LONDON. Die Pläne der britischen Regierung, Asylbewerber schneller in sichere EU-Staaten abzuschieben, haben für Kritik gesorgt. Es gebe nicht die geringste Chance darauf, daß die geplanten bilateralen Abkommen zur Rücknahme der Einwanderer zustände kämen, sagte der ehemalige Innenminister David Blunkett (Labour) laut der Zeitung The Independent.
Zuvor hatte die amtierende Innenministerin Priti Patel (Konservative) neue Maßnahmen angekündigt, wonach Migranten, die illegal einreisten, das automatische Recht auf Asyl verweigert werde. Stattdessen solle ihre Ausweisung in sichere Länder geprüft werden, über die sie nach Großbritannien gekommen seien.
Kritiker vermuten parteipolitisches Kalkül hinter Abschiebeplänen
Die Ministerin betonte gegenüber der BBC, alle ihre Vorschläge stünden im Einklang mit der Flüchtlingskonvention und dem internationalen Recht sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention. Angesichts der illegalen Einwanderung sei Untätigkeit keine Option.
Dieses Vorhaben sei jedoch nicht umsetzbar, beurteilten Blunkett und hochrangige Beamte das Ansinnen. Bilaterale Abkommen mit den anderen EU-Staaten seien „nicht machbar“. Blunkett, der zwischen 2001 und 2004 Innenminister war, führte aus: „Es war schon wirklich schwierig, Menschen zurückzuschicken, als wir noch Teil der EU waren.“ Patel warf er vor, die Pläne aus parteipolitischen Motiven vorzulegen. „Es mag ein erfolgreicher parteipolitischer Treffer sein, wenn man Knöpfe für diejenigen drückt, die über die Einwanderung besorgt sind, aber es wird in der Praxis nicht umsetzbar sein.“
Gebe für EU-Staaten keine Anreize zur Migrantenrücknahme
Der Kritik schloß sich auch der ehemalige Leiter der Einwanderungsbehörde, Dave Wood, an. Auch er teile die Einschätzung, daß gesonderte Regelungen mit der Europäischen Union zur Rücknahme von Migranten „nicht realistisch“ seien.
The Independent zitiert einen anonymen ehemaligen Beamten des Innenministeriums, der Patel vorwarf, sie wolle nur nach außen Härte demonstrieren. Seiner Ansicht nach gebe es für die EU-Staaten „wenig Anreiz, ein bilaterales Abkommen zu schließen, da das Vereinigte Königreich die Endstation der Reise der Asylbewerber ist, und es gibt nicht wirklich irgendwelche Sanktionen, die das Vereinigte Königreich androhen kann, wenn die Mitgliedstaaten einem Abkommen nicht zustimmen wollen“.
Im vergangenen Jahr gelangten 8.500 Migranten per Boot über den Ärmelkanal nach Großbritannien. Das waren viermal mehr als im Jahr zuvor. (ag)