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Herero und Nama: Tür und Tor geöffnet

Herero und Nama: Tür und Tor geöffnet

Herero und Nama: Tür und Tor geöffnet

Teilnehmer an einer Kundgebung nach der Namibia-Entscheidung der Bundesregierung
Teilnehmer an einer Kundgebung nach der Namibia-Entscheidung der Bundesregierung
Teilnehmer an einer Kundgebung nach der Namibia-Entscheidung der Bundesregierung Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Paul Zinken
Herero und Nama
 

Tür und Tor geöffnet

Rund 1,1 Milliarden Euro an Entschädigungen sollen es also sein, die die Bundesrepublik über die nächsten 30 Jahre nach Namibia überweisen will. Nach längeren Verhandlungen spricht die Bundesregierung nun erstmals von einem Völkermord an den Herero und Nama. Für die historische Wahrheit interessiert man sich jedoch kaum. Ein Kommentar.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Rund 1,1 Milliarden Euro an Entschädigungen sollen es also sein, die die Bundesrepublik über die nächsten 30 Jahre nach Namibia überweisen will. Nach längeren Verhandlungen spricht die Bundesregierung nun erstmals von einem Völkermord an den Herero und Nama. Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte dazu: „Wir werden um Vergebung bitten.“ Das Abkommen soll im Juni unterzeichnet werden, die Parlamente beider Länder müssen es dann noch ratifizieren.

Schon wenige Tage nach der Vollzugsmeldung regte sich Widerstand – von seiten der Herero und Nama. Eine Entschuldigung genüge nicht, mehr Geld in Form von Reparationen müsse her. Zudem sei unklar, ob die Mittel überhaupt bei ihnen ankämen. Politisch tonangebend in Namibia ist seit der Unabhängigkeit 1990 der Stamm der Ovambos, die größte Volksgruppe Namibias, die die herrschende Staatspartei Swapo dominieren. Die Nama machen nur etwa fünf Prozent der Bevölkerung aus, die Herero rund 7,5 Prozent. Zwischen den Gruppen herrscht Zwietracht, Streit scheint vorprogrammiert.

Sind die Ansprüche überhaupt berechtigt?

Eine ganz andere Frage blieb in den Diskussionen meistens außen vor: Sind die Ansprüche überhaupt berechtigt? Hat tatsächlich eine deutsche Schutztruppe von knapp 1.600 Mann und zwölf Maschinengewehren Anfang des 20. Jahrhunderts über 65.000 Hereros und Nama im Süden in der Kalahari-Wüste eingekesselt und ausgerottet? Der historische Wahrheitskern ist vielmehr folgender: Die Herero hatten durch eine Seuche viele Rinder verloren. Einer ihrer Häuptlinge namens Maharero machte die deutschen Kolonisten dafür verantwortlich („Tötet alle Deutschen“), woraufhin sie 123 Siedler, Händler, Missionare und ihre Familien massakrierten.

Der Chef der deutschen Schutztruppe, Generalleutnant Lothar von Trotha, meldete trotz besseren Wissens bombastische Siege, die keine waren, und pflegte dazu eine sehr militante Sprache, um sich in Berlin besser zu verkaufen. Jene Meldung wird bis heute für bare Münze genommen und ungeprüft als inkriminierendes Beweismaterial genutzt. Lothar von Trotha ließ einige der Übeltäter aufhängen, dann kam es zur Schlacht am Waterberg.

Die Herero und Nama zogen sich mit ihrem Vieh durch die Omaheke-Wüste, wo sie alle Wasserstellen kannten, nach Norden, Westen und dem britischen Betschuanaland zurück. Bei diesem Rückzug kamen viele Menschen durch Durst ums Leben, wie viele bleibt nach wie vor völlig unklar. Ein leidvolles und tragisches Ende war dies allemal, das Vorgehen von Trothas unverantwortlich, ein absichtsvoller Genozid sieht jedoch anders aus.

Britische Propaganda

Die Briten hatten seinerzeit die fatale Angewohnheit, alle ihre kolonialen Rivalen, gleich ob Belgier, Spanier, Portugiesen, Franzosen, Niederländer oder Deutsche mit üblen publizistischen Denunziationen zu überziehen, um ihre eigenen Übeltaten vergessen zu machen und ihre weiteren imperialen Begehrlichkeiten moralisch zu untermauern. Sie störten in Ost- und Südafrika besonders die deutschen, belgischen und portugiesischen Kolonien.

Im Falle von Deutsch-Südwest wurde diese Propaganda, die nach dem Ersten Weltkrieg wieder eingestellt wurde, 50 Jahre später von DDR-Agitatoren weidlich ausgeschlachtet. Heute macht dies unermüdlich der Kolonialhistoriker Jürgen Zimmerer von der Univeristät Hamburg, der eine Kontinuität von jenen angeblichen Kolonialverbrechen zum Holocaust behauptet und für diesen geistigen Unsinn ohne die Spur eines Beweises natürlich jede Menge gewünschter Publizität bekommt.

Neben der Räumung aller Übersee-Museen von Artefakten zurück in Länder, die von Kabul bis Timbuktu weder sichere Museen noch ein großes Interesse an ihrer vormodernen, geschweige denn vorislamischen Vergangenheit haben, zieht Berlin die Geldbörse. Dies dürfte Deutschlands europäische Partner, aber auch Russen, Chinesen, Türken, Amerikaner und Japaner wenig erfreuen, die sich nun ähnlicher um etliche Dezimalstellen erhöhter Begehrlichkeiten ausgesetzt fühlen dürften.

Berliner Blase

Der politisch-medialen Masochisten-Kultur der Berliner Blase scheint diese Konsequenz jedoch genauso gleichgültig zu sein wie das Bemühen um eine sehr überschaubare und eindeutige historische Wahrheit. Selbstgerechtes Gutmenschentum beherrscht das „Narrativ“. Deshalb scheint es jenen Scheinheiligen auch völlig unerheblich, in welchen korrupten Kanälen jene Sühnezahlungen versanden werden.

Auf die nächsten Ansprüche kann man gespannt sein. Griechenland und Polen agitieren schon lange lautstark. Bislang lehnt die Bundesregierung Reparationszahlungen ab. Doch wie lange noch? Auch die postkolonialen Debatten werden nicht leiser. Muß Deutschland noch einmal für das Postamt in Tsingtao zahlen, für Postschiffe in Samoa, für das Ende des Kannibalismus auf Papua-Neuguinea, für Musterfarmen in Kamerun und Togo, oder für Eisenbahnen in Tansania? Oder gar für die Ostkolonisation von Pommern bis Ostpreußen über Schlesien bis Siebenbürgen?

Dem Berliner Exkulpationswahn scheinen Tür und Tor geöffnet. Schon vor 20 Jahren war es dem damaligen grünen Außenminister Joschka Fischer bei einer Anti-Rassismuskonferenz in Durban (Südafrika) ein Anliegen, sich für die deutsche Teilhabe am Sklavenhandel formal zu entschuldigen. Eine Aktivität, an der Deutsche im Gegensatz zu Arabern, Zentralasiaten, Türken, nordafrikanischen Korsaren und den seefahrenden Westeuropäern nicht die geringste Teilhabe hatten. Im Berliner Narrenschiff ist jedoch auch heute weiterhin alles möglich. Hier sitzen eben freiwillige Selbstbezichtiger an den Schalthebeln der Macht.

JF 23/21

Teilnehmer an einer Kundgebung nach der Namibia-Entscheidung der Bundesregierung Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Paul Zinken
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