Die Situation ist an Ironie kaum zu überbieten: Während Frauen, die ihr Kopftuch ablegen, in moslemischen Ländern mit Haftstrafen rechnen müssen, tragen es nicht-moslemische Frauen weltweit am 1. Februar freiwillig. Seit 2013 zelebrieren sie an diesem Datum den World Hijab Day (dt. Weltkopftuchtag).
Vor sechs Jahren rief die Moslemin Nazma Khan die Kampagne ins Leben. Alle Frauen sollen an dem Tag die Möglichkeit haben, das Tragen eines Kopftuches erleben zu können. Klingt nach einem Selbsterfahrungstrip mit einem Hauch von Freiheit.
So ist es kein Wunder, daß in diesem Jahr die Parole „free in Hijab“ (dt. frei unterm Kopftuch) ausgegeben wurde. Die sozialen Medien sind voll mit Bildern stolz lächelnder Frauen mit Kopftuch. Die entsprechenden Hashtags verzeichnen Tausende Einträge. In mittlerweile über 140 Ländern hüllen sich Frauen an diesem Tag demnach freiwillig in das Stück Stoff, das wie kein anderes Symbol für das raumgreifende Auftreten des Islam steht.
Kopftuch soll Freiheit ausdrücken
Denn die Realität abseits der popkulturell aufbereiteten Kopftuch-Propaganda sieht anders aus. In islamischen Gesellschaften wird Frauen die Wahlfreiheit pro oder contra Hijab abgenommen. Wagen sie es doch, sich dem sozialen Druck zu widersetzen, gelten sie als ungläubig, Hure, kurzum als schlechte Frau, mit allen erdenklichen Folgen.
Die Spitze der Lächerlichkeit erreicht der World Hijab Day, wenn seine Befürworterinnen und braven Mitläuferinnen betonen, wie befreit und geschützt sie sich darunter fühlten. Das Kopftuch wird so kurzerhand zum Symbol des Feminismus gedeutet. Daß sich nicht wenige Feministinnen mit „ihren kopftuchtragenden Schwestern“ solidarisieren und selbst ihr Haupt verhüllen als Zeichen ihrer rebellischen Attitüde, ist schlicht bizarr.
Die wirklichen Rebellinnen sind die mutigen Frauen, die im Dezember 2017 im Iran ihre Kopftücher öffentlich ablegten und verhaftet wurden. Angesichts des bißchen Gratismut im Kampf gegen die ach so bösen Stereotypen der westlichen Gesellschaften gegen die islamische Kopfbedeckung kann man sich nur fremdschämen. Die iranisch-stämmige Kolumnistin Rita Panahi bringt es auf den Punkt: Frauen, die den World Hijab Day zelebrieren, sind wie Sklaven, die ihre Ketten feiern.
World Hijab Day is celebrated in 140 countries.@RitaPanahi: A woman celebrating modesty culture is like a slave celebrating their chains. It is utterly perverse and has no place in a civilized society that values equality.
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— Sky News Australia (@SkyNewsAust) 1. Februar 2019