BERLIN. Nachdem das Bundesfinanzministerium bei der neuesten Steuerschätzung seine Prognosen deutlich nach unten geschraubt hatte, forderten führende Wirtschaftsverbände eine Reform der Unternehmenssteuern. Bis 2029 rechnet das Finanzministerium mit 81,2 Milliarden Euro weniger Einnahmen für Bund, Länder und Kommunen als noch im Oktober 2024. Allein der Bund muß für die nächsten vier Jahre mit 33,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen kalkulieren.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) schlugen als Reaktion auf die Steuerschätzung eine Reform der Unternehmenssteuern vor.
Reformen – Konkurrenzfähige Unternehmenssteuern
Eine Steuerreform sei aus Sicht des Chemieverbandes eine Investition in die Zukunft. „Wenn die Unternehmen Gewinne machen, kommt auch mehr Geld in die Staatskasse“, betonte VCI-Geschäftsführer für Recht und Steuern, Berthold Welling. Der Weg der Koalition sei richtig, „die geplanten Sonderabschreibungen von 30 Prozent auf Investitionen mit der ab 2028 geplanten Senkung der Unternehmenssteuern zu verbinden“. Mit Sonderabschreibungen sind steuerliche Vergünstigungen für abnutzbare Wirtschaftsgüter wie Maschinen gemeint.
BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner forderte steuerliche Entlastungen, „damit Investitionen noch in diesem Jahr erfolgen können. Deutschland braucht schnell international konkurrenzfähige Unternehmenssteuern von höchstens 25 Prozent“. Zudem verlangte Gönner die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. „Daß der Zuschlag verfassungsgemäß ist, heißt nicht, daß er wirtschaftlich sinnvoll ist und fortbestehen muß.“
Deutsches Handwerk warnt
Mahnende Worte kamen vom Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, der vor einem reflexartigen Griff zu „altbekannten steuerpolitischen Rezepten“ warnte. „Wer jetzt über Steuererhöhungen diskutiert, verkennt die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe, gerade auch im Handwerk. Die brauchen Wachstumsimpulse, nicht neue Belastungsschübe.“ Schwanneke kritisierte damit auch die Vorstöße der neuen Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD), die zuletzt eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ins Spiel brachte.
Unterstützung signalisierten die Verbände beim Vorstoß des Finanzministers Lars Klingbeil (SPD), „wichtige Strukturreformen umsetzen“ zu wollen. Dazu gehören laut Klingbeil „Genehmigungsverfahren beschleunigen, Bürokratie abbauen und Fachkräfte mobilisieren. Denn jetzt geht es darum, die Wirtschaft anzukurbeln und Jobs zu sichern.“ Um neue finanzielle Spielräume zu gewinnen, sei es erforderlich, „durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen“ zu stärken, sagte Klingbeil.
Für 2025 sind die Steuereinbußen für den Bund im Vergleich zur Prognose im Herbst 2024 noch moderat. Das Finanzministerium geht von 700 Millionen Euro weniger Einnahmen für das laufende Jahr aus. Statt 389,7 Milliarden werden 389 Milliarden erwartet. (rsz)