BERLIN. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den Kritikern des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanen in Deutschland Vorwürfe gemacht. Es gebe „einige politische Akteure“, die versuchten, die deutschen Bemühungen „zu diskreditieren“, sagte Baerbock am Dienstag bei einem Treffen mit afghanischen Frauen im Auswärtigen Amt in Berlin.
Baerbock verteidigte das Programm und verwies darauf, daß „verletzliche Menschen“ aufgenommen würden, die von den Taliban verfolgt würden. „Daher bin ich überzeugt, daß wir das Richtige tun.“ Seit der Machtübernahme der Taliban hat Deutschland rund 36.000 Afghanen über verschiedene Programme ins Land gelassen. Das Bundesaufnahmeprogramm ist dabei nach Angaben der Bundesregierung etwa für Menschen offen, die sich besonders für Frauenrechte eingesetzt haben oder die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung gefährdet sind.
„Wir vergessen Euch nicht“
An der Aufnahme der Afghanen und dem vorgeschalteten Verfahren gibt es immer wieder Kritik, unter anderem, weil die erste Vorauswahl der Afghanen in den Händen verschiedener Nichtregierungsorganisationen liegt. Baerbock betonte dagegen am Dienstag, man trage „Verantwortung für diese Menschen und für die Sicherheit in anderen Teilen der Welt“.
Die Außenministerin verwies darauf, daß das Taliban-Regime „einen sozialen Kerker für 50 Prozent der afghanischen Bevölkerung“ gebaut habe. Frauen würden aus dem öffentlichen Leben ausgelöscht, „eine nach der anderen“. Baerbock betonte: „Wir vergessen Euch nicht. […] Wir hören Euch. Und wir stehen an Eurer Seite.“
Baerbock droht den Taliban
Zugleich drohte die Grüne den Taliban: „Ihre Handlungen werden nicht folgenlos bleiben“, sagte sie in Richtung der Islamisten. Das sei das Ziel einer Initiative Deutschlands gemeinsam mit Australien, Kanada und den Niederlanden: „Afghanistan und das De-facto-Regime im Rahmen des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) zur Verantwortung zu ziehen.“
Im September hatten die genannten Staaten unter Berufung auf Artikel 29 des CEDAW ein formelles Verfahren angestoßen, um Afghanistan zur Räson zu rufen. „Vielleicht schaffen wir es nicht, den sozialen Kerker, den die Taliban gebaut haben, mit einem Schlag einzureißen“, sagte Baerbock am Dienstag und richtete sich dabei an die afghanischen Frauen. „Aber wir werden Ihre Bemühungen unterstützen, die Wände dieses Kerkers aufzubrechen.“
132 weitere Afghanen gelandet
Unterdessen ist am Mittwoch ein weiteres Flugzeug mit Afghanen in Berlin gelandet. An Bord befanden sich laut Bundesinnenministerium 132 Passagiere, darunter 72 Frauen und 58 Männer. Nur eine der Personen reiste demnach – gemeinsam mit fünf Familienangehörigen – über das Ortskräfteverfahren ein.
Hier die offizielle Regierungsinfo zu dem Einreiseflug heute aus Islamabad nach Berlin. pic.twitter.com/q7HUWaV0bv
— Tim Röhn (@Tim_Roehn) March 5, 2025
Zuvor hatte die Bild berichtet, 157 Afghanen sollten mit dem Flieger kommen. Das Innenministerium gab nun an, daß 25 Personen von der ursprünglichen Flugliste genommen worden seien, „weil die Bundespolizei auf mögliche Unstimmigkeiten der Dokumente hingewiesen hat“. Dies werde weiter überprüft. Die Bild hatte im Vorfeld geschrieben, daß mehrere Personen trotz gefälschter Dokumente eingeflogen werden sollten. (ser)