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Bewahren und verteidigen: Für eine konservative Renaissance

Bewahren und verteidigen: Für eine konservative Renaissance

Bewahren und verteidigen: Für eine konservative Renaissance

Francesco Giubilei bei einer Konferenz in Budapest: Der Westen braucht konservative Ideen mehr denn je.
Francesco Giubilei bei einer Konferenz in Budapest: Der Westen braucht konservative Ideen mehr denn je.
Francesco Giubilei bei einer Konferenz in Budapest: Der Westen braucht konservative Ideen mehr denn je Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Tibor Illyes
Bewahren und verteidigen
 

Für eine konservative Renaissance

Der Westen braucht dringend einen konservativen Aufbruch. Vor allem Corona und der Ukraine-Krieg zeigen die Wichtigkeit von souveränen Nationen anstatt grenzenlosem Globalismus. Ein Kommentar von JF-Autor Francesco Giubilei.
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Eine der am häufigsten verwendeten und am wenigsten verstandenen politischen und kulturellen Kategorisierungen ist zweifellos die des Konservatismus. Vor allem in Italien, Frankreich und Deutschland trägt der Begriff „konservativ“ im Gegensatz zu den englischsprachigen Staaten eine negative Färbung.

Angesichts dessen hatte die notorisch links dominierte journalistische und akademische Welt leichtes Spiel, zu vermitteln, daß konservativ zu sein bedeute, sich jeder Form von Innovation zu widersetzen und Privilegien und Vorteile zu verteidigen. Die Gleichsetzung des Begriffs „konservativ“ mit „rückwärtsgewandt“ ist ebenso weit verbreitet wie falsch. Der Konservative ist nicht gegen Innovation, sondern, mit dem Verfasser des Manifests der Konservativen Giuseppe Prezzolini gesprochen, bedeutet konservativ zu sein, „neue Ideen vorzuschlagen, die sich an dauerhaften Prinzipien orientieren“.

Der Konservative will im Gegensatz zum Reaktionär nicht in die Vergangenheit zurückkehren, und was ihn vom Traditionalisten unterscheidet, ist, daß er sich nicht außerhalb der Geschichte stellt, sondern sich mit ihr und mit der politischen Realität auseinandersetzt. Dies bedeutet jedoch auch nicht, daß der Konservatismus eine Ideologie ist, wie etwa der Kommunismus. Zwischen 1948 und 1953 debattierten einige der führenden US-Denker jener Zeit wie Russell Kirk, Robert Nisbet und Richard Weber genau jene Frage, ob der Konservatismus eine Ideologie darstellt. Nach Ansicht des Verfassers ist es richtiger, ihn als eine Lebensart und einen Naturzustand zu bezeichnen.

Umweltschutz sollte mitgedacht werden

Doch trotz des Versuchs, den Konservatismus als etwas Unzeitgemäßes abzustempeln, wächst in Europa und im Westen der Konsens unter konservativen Parteien. Gerade konservative Kräfte sind es, die auf die großen Herausforderungen unserer Zeit reagieren, wie auf die Krise des globalistischen Modells, das uns als siegreich und endgültig präsentiert wurde. Erst Covid, dann der Ukrainekrieg haben das Scheitern der grenzenlosen Globalisierung besiegelt, indem sie die zentrale Bedeutung der Nation und die Notwendigkeit des Schutzes strategischer Sektoren, insbesondere in den Bereichen Energie und Verteidigung, vor Augen führten.

Trotzdem wird weiterhin ein ökologischer Übergang auf der Grundlage einer ideologischen Vision verfolgt, die europäische Unternehmen und schwächere Gesellschaftsschichten in die Knie zu zwingen droht. So wie die Linke in den vergangenen Jahrzehnten die Kultur übernommen hat, muß die konservative Welt heute das gleiche bei einem so wichtigen Thema wie der Umwelt tun. Es gibt in der Tat eine wichtige Tradition des grünen Konservatismus, die mehr als je zuvor wiederentdeckt und aktualisiert werden muß.

