Gut, daß noch konventionelle Kraftwerke Strom liefern – ansonsten hätte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am vergangenen Dienstag bei seiner Pressekonferenz im Dunkeln gestanden. Er verkündete gerade, daß „wir“ doch mehr Strom benötigten, als sämtliche Solarzellen zu dem Zeitpunkt nur 16,8 Gigawatt (GW) lieferten, der Wind mit 3,5 GW praktisch nichts.
Denn alle Windräder draußen im Lande standen still. Doch der Stromverbrauch in Deutschland lag zu dem Zeitpunkt bei 69,9 GW. Dazu trugen auch Beleuchtung, Klimaanlagen und IT-Infrastruktur bei Altmaiers Pressekonferenz bei. Doch zu seinem Glück lieferten Kohle- und Kernkraftwerke. Sie pumpten 41,16 GW Leistung in die Netze und sorgten auch dafür, daß der Wirtschaftsminister in hellem Scheinwerferlicht die neuesten Prognosen über den Strombedarf verkünden konnte.
Laut Kalkulationen des Beratungsunternehmens Prognos würden im Jahr 2030 zwischen 645 und 665 Terawattstunden (TWh) Strom verbraucht werden. Unter anderem verschlingen die politisch gewünschten 14 Millionen Elektroautos und sechs Millionen Wärmepumpen ebenfalls erhebliche Mengen an Strom. Wärmepumpen werden ebenso gefördert und daher gekauft, sind aber letztlich Elektroheizungen, die zusätzlich ein wenig Wärme aus der Umgebung beziehen und ebenfalls viel Strom verbrauchen.
Ansehnliche Mengen an elektrischer Energie werden für das Märchen vom „grünen“ Wasserstoff draufgehen, wenn das tatsächlich Wirklichkeit werden sollte. Insgesamt sollen es nach Prognos 30 TWh Strom sein, um damit „grünen“ Stahl herzustellen. Vor einem Jahr hatte Prognos übrigens noch einen Bedarf an Elektrizität von nur 591 TWh prognostiziert.
Altmaiers Prophezeiungen, die einigen Wirbel aufrührten, wirkten wie eine Vorwärtsverteidigung. Kritikern wollte er den Wind aus den Segeln nehmen, die prognostizierten, es werde zu wenig Strom in Deutschland erzeugt. Wird Deutschland bis Ende 2022 tatsächlich aus der Atomkraft aussteigen und bis spätestens 2038 Schritt für Schritt aus der Kohle, hätte es einem Industrieland gut angestanden, rechtzeitig zu sagen, woher der Strom kommen soll.
Auch 100.000 Windräder sind nicht die Lösung
Eine elektrische Infrastruktur stellt man nicht mal so eben auf die Beine. In Deutschland hat das rund 100 Jahre gedauert. Die Ausbauziele für Windkraft und Solarenergie müßten erhöht werden, sagte Altmaier diffus – denn wie genau, sagte er nicht. Er beantwortete auch nicht die Frage, woher der Strom kommen soll, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint. Auch 100.000 Windräder sind nicht die Lösung, sie liefern bei Flaute keinen Strom. Denn 100.000 mal 0 ergibt vermutlich auch nach der Energiewende in zehn Jahren immer noch 0.
Gewaltige Flächen verschwinden derzeit unter Photovoltaikanlagen. Nicht besonders „hilfreich“, wird doch der Einstrahlwinkel und damit die Einstrahlung der Sonne umso geringer, je weiter nördlich die Photovoltaikfelder positioniert sind. Nachts liegen auch die im Dunkeln, liefern im Winter nahezu komplett und bei Schnee sowieso nichts.
Kein Wunder, daß die Betreiber all dieser Anlagen zwar laut auf „Erneuerbare“ pochen, aber keine Systemverantwortung übernehmen wollen, also dafür sorgen müßten, daß zu allen Zeiten Strom in den Netzen vorhanden ist. Dann müßten sie entweder Kraftwerke bereit halten oder teuer aus dem Ausland kaufen. Noch ist die Bundesnetzagentur letzte Instanz und verhindert die völlige Abschaltung von Kraftwerken, wenn sie glaubt, ohne die würde das Netz zusammenbrechen. Doch die kosten natürlich Geld, auch wenn sie keinen Strom liefern. Die „Energiewende“ – eine besonders teure Art, Geld und Material zu vernichten.
Deshalb hat Deutschland weltweit die höchsten Strompreise. Steuern und EEG-Umlagen treiben die Kosten in die Höhe, demnächst zusätzlich noch CO2-Ablaßabgaben, wie sie die EU will. Diese exorbitanten Preise für Energie gefährden mittlerweile den Industriestandort Deutschland. So sorgt im Hamburger Raum mittlerweile für Panik in der Industrie, daß die Grünen das Kohlekraftwerk Moorburg abgeschaltet haben. Derzeit explodieren die Netzkosten, nur noch Brokdorf liefert Strom, doch das ist ein Atomkraftwerk und soll Ende 2022 ebenso abgeschaltet werden. Wenn Flaute auf der Nordsee herrscht, hilft Unternehmen nur noch: Bude dicht machen.
Das tun bereits viele Betriebe, ein schleichender Prozeß, der nicht an der großen Glocke hängt. Ein Indiz ist der Stromverbrauch, der in den vergangenen zwanzig Jahren kaum mehr angestiegen ist.
Alternative: Kein weiteres Kraftwerk mehr abschalten
Amüsant zu verfolgen sein wird vermutlich der Auftritt von Noch-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 15. September beim BDEW, dem durchgegrünten und seit neuestem auch durchgegenderten Branchenverband der Elektrizitäts- und Wasserwerke. Sie wird laut BDEW-Ankündigung „eine persönliche Bilanz ihrer Energiepolitik“ ziehen sowie einen „Ausblick auf die Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045“ geben. Das wird sie im Amt jedenfalls nicht mehr erleben ebenso wenig wie die anderen derzeit Verantwortlichen.
Das Ergebnis dürfte nicht allzu schwer auszurechnen sein: Am Ende hat Deutschland seine bis dahin sichere und preiswerte Energieversorgung geschrottet, Unternehmen, die viel Energie benötigen, sind abgewandert, und die Bürger sitzen im Dunkeln.
Es gibt nach Ansicht von Fachleuten im Augenblick nur eine Alternative: Kein weiteres Kraftwerk mehr abschalten, die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängern. Das würde zwar jetzt teuer werden, weil man zum Beispiel die benötigten Uranbrennstäbe nicht bei Amazon über Nacht liefern lassen kann, und die Lieferverträge gekündigt sind.
Doch sonst kann Altmaier nicht mehr in sein Mikrofon sprechen, ohne Strom aus Kohle- oder Kernkraftwerken wären seine kostbaren Worte womöglich versiegt, weil sich gerade eine Wolke über die entscheidenden Solarzellen geschoben und einen sanften Schleier über den Aberwitz gelegt hätte.