BAUTZEN. Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) hat seine Verwunderung über die Kontroverse um die Wiederaufstellung eines Bismarckdenkmals in der sächsischen Stadt ausgedrückt. Er könne die Hysterie darum nicht verstehen. „Wir müssen uns unserer Geschichte stellen. Und für mich ist eins Fakt: Bismarck war kein Verbrecher, und wir müssen ihn auch nicht als solchen behandeln“, sagte er dem MDR.
Hintergrund ist der Plan des Gesangsvereins „Bautzener Liedertafel“, der auf eigene Kosten das Standbild des ehemaligen Reichskanzlers wieder im Stadtwald aufstellen lassen will. Dem hatte der Hauptausschuß der Stadt bereits zugestimmt. Zur Einordnung der historischen Persönlichkeit solle eine Informationstafel auch kritische Seiten Bismarcks erwähnen, erläuterte Arens.
Das sorgte bei Wissenschaftlern des Sorbischen Instituts für Ärger. In einem offenen Brief äußerten sie ihre „Bestürzung und Unverständnis“ darüber und sprachen von „beispielloser Geschichtsvergessenheit“. Bismarck tauge nicht als „positiver Bezugspunkt der Erinnerungskultur einer demokratischen, solidarischen und weltoffenen Gesellschaft“, heißt es weiter. Zudem warfen sie dem Politiker vor, während des Kaiserreichs nationale Minderheiten in Deutschland mit Repressionen überzogen zu haben.
Sorben lehnen Bismarckdenkmal ab
Die Unterzeichner haben den hinter dem Plan stehenden Gesangsverein vorgeworfen, „offenbar vor allem im Rahmenprogramm von AfD-, Pegida- und Querdenken-Versammlungen“ aufgefallen zu sein.
Auch der Verband sorbischer Organisationen, Dowomina, lehnt das Denkmal ab. „Wollen wir neue Denkmäler errichten, dann bitte Persönlichkeiten, die sich für gleichwertigen Umgang mit Menschen unterschiedlicher Herkunft einsetzen – Bismarck aber war ein Feind der Menschenrechte, wie sie inzwischen Maßstab für die Gesellschaft sind“, teilte der Vorsitzende der Domowina, Dawid Statnik, mit.
Der deutsch-böhmische Künstler Anton Schwarz hatte das Denkmal 1904 fertiggestellt. Es war 1950 von Mitgliedern der FDJ in der damaligen DDR zerstört worden.
Während der „Black Lives Matter“-Proteste, an denen sich auch in Deutschland Tausende Menschen beteiligten, geriet Bismarck in den Focus der Bewegung. Ihm wird unter anderem seine Rolle in der deutschen Kolonialpolitik vorgeworfen. (ag)