NIAMEY. Nach dem Putsch im Niger haben sich die beiden Nachbarstaaten Burkina Faso und Mali vor einem militärischen Eingreifen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) verwahrt. „Die Übergangsregierungen in Burkina Faso und Mali drücken ihre Solidarität mit dem nigrischen Volk aus, das sein Schicksal in die eigenen Hände genommen hat. Wir verurteilen die Sanktionen der ECOWAS, die dem Geist des Panafrikanismus widersprechen, und warnen eindringlich davor, daß wir jede Intervention in dem Land als Kriegserklärung betrachten werden“, sagte ein Sprecher der Militärregierung beider Staaten am Dienstag morgen im malischen Fernsehsender ORTM1.
BREAKING: Niger's neighboring countries, Mali and Burkina Faso, vow to go to war against the US-backed African Union and ECOWAS if they use force in an attempt to reinstate the ousted President of Niger.
This comes after ECOWAS and AU issued an ultimatum to the soldiers in… pic.twitter.com/lrv5ZTwBbd
— Simon Ateba (@simonateba) August 1, 2023
Zuvor hatte der Staatenverbund an der afrikanischen Atlantikküste ein einwöchiges Ultimatum an die neuen Machthaber in der nigrischen Hauptstadt Niamey gerichtet, Präsident Mohammed Bazoum (Sozialisten) freizulassen und ihn als Staatschef wiedereinzusetzen. Am vergangenen Mittwoch war es in dem Land zu einem Staatsstreich durch die Armee gekommen.
Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft droht mit Intervention
„Wir bekräftigen unsere Überzeugung, daß Bazoum in den Augen der ECOWAS, der Afrikanischen Union und der Weltgemeinschaft nach wie vor der einzig rechtmäßige Regierungschef ist“, betonten die 15 Staaten in einem am Sonntag während einer Sondersitzung im nigerianischen Abuja beschlossenen Communiqué.
Um die verfassungsmäßige Ordnung im Niger wiederherzustellen, schlossen die ECOWAS-Mitglieder auch eine militärische Intervention in dem Land nicht aus. „Sollten unsere Forderungen nicht binnen einer Woche erfüllt werden, werden wir alle notwendigen Schritte ergreifen, was auch die Anwendung von Gewalt bedeuten kann“, unterstrich die Staatengemeinschaft in dem Dokument. Gleichzeitig entschied sich die ECOWAS dafür, den Niger mit einem Sanktionsnetz zu belegen und „alle Handels- und Finanzbeziehungen zu unterbrechen“.
Auch die nordafrikanische Republik Algerien hat sich inzwischen auf die Seite des gestürzten Präsidenten Bazoum gestellt. „Wir beobachten die Situation in unserem Nachbarland Niger mit großer Sorge und verurteilen den Putsch, der dort stattgefunden hat“, teilte das Außenministerium der islamischen Republik am Dienstag mit.
Putschisten werfen Frankreich Vorbereitung eines Staatsstreichs vor
Unterdessen hat die Militärregierung unter General Abdourahamane Tchiani in Niamey ihrerseits schwere Vorwürfe gegen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich erhoben. Diese arbeite an Interventionsplänen und suche derzeit nach Kontakten zur nigrischen Nationalgarde, um ihr Vorhaben umzusetzen, wie die nigerianische Tageszeitung The Guardian am Montag über die Anschuldigungen berichtete.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte den Putsch im Niger zuletzt scharf kritisiert und die Wiedereinsetzung des alten Staatschefs Bazoum gefordert. „Dieser Staatsstreich ist unrechtmäßig und für die Nigrer, den Niger und die gesamte Region sehr gefährlich“, mahnte Macron unmittelbar nach dem Umsturz. Seitdem ist es in der nigrischen Hauptstadt zu Angriffen auf die französische Botschaft gekommen.
Frankreich evakuiert seine Staatsbürger aus dem Niger
Frankreich hat daraufhin damit begonnen, seine Staatsbürger aus dem Land zu evakuieren. „Die Evakuierung beginnt heute“, teilte das Außenministerium in Paris am Dienstag mit. Grund dafür sei nicht zuletzt auch die Sperrung des nigrischen Luftraums. Das europäische Land und der Niger galten lange Zeit als eng miteinander verbunden. Auch die Bundeswehr ist im Zusammenhang mit der EU-Ausbildungsmission EUMPM im Niger vertreten.
#Niger | Communiqué intégral du 1er août 2023 ➡️https://t.co/MSvNHmeq6u pic.twitter.com/Lzk4fHBuqO
— France Diplomatie🇫🇷🇪🇺 (@francediplo) August 1, 2023
Der Staatsstreich im Niger ist der sechste innerhalb von drei Jahren in Afrika. Zuletzt wurde 2021 in Mali und 2022 in Burkina Faso geputscht. Aber auch in Guinea, im Tschad und im Sudan kam es seit 2020 zu mehreren Umstürzen durch die dortigen Armeen.
(fw)