Die Umwelt ist eines der Themen, bei denen die Verteidigung der schwächeren Klassen durch die Konservativen zum Tragen kommt. Denn der grüne Wandel betrifft ärmere, von der Linken im Stich gelassene, Schichten. Es ist die Aufgabe der Konservativen, Arbeiter zu schützen, die unter den Folgen der ungeregelten Globalisierung leiden, sowie diejenigen, die in den Vorstädten leben und die Folgen der unkontrollierten Einwanderung am eigenen Leib erfahren. Es ist für alle offensichtlich, daß der vielgepriesene Multikulturalismus gescheitert ist. Dies zu leugnen hieße, sich der Realität zu verweigern, was eine doppelte Frage aufwirft: zum einen die der Einwanderung und zum anderen nach der Verteidigung unserer Identität. Für beide Fragen ist ein konservativer Vorschlag erforderlich.

Freiheit muß vehement verteidigt werden

Die Verteidigung – nicht nur die Kontrolle – der Grenzen ist für die Existenz der Nation von entscheidender Bedeutung. Trotz der hämmernden Propaganda für die „offene Gesellschaft“ kann die Nation ohne Grenzen nicht existieren. Die Einwanderung zu beschränken ist daher eine Überlebensnotwendigkeit für die Nationen, um so mehr, wenn wir weder wissen, wie wir die Migrationsströme steuern sollen, noch in der Lage sind, eine Integration auf der Grundlage der Achtung der europäischen Identität und unserer christlichen Wurzeln zu erreichen.

Dies ist ein Phänomen, das Roger Scruton als Oikophobie, als Selbsthaß, bezeichnet. Exakt das geschieht durch „Political Correctness“ und „Cancel Culture“, die sich insbesondere in den Universitäten und dem Kulturbereich immer mehr ausbreiten. Die Universitäten, einst ein Ort der Debatte, der Konfrontation und der Freiheit, sind heute zu Räumen geworden, an denen repressives Einheitsdenken vorherrscht und eine Ideologie der „Political Correctness“ triumphiert, die dem eigentlichen Begriff der Kultur zuwiderläuft.

Dieser Entwicklung entgegenzuwirken hat für Konservative Priorität, denn hinter dem Konzept der „Cancel Culture“ verbirgt sich der Wunsch, unsere Traditionen und unsere Vergangenheit auszulöschen und sie neu zu schreiben. Dagegen anzugehen bedeutet daher, einen anderen Eckpfeiler des konservativen Denkens zu verteidigen, der angegriffen wird: das Konzept der Freiheit. Freiheit, die sich auf dreihundertsechzig Grad ausdehnt, wie die Rede- und Meinungsfreiheit, aber auch die Freiheit gegenüber der dirigistischen EU-Politik, die uns vorschreiben will, wie wir zu leben haben, was wir zu essen haben, welches Auto wir kaufen sollen, wie wir uns zu verhalten haben.

Konservativ sein bedeutet heute, den gesunden Menschenverstand zu verteidigen

Der Konservatismus ist die beste Antwort auf die Herausforderungen und Probleme unserer Zeit. Konservativ zu sein bedeutet heute, den gesunden Menschenverstand zu verteidigen. Dies reißt eine Kluft zwischen den Menschen, die ihre Traditionen und ihre Identität bewahren wollen, und einem Establishment, das dem gesunden Menschenverstand entrückt ist und Ziele verfolgt, die immer mehr denen der normalen Bürger widersprechen.

Dieses Establishment ist jedoch sowohl in der Politik als auch in den Medien sehr einflußreich und versucht, der Öffentlichkeit die Botschaft zu vermitteln, daß Werte wie die Verteidigung der Nation, die zentrale Stellung der Familie und die Bewahrung unserer christlichen Wurzeln veraltete Instanzen seien. In Wirklichkeit ist der Konservative
weder der Mann von heute noch von morgen, sondern von übermorgen, das heißt im Konservatismus liegt die Zukunft Europas.

JF 45/23


Francesco Giubilei ist Präsident der konservativen Tatarella-Stiftung und Vorsitzender der italienischen Denkfabrik Nazione Futura.

Francesco Giubilei bei einer Konferenz in Budapest: Der Westen braucht konservative Ideen mehr denn je Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Tibor Illyes
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