CHICAGO/BERLIN. Einer Studie zufolge hat die Kernenergie in Deutschland noch Potential für eine Rückkehr. Fünf von sechs abgeschalteten Kernkraftwerken könnten innerhalb etwa eines Jahres wieder hochgefahren werden, besagt eine Studie der Radiant Energy Group aus Chicago. Drei weitere könnten innerhalb von zwei bis drei Jahren wieder Strom liefern. Für die Studie sprachen die Wissenschaftler vertraulich mit Vorstandsmitgliedern und leitenden Mitarbeitern von Betreibergesellschaften und Kerntechnikunternehmen in Deutschland. Diese wollten anonym bleiben.
„Die Wiederinbetriebnahme von acht deutschen Kernreaktoren ist möglich und machbar“, urteilen die Autoren. Das betreffe die AKWs Brokdorf, Krümmel, Emsland, Isar 2, Grohnde, Neckarwestheim 2 sowie Gundremmingen B und C. Laut der Studie haben diese Reaktoren „das größte Potential für eine Wiederinbetriebnahme“.
Als dringendste Maßnahme nennen die Studienautoren, den laufenden Rückbau von Kraftwerken baldigst einzustellen sowie Gesetze im Bundestag zu ändern. Sie empfehlen „dringend“, die weitere Zerstörung auch anderer als der acht genannten Anlagen zu stoppen, falls sich die politischen Verhältnisse ändern sollten. Der Bundestag hatte 2011 in einer Änderung des Atomgesetzes die Kernenergie zur kommerziellen Stromerzeugung für Deutschland verboten.
Politik entscheidet über Kernkraft
Die Wiederinbetriebnahme der acht Kernkraftwerke „in einem technisch hervorragenden Zustand“ ist deswegen vor allem eine politische Entscheidung, wie die Studienautoren feststellen. Auch die Haltung des Eigentümers zur Laufzeitverlängerung sowie das Vorliegen einer Betriebsgenehmigung sei dafür entscheidend. Die letzten drei Reaktoren in Deutschland wurden am 15. April 2023 stillgelegt.
Zu den Vorteilen der Kernenergie rechnen die Studienautoren: Wenn Kernenergie die Kohleverstromung ersetze, könne der CO2-Ausstoß in Deutschland um bis zu 80 Millionen Tonnen jährlich sinken. Etwa 50.000 gut bezahlte Arbeitsplätze in ländlichen Regionen blieben erhalten. Weiterhin rette der Wiederbetrieb von Kernkraftwerken die deutsche Industrieproduktion und hätte einen volkwirtschaftlichen Vorteil von 250 Milliarden Euro.
Auch die öffentliche Zustimmung spreche dafür, die Kernkraft weiter zu nutzen: In einem „erheblichen Umschwung der öffentlichen Meinung“ verglichen zum Frühjahr 2021 sprechen sich laut den Studienautoren inzwischen 67 Prozent der Deutschen für die Kernkraft aus. Die Ausnahme davon ist die der Mehrheit der Grünen-Wähler. (ca)