Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat einen brisanten Termin in seinem Kalender: Am Donnerstagabend nimmt der Regierungschef gemeinsam mit seinem Kabinett an einem „traditionellen Abendessen“ mit den Richtern des Bundesverfassungsgerichts teil.
Offiziell heißt es, der Austausch diene der „gegenseitigen Wertschätzung zwischen zwei Institutionen des demokratischen Verfassungsstaates“. Doch, warum müssen sich Regierung und oberstes Gericht überhaupt zum Abendessen treffen?
Solche Treffen haben in Berlin mittlerweile Tradition – und einen ebenso langen Beigeschmack (die JF berichtete). Sie verwischen die Grenzen zwischen Politik und Justiz, die in einem Rechtsstaat klar gezogen sein sollten. So war bekannt geworden, daß sich Angela Merkel (CDU) kurz vor einem wichtigen Corona-Urteil im Kanzleramt mit den Karlsruher Richtern getroffen hatte. Damals war auch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) anwesend, die laut Medienberichten einen Vortrag über die Corona-Maßnahmen hielt. Eine Woche später wies das Gericht sämtliche Klagen gegen die Pandemiepolitik ab.
Abendessen mit Tradition und Beigeschmack
Als eine Journalistin später wissen wollte, worüber bei dem Dinner gesprochen wurde, verweigerte Karlsruhe jede Auskunft – und verwies auf eine „bisherige Korrespondenz“. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschied später, daß das Bundesverfassungsgericht die Fragen sehr wohl hätte beantworten müssen.
Auch 2023 wiederholte sich das Muster: Kurz vor einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der milliardenschweren Klima-Umschichtung der Ampel-Regierung trafen sich Richter und Minister erneut zum Abendessen. Der Termin blieb zunächst geheim. Erst nachdem Welt und FAZ berichteten, räumte Karlsruhe das Treffen ein. Nun also die Neuauflage – diesmal unter Kanzler Merz. Wieder wird von „gegenseitiger Wertschätzung“ gesprochen, wieder bleibt wohl vieles unter Verschluß.
Was als höfliche Geste verkauft wird, ist ein Angriff auf die Gewaltenteilung. Wenn sich diejenigen, die über den Staat urteilen sollen, regelmäßig mit der Staatsführung zum Dinner treffen, entsteht keine „gegenseitige Wertschätzung“, sondern gefährliche Nähe. Es ist ein Ritual der Macht, das den Geist der Kontrolle ersetzt durch den einer vertraulichen Verbundenheit.