämie, Kindergeld, Pension

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Noch am Wahltag prophezeiten manche Meinungsforscher ein dramatisches Kopf-an-Kopf-Rennen mit möglicherweise fatalem Ausgang für den Herausforderer. Stunden später sah alles ganz anders aus: Bei den Landtagswahlen in Kärnten gelang Landeshauptmann Jörg Haider nicht nur ein sensationeller Wahlerfolg. Entgegen dem österreichweiten Negativtrend der FPÖ (der nach dem Eintritt in die Bundesregierung 2000 begann), gelang es dem Ex-FPÖ-Chef, die Freiheitlichen in „seinem“ Bundesland auf 42,5 Prozent hochzutreiben und damit das Resultat von 1999 sogar leicht zu übertreffen. Die SPÖ erreichte zwar mit Hilfe des Bundestrends 38,4 Prozent (+5,6) – doch die totgesagte FPÖ bleibt eindeutig stärkste Partei. Haider bewies wieder einmal, daß sein Charisma zumindest in Kärnten ungebrochen ist. Den Preis dafür zahlte die ÖVP von Kanzler Wolfgang Schüssel: Sie wurde von 20,7 auf 11,6 Prozent fast halbiert und verliert damit erstmals den Nimbus einer Großpartei. Für die schmerzhaften sozialen Einschnitte der Bundesregierung wurde erstmals nicht die FPÖ, sondern die Kanzler-Partei abgestraft. Doch Haiders Erfolg (Parole: „An Bessern kriag ma nimma“) hatte weitere Gründe: In unermüdlichem Einsatz begab sich der „blaue“ Landeshauptmann von einem „Event“ zum nächsten: einmal im Kärntner Trachtenanzug, dann im schottischen Kilt, oft umgeben von feschen Afrikanerinnen, die seine neue Hymne intonierten, deren Text mit den Worten beginnt: „Kärnten is a Wahnsinn, Kärnten is a Hit, Kärnten find i guat!“ Ein ausländischer Wahlbeobachter meinte, ihm habe am meisten imponiert, wie der 54jährige Haider sich im Wahlkampf im fahrenden Auto umgezogen habe, um für jede Wählergruppe passend gewandet zu sein. Doch das Geheimnis seines erneuten Erfolgs liegt auch in der Tatsache, daß Haider die taktischen Fehler seiner Konkurrenten vermieden und die Sondersituation Kärntens, dessen Bewohner sich immer noch als „Grenzer“ (gegenüber den Slowenen) fühlen (siehe „Ortstafelstreit“, JF 2/02), geschickt thematisierte. Unterbewußt schwang bei der Wahlentscheidung die alte „Urangst“ mit, die Karawanken könnten ins Rutschen geraten und die slawische „Gefahr“ die Einheit Kärntens gefährden. Aber noch entscheidender war die Tatsache, daß es Haider gelungen ist, die Verantwortung für die „Untaten“ der Bundesregierung weit von sich zu weisen. Obwohl FPÖ-Minister im Kabinett Schüssel die unpopulären Pensions- und Finanzbeschlüsse mit zu verantworten haben, schien das den „Jörgl“ überhaupt nicht zu interessieren. Er attackierte seinen ungeliebten Kanzler, zahlte aus Landesmitteln benachteiligten Pensionisten die fehlenden Differenzbeträge aus und erteilte dem Wiener Kabinett selbstbewußte Ratschläge: Die schwarz-blaue Koalition in Wien könne von Kärnten etwas lernen, sie habe die Situation „verschlafen“. Vor allem muß es ihn mit heimlicher Befriedigung erfüllen, daß Schüssels ÖVP, welche angeblich die FPÖ „entzaubert“ habe, nun durch ihn in eine schwere Existenzkrise gerät. Die ÖVP-Wahlpropaganda argumentierte über die Köpfe der Bevölkerung hinweg, während Haider hingegen die konkreten Sorgen ansprach: Geburtenprämie, Kindergeld, Pension. In Verkennung der Kärntner Gemütslage präsentierte sich die ÖVP-Spitzenkandidatin Elisabeth Scheucher auf englisch als „Black magic woman“ – und war so meilenweit entfernt von den arbeitenden Frauen in einem immer noch teils bäuerlich geprägten Lande. Auch die Ironie der SPÖ-Jugend, die Plakate mit den Konterfeis von Saddam Hussein und Gadaffis sowie der Aufschrift „Wir vertrauen ihm – weil er uns versteht“ klebte, um an Haiders „gute Kontakte“ in den arabischen Raum zu erinnern, kam nicht an. Die Haider zur Last gelegte Israel- und USA-Kritik traf hingegen den Nerv der FPÖ-Wähler. Allerdings: Ob sich Haiders Rekord als beständig erweist, ist keineswegs sicher. War es bloße Koketterie, wenn er nach der Wahl vor laufenden Fernsehkameras von einem „Leben nach der Politik“, in dem er seine Jahre „genießen“ wolle, zu schwärmen begann? Für die kommende Legislaturperiode sei er den Kärntnern als Landeshauptmann verpflichtet – doch das FPÖ-Fußvolk erwartet von ihm, daß er die marode Partei auch in den anderen Bundesländern wieder zu Wahlsiegen führt. Ob sich die Kärntner Situation auf ganz Österreich übertragen läßt, ist angesichts der FPÖ-Pleite in Salzburg eine offene Frage. Sicher ist aber, daß sich in der gebeutelten ÖVP ein „Aufstand“ gegen den Kurs Schüssels anbahnt. Die „schwarzen Landesfürsten“ werfen dem Kanzler herzloses Agieren ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten der Bevölkerung vor. Der Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll – seit langem ein Kritiker der ÖVP-FPÖ-Koalition -, verlangt von seiner ÖVP „mehr Sensibilität“. Der Vorarlberger Amtskollege Herbert Sausgruber, der im September um seine Wiederwahl bangen muß, will mit der Wiener ÖVP-Spitze Fraktur reden: Er möchte nicht der nächste sein, der die Zeche für Schüssels unbeliebte Reformen zahlen muß. Über allem aber schwebt die Gestalt Jörg Haiders. Wird er sich selbst zurücknehmen und brav die Rolle des Chefs einer Landesregierung spielen – oder wird sein Temperament mit ihm durchgehen und ihn in die Rolle eines „Übervaters“ der österreichischen Politik zurückführen? Sein Charme der Jugend ist dahin. Kommt da nicht der Wunsch hoch, die „Puppen tanzen zu lassen“? Ein Anlaß ist die beginnende Auseinandersetzung um die bisher eher langweilige Bundespräsidentenwahl. Der Präsident des österreichischen Rechnungshofs, Franz Fiedler, hat angekündigt, eventuell kandidieren zu wollen. Fiedler ist ÖVP-Mitglied, müßte aber gegen die Kandidatin seiner eigenen Partei, Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, in den Ring steigen. Zudem bezeichnet Haider Fiedler als persönlichen Freund und lobt dessen Korrektheit in den höchsten Tönen. Daß der Bundespräsident vom Volk gewählt wird, könnte Fiedler Ferrero-Waldner entscheidende Stimmen kosten und so indirekt dem SPÖ-Altkader Heinz Fischer den Weg in die Hofburg ebnen. Foto: Jörg Haider mit Frau Claudia: Rückkehr als politischer Übervater?

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