Auch wenn man als Bürger noch nichts davon bemerkt: 2021 ist ein sogenanntes Superwahljahr. Neben dem Bundestag sollen in den kommenden zehn Monaten unter anderem auch die Landtage von Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt werden. Betrachtet man den anlaufenden Wahlkampf und die politische Berichterstattung in den Medien, könnte man den Eindruck gewinnen, daß Deutschland aktuell eigentlich nur zwei Probleme hat: Corona und die AfD.
Wobei sich manch einer nicht entblödet, der Alternative für Deutschland sogar die Schuld oder zumindest eine Teilverantwortung für die „Ausbreitung der Pandemie“ in die Schuhe schieben zu wollen. Daß der allgemein ausgerufene „Kampf gegen Rechts“ mitunter auch sehr körperlich geführt wird, zeigte zuletzt der brutale Angriff einer 15 bis 20 Mann starken Truppe aus dem Milieu der linksextremen Antifa auf Mitglieder der AfD an einem Infostand in Baden-Württemberg.
Dort ist am 14. März Landtagswahl und die Medien werden nicht müde zu betonen, daß es sich bei dem Landesverband von Alice Weidel um einen ganz besonders rechtsradikalen handele. Damit dies auch wirklich jeder begreift, hat die Redaktion des ARD-Polit-Magazins „Monitor“ nur wenige Tage nach der Attacke auf seinem YouTube-Kanal den Filmbeitrag „Extrem rechts im Westen: AfD-Kandidat*innen in Baden-Württemberg“ hochgeladen.
Georg Restle schweigt lieber
Einen Zusatzkommentar wegen des Angriffs, wie sie die öffentlich-rechtlichen Medien inzwischen bei Wiederholungen von alten Karnevalssendungen vornehmen, suchte man vergebens. Nun bleibt abzuwarten, ob sich Georg Restle, Moderator und Redaktionsleiter der Sendung und bekennender Vertreter eines „werteorientierten Journalismus“, nach seiner in Teilen berechtigten Kritik an der AfD in einer der nächsten Ausgaben zumindest auch der linksextremen Gewalt gegen diese widmen wird.
Stoff gäbe es genug. Man kann sich die Reaktionen lebhaft vorstellen, hätte zum Beispiel eine Gruppe von rechten Identitären einen Wahlkampfstand der Grünen oder der Linkspartei angegriffen und dabei – wie im beschriebenen Fall in Baden-Württemberg – einen Menschen verletzt.
Selbst für die örtliche Polizei war der organisierte Angriff auf den Stand und die umherstehenden Parteimitglieder eine völlig neue Dimension der politischen Gewalt. Zwar habe man schon häufiger „Umzingelungen“ gehabt, bei denen Linksextreme die Stände auf öffentlichen Plätzen von den „Passanten abtrennen“. Allerdings sei es dabei bisher nicht zu erheblicher Gewalt gekommen, sagte der Sprecher der zuständigen Polizeidirektion Aalen gegenüber der WELT.
Linksextreme wollen im Wahljahr verstärkt gegen AfD vorgehen
Bei der AfD selbst ist man Gewalt inzwischen leider gewohnt. Die Partei wird so oft angegriffen, wie keine andere in Deutschland. Gegen ihre Amts- und Mandatsträger wurden im vergangenen Jahr 694 Delikte gezählt, das sind mehr als 40 Prozent aller insgesamt registrierten Fälle. Die gewalttätige Aktion im Südwesten könnte so etwas wie der Startschuß für die nächste Eskalationsstufe im „Kampf gegen Rechts“ und die AfD gewesen sein.
Laut Landesinnenministerium zielt eine neue linksextreme Kampagne auf die Landtags- und Bundestagswahlen. Dabei seien für das gesamte Wahljahr 2021 Aktionen angekündigt worden. In einem Bekennerschreiben, das auf verschiedenen linksextremen Internetseiten veröffentlicht wurde, heißt es: Weil es nicht hinnehmbar sei, daß „die AfD ihre Lügen und Hetze verbreitet“, sei die Kampagne „Antifascist Action – Gegen rechte Krisenlösungen“ an den Start gegangen.
Spätestens jetzt sollte jedem klar werden, daß der viel beschworene „Kampf gegen Rechts“ im höchsten Maße demokratiegefährdend ist. Denn eine Demokratie ist eben nur eine solche, wenn alle politischen Lager sich am Diskurs beteiligen dürfen und an Wahlen teilnehmen können, ohne daß ihre Mitglieder um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen.
Ein SPD-Stadtrat ist zumindest bestürzt
Dennoch herrscht angesichts der offenen Gewalt und der Einschüchterungsversuche gegenüber der größten Oppositionspartei in weiten Teilen der Öffentlichkeit Schweigen im Walde. Immerhin: SPD-Stadtrat Marcel Kühnert, der vom Infostand seiner Partei aus den Angriff in Schorndorf beobachtete und den am Boden Liegenden zur Hilfe geeilt war, äußerte seine Bestürzung. Er distanzierte sich von dem Überfall, was heute in sozialdemokratischen Kreisen nicht mehr selbstverständlich ist.
Auch wenn er bereits im nächsten Atemzug betonen mußte, daß sich die Extreme gegenseitig aufschaukelten und der Spruch von Alexander Gauland, dem Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, „Wir werden sie jagen“, in Schorndorf als Parole der Antifa zu hören gewesen sei. Dennoch fand der SPD-Mann immerhin deutlichere Worte als viele andere, die sonst vorgeben, die Demokratie zu verteidigen.
Das gilt leider auch für beachtliche Teile der sogenannten „liberal-konservativen“ Meinungsmacher. Zu wertvoll scheint die AfD für viele von ihnen inzwischen als Blitzableiter zu sein. Sie wissen: Möglichst große Distanz zur AfD macht die eigenen AfD-Positionen deutlich sagbarer. Das ist ihnen noch wichtiger, als die realen Chancen auf eine tatsächliche Umsetzung dieser Positionen oder die konsequente Verteidigung der parlamentarischen Demokratie für alle.