Plötzlich stehe ich ihm gegenüber, dem Terminator. Richtig auf Augenhöhe, Auge in Auge. „Können Sie ruhig anfassen“, meint Peter Urdl und deutet auf die klaffende Wunde im Bauchraum. Ich verzichte, zu echt sieht die Verletzung aus, zu echt die lebensgroße Figur. Wer weiß, wie sie reagiert, wenn ich sie einfach aus Neugierde berühre?
Für Arnie, den Terminator, bin ich bestimmt ein Schisser, ein Schwächling, der nicht wie Arnie der Boddybuilder Gewichte im Kraftraum mit links stemmen kann, bei dessen Posings die Frauen nicht kreischen, sondern sich vor Lachen krümmen würden und auf dessen stinkenden Benziner vor der Tür der einstige grüne Gouverneur von Kalifornien mißbilligend blicken würde, steht doch dort extra eine Stromzapfsäule.
Willkommen in Thal bei Graz in der Steiermark, im Geburtshaus des Weltstars Arnold Schwarzenegger. Hier wird die Geschichte eines kleinen Buben erzählt, der davon träumte, ein ganz großer Held zu werden und es tatsächlich schaffte – erst zum „Mister Universe“ und „Mister Olympia“, dann zum Hollywood-Star und schließlich zum Gouverneur.
Vom Bett bis zum Plumpsklo
Und der gerade beweist, daß seine Filmkarriere auch mit 76 Jahren noch immer nicht zu Ende ist: Er sei wie ein Bergsteiger, der auf dem Gipfel eines Achttausenders stehe und nicht juble, sondern nach dem nächsten Berg Ausschau halte, so Schwarzenegger in einer Dokumentation über sein Leben. Und wäre er nicht gebürtiger Österreicher, hätte er es bestimmt zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gebracht.
Die Mutmachergeschichte schlechthin also. Und diese beginnt im ehemaligen Forsthaus des Grafen Herberstein, in dem 1945 der Gendarm Gustav Schwarzenegger eine Dienstwohnung zugewiesen bekommt, in der später seine beiden Söhne aufwachsen. Vieles ist heute noch original: die Kücheneinrichtung aus den 1950er Jahren, selbst der Deckel des Plumpsklos und die Fresken mit den Jagdszenen auf dem Flur, vor denen sich die kleinen Jungen fürchteten, so daß der Vater sie eines Tages übertünchte und die inzwischen, da aus dem 19. Jahrhundert stammend, wieder freigelegt wurden – wohl auch weil heutige Besucher wissen wollen, was einem heranwachsenden Terminator einst Albträume bereitete.
Das am Rande des Ortes gelegene Forsthaus ist heute dessen Mittelpunkt. 15.000 Menschen aus aller Welt zieht es alljährlich in das unscheinbare Haus, mindestens einmal im Jahr auch den Superstar selbst. Das versichert Peter Urdl. Der ist mit Schwarzenegger aufgewachsen, hat gemeinsam mit ihm die Schulbank gedrückt und schwärmt noch heute: „Der Arnie war immer sehr fleißig, sehr strebsam und sehr sozial – ein richtiger Kumpel.“
Mehr als 1.000 Exponate füllen 200 Quadratmeter
Auch Urdls Erfolge können sich sehen lassen. Als langjähriger Bürgermeister des Ortes hat er das 2011 eröffnete Arnold-Schwarzenegger-Museum initiiert, den Mäzen Christian Baha überzeugt, 2009 das Geburtshaus des Megastars zu ersteigern, und seinem einstigen Schulfreund all die Sachen abgeschwatzt, die heute das kleine Haus füllen: vom Stahlrohrbett über aus Schrott selbst geschweißte Gewichte, über eine Harley Davidson Fat Boy, bis zum Gouverneursschreibtisch. Mehr als 1.000 Exponate füllen die 200 Quadratmeter.
Das Museum ist in drei Themenbereiche gegliedert: Bodybuilding, Filmschauspielerei und Politik. Die drei Meter hohe Bronzestatue eines Boddybuilders vor dem Haus wurde in Idaho gefertigt und stammt von Ralph Crawford. Kürzlich hat sie Konkurrenz bekommen. Der montenegrinische Künstler Danilo Baletić, bekannt für seine aus Metallabfällen und Autoschrott geformten überdimensionalen Roboter, hat auch dem Terminator ein gigantisches Denkmal gesetzt – jetzt fehlt nur noch eine Statue des Gouverneurs.
Das ist das, was bleibt. Denn auch Arnie, der unlängst sagte, „mein Plan ist ewig zu leben“, gesteht, „vom Mister Universe“ sei wenig übriggeblieben. Alterungsprozesse ließen sich eben nicht aufhalten, und deswegen schaue er sich nicht gern im Spiegel an. Also bleibt, was eben dieses kleine Museum zeigt, was alles möglich wird, wenn man eine Vision hat und dafür kämpft. Ein Besucher aus den USA will noch eine Runde auf dem Arnold-Schwarzenegger-Wanderweg drehen. Sein fahrbarer Untersatz sei noch zu erschöpft, sagt er und deutet auf sein E-Auto an der Zapfsäule. Mein Benziner springt beim ersten Versuch an.