BERLIN. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, schon im Kindergarten über die Gefahren von Rechtsextremismus aufzuklären. „Wir müssen rechtsextreme Netzwerke zerschlagen. Der Rechtsstaat darf Mordaufrufe und Bedrohungen nicht hinnehmen. Diesen Nährboden der Gewalt bekämpfen wir entschieden. Aber der Kampf gegen Rechtsextremismus fängt noch viel früher an, nämlich mit guter Bildungsarbeit. Er muß schon im Kindergarten ansetzen“, bekräftigte Faeser am Sonntag im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Man müsse Kinder und Jugendliche so stark machen, daß sie für Ideologien der Ausgrenzung gar nicht erst anfällig würden. Das könne man auch spielerisch machen. „Wir brauchen eine Demokratieerziehung, die klarmacht, daß es egal ist, wo eine Familie irgendwann einmal hergekommen ist, welche Hautfarbe jemand hat, an wen er glaubt oder wen er liebt“, äußerte die Politikerin.
„Größte Bedrohung geht von Rechtsextremismus aus“
Dem Deutschlandfunk gegenüber wies sie erneut auf die Gefahren des Rechtsextremismus hin. „Es ist eine Tatsache, daß die größte Bedrohung der Demokratie im Moment vom Rechtsextremismus ausgeht.“
Um dieser Gefahr zu begegnen, kündigte sie ein Maßnahmenpaket sowie ein Demokratie-Fördergesetz an. Sie wolle unter anderem das Waffengesetz verschärfen und Vereine gegen Rechtsextremismus fördern. Außerdem plane sie, den öffentliche Dienst künftig verstärkt nach Mitarbeitern mit rechtsextremer Gesinnung zu durchleuchten. „Ich finde, daß man es sich anschauen muß, wenn Personen die Schwelle erreichen, wo sie sich eben gegen den Staat stellen und den Staat in Frage stellen. Dann kann man den Staat auch eben nicht mehr repräsentieren.“ Jemand, der im öffentlichen Dienst den Staat infrage stelle, habe dort nichts zu suchen.
Faeser: Corona-Proteste von Rechtsextremen unterwandert
Bereits in der Vergangenheit hatte die Bundesinnenministerin vor den Gefahren des Rechtsextremismus für die Demokratie gewarnt. Dabei machte sie besonders auf die angebliche Unterwanderung der Corona-Proteste durch rechte Kräfte aufmerksam. „Die Gewaltbereitschaft nimmt zu. Viele Querdenker werden radikaler. Bedrohungen und Einschüchterungen sind völlig inakzeptabel! Wir müssen die Anstrengungen für gesellschaftlichen Zusammenhalt verstärken und Spaltungsversuche der antidemokratischen Kräfte überwinden“, schrieb sie zuletzt auf Twitter.
Die Gewaltbereitschaft nimmt zu. Viele #Querdenker werden radikaler. Bedrohungen und Einschüchterungen sind völlig inakzeptabel! Wir müssen die Anstrengungen für gesellschaftlichen #Zusammenhalt verstärken und die Spaltungsversuche der antidemokratischen Kräfte überwinden.
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) December 12, 2021
Ähnlich hatte sich jüngst auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) geäußert, der Maßnahmen-Kritiker immer wieder in die Nähe von Rechtsextremen gerückt hatte. Die Spaziergänge gegen die Corona-Politik hätten ihre Unschuld verloren. „Wer sich gegen unser Recht stellt und sich mit selbsterklärten Staatsfeinden und verfassungsschutzbekannten Rechtsextremisten gemein macht, der kann sich nicht mehr glaubwürdig auf Demokratie und Freiheit berufen.“
Zahlen des Innenministeriums sähen Zweifel an Darstellung
Eine unlängst veröffentlichte Auskunft des Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag scheint dieser Darstellung unterdessen zu widersprechen. So hat es 2021 so wenige rechtsextreme Aufzüge wie schon seit zehn Jahren nicht mehr gegeben.
Wie die Neue Osnabrücker Zeitung am Sonntag berichtete, nahmen vergangenes Jahr 7.700 Menschen an 91 rechtsextremen Demonstrationen teil. Im Vergleich zum Vorjahr hätten sich die Teilnehmerzahlen dem Innenministeriums zufolge somit halbiert. 2019 seien es noch 347 Veranstaltungen mit 22.500 Besuchern gewesen. (fw)