BREMEN. Der Stahlkonzern ArcelorMittal hat seine Pläne, Stahlwerke in Bremen und Eisenhüttenstadt auf eine „klimaneutrale Produktion“ umzustellen, zurückgezogen. Wie das Unternehmen mitteilte, sei die Investition unter den gegenwärtigen Marktbedingungen und angesichts der wirtschaftlichen Risiken nicht tragfähig. „Es wird immer deutlicher, daß die Energiewende in allen Bereichen langsamer als erwartet vorankommt. Dazu gehört auch, daß grüner Wasserstoff noch keine tragfähige Energiequelle ist“, heißt es in der Stellungnahme von ArcelorMittal.
Die Absage für die Umstellung auf „grüne“, CO₂-reduzierte Stahlproduktion in Deutschland betrifft ein Projekt, für das Fördermittel vom Bund in Höhe von 1,3 Milliarden Euro vorgesehen waren. Bislang seien aber keine Gelder geflossen, betonte der Konzern. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Umstellung auf „grünen“ Stahl durch staatliche Subventionen vorantreiben wollen.
Mit den Stahlproduzenten Salzgitter Flachstahl, Stahl-Holding-Saar und Thyssenkrupp Steel Europe sollen drei vergleichbare Unternehmen mit einer staatlichen Gesamtfördersumme in Höhe von 5,6 Milliarden Euro ausgestattet worden sein. An diesen Standorten habe die Umstellung auf „grünen“ Stahl schon begonnen.
Kritik aus der Politik trotz schlechter Rahmenbedingungen
Für ArcelorMittal jedoch stünden insbesondere die unklare Verfügbarkeit und der hohe Preis von „grünem“ Wasserstoff sowie die hohen Stromkosten einem tragfähigen Geschäftsmodell entgegen. „Die Rahmenbedingungen ermöglichen aus unserer Sicht kein belastbares und überlebensfähiges Geschäftsmodell“, sagte der Chef der europäischen Flachstahlsparte von ArcelorMittal, Reiner Blaschek. „Die Förderung ist an strenge Vorgaben für den raschen Einsatz von grünem Wasserstoff geknüpft.“ Verfügbarkeit und Preise von grünem Wasserstoff seien jedoch mit großen Unwägbarkeiten verbunden. „Daraus ergeben sich erhebliche Risiken“, warnte Blaschek.
Der Rückzug des Konzerns löste auf politischer Ebene Kritik aus. Der Bremer Senat zeigte sich enttäuscht und verwies auf eine zugesagte Landesförderung in Höhe von rund 250 Millionen Euro. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bezeichnete den Schritt als „schweren Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien“. Damit sei der Wirtschaftsstandort Bremen von der Entscheidung des Unternehmens hart getroffen. ArcelorMittal müsse sich zum Werk und der Stahlproduktion in Bremen bekennen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte ebenfalls Sorge um die Arbeitsplätze in Eisenhüttenstadt. „Der Industriestandort Deutschland und Europa darf nicht gefährdet werden“, mahnte Woidke.
Neue Stahlproduktion in Frankreich geplant
ArcelorMittal will sich nach eigenen Angaben nun auf Planungen für den späteren Einsatz strombasierter Öfen konzentrieren. Diese seien jedoch derzeit in Deutschland wirtschaftlich kaum darstellbar.
Statt dessen werde der nächste Ofen in Dünkirchen (Frankreich) errichtet, wo laut Unternehmen verläßlichere und günstigere Strompreise vorhanden seien. „Die aktuellen Strompreise in Deutschland sind sowohl im internationalen Vergleich als auch im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern hoch“, kritisierte der Stahlkonzern.
Trotz des Projektstops bekräftigte der Konzern, seine CO₂-Bilanz langfristig verbessern zu wollen, auch wenn es „zunehmend unwahrscheinlicher wird, die CO₂-Ziele bis 2030 zu erreichen“, warnte das Unternehmen. „Die europäische Stahlindustrie steht derzeit unter einem noch nie dagewesenen Druck“, kommentierte der Vorsitzende von ArcelorMittal Europe, Geert Van Poelvoorde. Die Stahlbranche leide seit langem unter strukturellen Wettbewerbsnachteilen gegenüber internationalen Standorten – insbesondere im Hinblick auf Energiepreise und regulatorische Auflagen. (rsz)