BERLIN. Die Grünen wollen einem Bericht zufolge im Fall einer Regierungsbeteiligung ihren Chef Robert Habeck als Finanzminister ins Spiel bringen. „Wenn wir auf Augenhöhe mitspielen wollen, brauchen wir das Finanzressort“, sagte ein nicht näher genannter Grünen-Bundespolitiker der taz. Mehrere „gut vernetzte“ Grüne bestätigten dies demnach. Nur so könne man nachhaltig etwas bewirken.
Als möglicher Kandidat sei der Name Habeck gefallen. Der Parteivorsitzende habe federführend ein Konzept für eine gelockerte Schuldenbremse erarbeitet. Der Grünen-Chef war überdies in den vergangenen Wochen regelmäßig mit finanzpolitischen Äußerungen aufgefallen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk vom Wochenende kritisierte er den SPD-Kanzlerkandidaten und Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der ab 2022 die Schuldenbremse wieder einhalten will.
Grüne wollen 500 Milliarden Euro investieren
Die Frage nach Konjunktur- und Investitionsprogrammen sei wahlkampfentscheidend. „Wir müssen wegen ökologischen Notwendigkeiten investieren, aber auch um die Räume der gesellschaftlichen Gemeinsamkeit, Schulen, Freibäder, Schwimmbäder, Spielplätze, Bibliotheken, öffentlichen Personennahverkehr, das müssen wir aufrechterhalten. Und das kostet Geld.“
Bereits im Sommer hatten die Grünen ein Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre gefordert. Wirtschaftsförderungen müßten aber mit umweltpolitischen Zielen verbunden werden. Per direkter Zuschüsse solle in CO2-freie Verfahren und Prozesse investiert werden.
Habeck hatte im Herbst 2019 für Belustigung gesorgt, als er im ARD-Fernsehen Wissenslücken über die Pendlerpauschale offenbarte. Im Sommer leistete sich der Grünen-Politiker einen Fauxpas, als er behauptet hatte, die Bundesanstalt für Finanzaufsicht sei „gut darin, mittelständischen Unternehmen nachzuweisen, daß Handwerkerrechnungen falsch eingebucht wurden“.
SPD-Generalsekretär reagiert mit spöttischem Tweet
In aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl erreichen Union und Grüne eine deutliche Mehrheit. Diese Variante gilt derzeit bei vielen Unionspolitikern als die wahrscheinlichste. Möglich wäre den aktuellen Werten zufolge auch eine Große Koalition, die aber bei den beteiligten Parteien als unbeliebt gilt. Rot-Rot-Grün käme derzeit nicht auf Regierungsstärke.
Die einen regieren in der Krise das Land, die anderen teilen schon mal Posten für Ende 2021 auf. pic.twitter.com/072vMfnBQC
— Lars Klingbeil 🇪🇺 (@larsklingbeil) November 12, 2020
Und ich dachte, Herr #Habeck würde Bundeskanzler… https://t.co/Px76LZtpUf
— Volker Wissing (@Wissing) November 12, 2020
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil reagierte mit Spott auf die Überlegungen der Grünen. „Die einen regieren in der Krise das Land, die anderen teilen schon mal Posten für Ende 2021 auf“, kommentierte er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der Generalsekretär der FDP, die aktuell bei fünf bis sieben Prozent steht, Volker Wissing, twitterte: „Und ich dachte, Herr Habeck würde Bundeskanzler.“ (ls)